Zwangsversteigerungen: Mehr Immobilien in Sachsen unterm Hammer
In Sachsen wurden 2023 wieder mehr Immobilien zwangsversteigert. Besonders in Leipzig gab es einen Sprung nach oben. Der Eigentümer-Verband Haus & Grund Sachsen sieht die Nachwehen der Corona-Pandemie mit Einkommenseinbußen als eine der Ursachen.
Leipzig. Gute Zeiten für Immobilien-Schnäppchenjäger, schlechte Zeiten für Häuslebauer mit knappen Reserven: In Sachsen und Thüringen nehmen Zwangsversteigerungen von Immobilien zu. Das geht aus dem Marktreport 2023 hervor, dessen Grundlage eine Analyse des Centers for Real Estate Studies und der Plattform Dein-Immocenter bildet. Demnach wurden in Sachsen im vergangenen Jahr 1832 Immobilien versteigert, ein Plus von acht Prozent zum Jahr 2022. In Thüringen waren es 1465 Immobilien, die unter den Hammer kamen, ein Plus von fünf Prozent. Zuerst hatte die Sächsische Zeitung darüber berichtet.
Laut Marktreport stieg bundesweit auch der durchschnittliche Wert pro Zwangsversteigerung – von 280 000 Euro (2022) auf 309 000 Euro (2023). Bei der Analyse der Städte ist auffällig, dass besonders für Leipzig ein großer Sprung registriert wurde. Die 177 Auktionen (von 124 im Jahr zuvor), bedeuten eine Steigerung von 42 Prozent. Nur Köln lag mit einer Plus-Quote von 68 Prozent noch vor Leipzig, während es in Berlin und Stuttgart Rückgänge gab. Grundlage der Analyse sind alle veröffentlichten Zwangsversteigerungstermine der rund 500 deutschen Amtsgerichte.
2020 waren die Zahlen viel höher
Beim längerfristigen Vergleich ist aber auch zu erkennen, dass sich die absoluten Zahlen von 2023 im niedrigen Bereich bewegen. So gab es in Sachsen im Jahr 2020 noch 2489 Zwangsversteigerungen, in Thüringen waren es 2359. Thomas Mahn, Chef von Dein-Immocenter, warnt deshalb auch vor einer falschen Interpretation. „In der Gesamtschau haben sich Zwangsversteigerungen nicht dramatisch ausgeweitet“, schätzt der Analyst ein. Der Anstieg sei aber der erste leichte seit etwa 20 Jahren. Bei der Ursachenforschung will sich Mahn nicht darauf kaprizieren, dass es an höheren Kreditkosten liegt. „Die stark gestiegenen Immobilien-Zinsen wirken nur teilweise bei den Zwangsversteigerungen durch“, sagte er.
Liegt es an den gestiegenen Zinsen?
Auch René Hobusch, Präsident des Wohnungseigentümer-Verbandes Haus & Grund in Sachsen (Hintergrund: Liberal geht auch national: Burschenschafter will Leipziger OB werden – https://gamma.noblogs.org/archives/1280), sieht den Zinsanstieg seit 2022 nicht als Grund für mehr Zwangsvollstreckungen. „Wer noch vor etwas mehr als zehn Jahren seine Kaufentscheidung traf, musste zuletzt bei einer Anschlussfinanzierung ähnlich hohe Zinsen zahlen wie 2012“, rechnete Hobusch gegenüber der LVZ vor.
„Die echten Niedrigzinsen kamen erst später und da stehen die Anschlussfinanzierungen in den kommenden fünf Jahren an.“ Ähnlich äußerte sich auch die Sparkasse Leipzig. „Ursachen von Zwangsversteigerungen können unterschiedlich sein“, sagte Sprecherin Meike Eisold.
Haus-und-Grund-Präsident: Pandemie traf Selbstständige
Haus-und-Grund-Präsident Hobusch verweist stattdessen auf die Nachwehen der Corona-Pandemie als einen Hauptgrund für finanzielle Durststrecken. Die Pandemie habe mit ihren Einbußen bei Einkommen gerade Selbstständige und Angestellte in von Schließungen betroffenen Branchen hart getroffen, so Hobusch.
„Aber auch die sich verändernde konjunkturelle Lage hat dazu geführt, dass erfolgsabhängige Einkommensanteile nicht mehr so sprudeln.“ Da habe sich in den guten Jahren wohl der ein oder andere trotz niedriger Zinsen übernommen, merkt Hobusch an. Ein Sprecher des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) wies zudem darauf hin, dass die Aufgabe einer Immobilie auch eine Folge von gestiegenen Energiekosten sei.
Stiftung Warentest: Günstige Gelegenheiten
Laut Stiftung Warentest bieten Zwangsversteigerungen aktuell günstige Gelegenheiten, um an preiswerte Immobilien zu kommen. Doch wer mitbieten wolle, solle sich rechtzeitig schlaumachen und zur Bank gehen, empfiehlt das Verbraucherschutzportal. In der Regel müsse ein Zehntel des Verkehrswertes beim Versteigerungstermin in bar als Sicherheit hinterlegt werden.
Hobusch rät dagegen klammen Immobilienbesitzern dringend davon ab, mit Konsumentenkrediten die Löcher stopfen zu wollen. „Das hilft vielleicht kurzfristig, führt aber zur weiteren Überschuldung.“ Helfen könne dagegen ein Gespräch in der Familie. „Denn Eltern könnten mit einer Vorauszahlung auf das Erbe einspringen, um den Kindern den Verlust des eigenen Häuschens zu ersparen.“