30 Festnahmen bei Krawallen in Leipzig – OBM Jung kritisiert Demo-Organisator und spricht von „durchgeknallten Straffälligen“
Die Gewalt gegen die Polizei rund um die Demonstration am „Tag X“ in Leipzig hat zu dutzenden Festnahmen geführt. Leipzigs Oberbürgermeister gibt dem Demo-Organisator Jürgen Kasek eine Mitschuld.
Nach den Ausschreitungen am Samstag in Leipzig hat Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) den Organisator der Demo, Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek, scharf kritisiert. „Ich finde es schon etwas naiv zu glauben, man könne an einem solchen Tag eine Demonstration anmelden und davon ausgehen, dass sie friedfertig bleibt“, sagte Jung am Sonntag. Mehr als 50 Polizisten waren jüngsten Polizeiangaben zufolge bei den Krawallen rund um den „Tag X“ nach dem Urteil gegen die Linksextremistin Lina E. verletzt worden.
Ohne Kasek namentlich zu nennen, sagte Jung: „Ein Stadtrat hat eine ganz besondere Verantwortung, hat einen Eid abgelegt, Schaden von der Stadt abzuhalten.“ Die Angriffe gegen die Polizei am Rande der Demonstration hätten gezeigt, „dass das Verbot richtig war“. Zwei Demonstrationen waren am Samstag von der Stadt untersagt worden. Kasek hatte für den Verein „Say it Loud“ eine genehmigte Demo mit Start am Alexis-Schumann-Platz in der Südvorstadt geleitet, die statt der erwarteten 100 letztlich aber nach Polizeiangaben „weitaus mehr“ als 1500 Teilnehmer anzog.
Beim Empfang der DFB-Pokalsieger von RB Leipzig im Neuen Rathaus bezeichnete Jung die linksextremen Demonstranten als „durchgeknallte Straffällige“. „Was für ein Wochenende hat diese Stadt wieder hinter sich. Unglaublich. Grönemeyer-Konzert, Stadtfest, vollkommen durchgeknallte Straffällige in Connewitz – das gehört alles dazu“, sagte der SPD-Politiker. Die Fußballer hatten am Samstagabend den DFB-Pokal in Berlin gewonnen.
Demo schlägt in Gewalt um – 1000 Menschen eingekesselt
Wegen eines Streits um Auflagen konnte die Demo nicht starten und schlug anschließend in Gewalt um. Aus der Menge heraus gingen mehrere Hundert Demonstrierende auf die Polizei los. Etwa 1000 Menschen, darunter auch Minderjährige, wurden schließlich von der Polizei eingekesselt. Bis etwa 5.30 Uhr am Morgen dauerten die Identitätsfeststellungen an – eine Maßnahme, die auch für viel Kritik sorgte. Die Linke im Landtag will dazu eine Sondersitzung des Innenausschusses beantragen. Der SPD-Innenpolitiker Albrecht Pallas warf der Polizeiführung eine „provozierende Herangehensweise“ vor. Die Beamten seien etwa beim Abdrängen umstehender Menschen mit unnötiger Härte vorgegangen. „Es gipfelte im Abriegeln des gesamten Stadtteils Connewitz nach zwei Barrikadenbränden“, so Pallas, von Beruf Kriminalbeamter und als Beobachter selbst vor Ort.
Laut Polizeipräsident René Demmler wurden bei den Ausschreitungen knapp 30 Personen festgenommen. Unter anderem werden ihnen schwerer Landfriedensbruch und Angriffe auf Polizisten vorgeworfen. Gegen sie werden Haftanträge geprüft. Bis zu 50 Personen seien vorläufig im Gewahrsam genommen worden und bis zum Mittag wieder auf freien Fuß gekommen.
„Kollegen haben sich an vier Stunden Schlaf gewöhnt“
„Wir müssen leider erleben, dass auch bei einer friedfertig angekündigten Demonstration sich Gewalttäter daruntermischen, dass sie instrumentalisiert wird und es im Ergebnis dann zu Gewaltausbrüchen kommt, so wie angekündigt“, so OBM Jung. Polizeipräsident Demmler sprach von „schwersten Übergriffen“ auf Polizeibeamte. Drei Einsatzkräfte seien nach den Krawallen nicht mehr dienstfähig gewesen.
Demo-Organisator Jürgen Kasek twitterte am Abend: „Es ist leider das eingetreten, was wir unbedingt vermeiden wollten.“ Der LVZ sagte er: „Es fühlt sich unfassbar beschissen an, es tut mir wirklich leid, weil genau diese Situation haben alle befürchtet und die wollten wir mit allen Mitteln verhindern.“
In einem Video-Statement bei Instagram kritisierte er am Sonntag unter anderem, dass „behelmte Beamte“ die Demo „umschlossen“ hätten, als diese noch friedlich noch war – erst danach sei es zu den Ausschreitungen gekommen.
Auch für Sonntagabend ist in Connewitz erneut eine Demo angekündigt. Sie wurde am Nachmittag jedoch von der Stadt verboten. Die Polizei, die am Wochenende mit 3000 Beamten im Stadtgebiet im Einsatz sei, werde weiter Präsenz zeigen, kündigte Demmler an. „Es gibt viele Kollegen bei uns, die haben sich jetzt daran gewöhnt, dass sie am Tag vier Stunden schlafen“, so der Polizeipräsident. „Wir machen das jetzt noch ein bisschen weiter.“
Hinweis: In diesem Text war zunächst von 40 Festnahmen die Rede. Diese Zahl wurde korrigiert.