Neonazi-Konzerte in Sachsen – Schlag gegen rechtsextremen Treffpunkt in Staupitz
Im „Alten Gasthof“ finden immer wieder Neonazi-Konzerte statt, die Anwohner haben sich arrangiert – doch jetzt soll Schluss sein.
Mit seinen Wäldern und Teichen ist Staupitz ein beliebtes Ausflugsziel – doch das kleine 300-Seelen-Dorf gilt auch als Pilgerstätte für Neonazis. Sie kommen aus ganz Deutschland, um im „Alten Gasthof“ Bands spielen zu hören, die sich „Blitzkrieg“ nennen oder „Schlachtruf Germania“. Doch damit könnte es jetzt vorbei sein: LVZ-Informationen zufolge wurde dem Eigentümer vom „Alten Gasthof“ das Gewerbe untersagt. Somit können vorerst keine Konzerte mehr stattfinden. Das zuständige Landratsamt Nordsachsen äußert sich auf Nachfrage nicht zu dem konkreten Vorgang. Offenbar will man keine Angriffsfläche bieten, denn der Betroffene Andreas B. kann juristisch gegen den Bescheid vorgehen.
Wie die Behörden versuchten Andreas B. einzuhegen
Es ist nach 14 Jahren der Versuch eines Strategiewechsels. Staupitz gehört zur Stadt Torgau und dort sah man bisher keine Möglichkeit, die Veranstaltungen komplett zu unterbinden. Durch Auflagen sollten Andreas B. und seine Kameraden zumindest eingehegt werden: Maximal zehn Konzerte im Jahr, nicht mehr als 230 Personen. B. hielt sich penibel daran. Ohne Aufforderung leitete er die Namen der Bands weiter, inklusive Songtexte. Während der Corona-Pandemie hielt B. bei den Veranstaltungen Hygiene-Regeln ein. „Er arbeitet über das Maß mit den Behörden konstruktiv zusammen“, so fasste die Leiterin des Ordnungsamtes das Verhältnis gegenüber der LVZ zusammen.
Auch die Polizei war in Staupitz regelmäßig vor Ort im Einsatz – auch am 4. Februar, als im „Alten Gasthof“ das erste Konzert des Jahres stattfand. Die Beamten führten Verkehrskontrollen durch, überprüften, ob jemand alkoholisiert am Steuer saß. Gegen 5 Uhr am Morgen beendete die Polizei ihren Einsatz, ohne dass es zu besonderen Vorkommnissen gekommen wäre. Andreas B. und seine Kameraden haben alles getan, um weder Behörden noch Anwohner gegen sich aufzubringen, hinterließen keinen Müll, machten keinen Lärm. Aufregung gab es nur, als B. vor zwei Jahren seinen Hof mit Stacheldraht absicherte. Nach Beschwerden der Nachbarn schaltete sich die Stadtverwaltung ein. Der Stacheldraht verschwand. Der Bürgermeister von Torgau, Henrik Simon, klang zuletzt ratlos. Man habe schon viel gemacht, sagte er der LVZ, „im Rahmen dessen, was rechtlich möglich ist.“
Beratung durch ein Experten-Netzwerk
Unterstützung kam schließlich vom Freistaat. Die Landesregierung hat sich auf ein „Gesamtkonzept Rechtsextremismus“ geeinigt. Für die Beratung von Landkreisen und Kommunen ist mittlerweile ein Experten-Netzwerk zuständig. Verantwortlich ist das Innenministerium, die eigentliche Arbeit liegt aber bei der Landesdirektion. Dort kennt man sich mit verschiedenen Fragen bestens aus, etwa im Bau- oder Gewerberecht. Dieses Experten-Netzwerk beschäftigt sich schon länger mit den „Alten Gasthof“, Andreas B. und seinen rechtsextremen Konzertabenden. In den vergangenen Wochen gab es immer wieder Beratungsgespräche. Und offenbar war man der Meinung, dass es an der Zeit ist, auf Konfrontationskurs zu schalten.