Sicherheitskabinett – Ukraine, Asyl, Demos: Mit diesen Entwicklungen rechnet Sachsens Regierung
Die sächsische Landesregierung berät am Dienstag zu Sicherheitsthemen. Anschließend haben der Innenminister und die Justizministerin unterschiedliche Ansichten beim Thema Asyl.
Mehr als drei Stunden saß die Landesregierung am Dienstag zusammen. Die Kabinettssitzung befasste sich dieses Mal mit einem Thema: Sicherheit. Sachsen hatte unter anderem Hans-Eckhard Sommer, Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, als Experten eingeladen. Vor die Presse traten danach aber Innenminister Armin Schuster (CDU) und Katja Meier (Grüne). Die LVZ fasst das Wichtigste zusammen.
Ukraine
Sachsen wappnet sich für Aufnahme von neuen Geflüchteten aus der Ukraine im Winter. „Ich versuche mich jetzt darauf vorzubereiten, dass wir noch mal eine ukrainische Fluchtwelle bekommen könnten, die wir meistern müssen und wollen“, sagte Schuster. Dies geschehe vor dem Hintergrund der verstärkten Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur. „Wenn das passiert, müssen wir aufnahmefähig bleiben.“ Bisher hat der Freistaat rund 57.000 Ukrainerinnen und Ukrainer aufgenommen.
In der Landesregierung ist man aber unterschiedlicher Auffassung darüber, ob man sich zuvorderst mit den ukrainischen Geflüchteten befassen sollte. Schuster verwies darauf, dass eine „Bremswirkung bei nicht ukrainischen Schleusungen und illegalen Einreisen sehr wertvoll“ sei. Er stellte deshalb das Aufnahmeprogramm des Bundes infrage, mit dem besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen Schutz erhalten. Es müsse zudem Druck auf Serbien ausgeübt werden, dessen Visa-Regelungen zu einem Erstarken der Fluchtbewegungen auf der Balkanroute geführt haben. „Wir konzentrieren uns auf die Ukraine.“
Justizministerin Meier widersprach: „Es ist eine politische Entscheidung, ob ich Geflüchtete aus der Ukraine gegen Geflüchtete aus anderen Länder, die auch vor Krieg fliehen, gegeneinander ausspiele. In diese Fahrwasser sollten wir nicht geraten.“ Sie warb für das Aufnahmeprogramm für afghanische Ortskräfte: Sachsen müsste darüber rund 50 Personen aufnehmen. „Diese Menschen haben uns vor Ort unterstützt“, sagte sie. „Wir tragen als Deutschland eine Verantwortung.“
Asyl
Die Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber sind in Sachsen derzeit zu 60 Prozent ausgelastet. Allerdings hat der Freistaat auch zuletzt seine Reservekapazitäten aktiviert. Knapp 8000 Plätze sind derzeit verfügbar. Die Verteilung der Asylbewerber auf die Kommunen könne deswegen so gut „gepuffert“ werden, „dass wir die nicht überfordern mit permanenten übermäßigen Zahlen“, sagte der Innenminister.
Die Unterbringungslage in drei großen Städten Leipzig, Dresden und Chemnitz bleibt aber angespannt. „Wir können jetzt schon sagen, dass unsere Metropolen nur noch mit provisorischen Unterkünften helfen können“, sagte Schuster. „Die kleinen Städte können noch helfen, aber das sind keine nennenswerten Zahlen.“ Von Januar bis Oktober habe sich die Zahl der Asylbewerber verzehnfacht – von 400 zu Jahresbeginn auf 4000. Sachsen geht davon aus, dass man nun ein Plateau bei den Zugangszahlen erreicht habe.
Demonstrationen
Die aktuellen Demonstrationen gegen die Energiepolitik hält der Innenminister nicht für eine extremistische Bedrohung: „Wir haben im Moment keinen Wut-Herbst.“ Das wäre nur der Fall, falls man es „mit gewalttätigen Verläufen zu tun hätte“. Derzeit erlebe man „Großversammlungen, die ich nicht pauschal als extremistisch kategorisieren möchte“.
Rechtsextremisten wie die „Freien Sachsen“ und auch Teile der „Querdenker“ versuchten zuletzt immer wieder, bei Demonstrationen mit Tausenden Personen in Sachsen die Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die Energie- oder die aktuelle Russlandpolitik für ihre Interessen zu nutzen. Schuster warnte in diesem Zusammenhang vor dem Versuch von Rechtsextremisten, „große Versammlungen für sich einzunehmen“ oder als Meinungsführer bei den Kundgebungen aufzutreten. Dabei hätten gerade die Versammlungen, die von Rechtsextremisten angemeldet würden, „in aller Regel ein schwaches Organisierungspotenzial“ außerhalb von Netzwerken wie Telegram. Er wolle deshalb auch nicht „alles in einen Topf werfen“.
Polizei und Verfassungsschutz würden vielmehr beobachten, dass sich Teilnehmer „bewusst“ von Rechtsextremisten abgrenzten, sagte Schuster: „Das ist noch keine Bewegung, aber es findet vereinzelt jetzt statt. Diesen Prozess muss man benennen, weil er ein positiver ist. Das müsste Schule machen.“