Demonstration gegen Abschiebung von Mohammad K. vor Leipziger Uniklinikum
Rund 100 Menschen haben am Freitag für mehrere Stunden gegen die Abschiebung von Mohammad K. demonstriert. Noch befindet sich der 26-Jährige im Krankenhaus. Doch ihm droht die Abschiebehaft.
Leipzig. Die Anteilnahme ist nach wie vor groß: Zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer, darunter Familienmitglieder, Freunde und Nachbarn von Mohammad K., haben am Freitag vor dem Universitätsklinikum Leipzig (UKL) gegen die Abschiebung des 26-Jährigen demonstriert. Seit Dienstag wird er im UKL in der Liebigstraße behandelt, nachdem er sich in seiner Wohnung in der Südvorstadt selbst Verletzungen zufügte, um seine Abschiebung nach Jordanien zu verhindern.
Rund 100 Menschen versammelten sich schon am Morgen vor dem UKL. „Es geht Mohammad sehr schlecht. Er hat starke Schmerzen“, berichtete sein jüngerer Bruder Mustafa K. Die Angehörigen könnten ihn nur im Beisein von Polizeibeamten sehen, er stehe unter Bewachung, vor seinem Krankenzimmer seien Polizisten postiert. Er selbst habe seinen Bruder am Freitagvormittag besuchen können, auch die Mutter sei bei ihm gewesen, berichtete er.
Vor sieben Jahren war die Familie nach Deutschland gekommen, jetzt fühlt sie sich nicht mehr willkommen. Sie hätten Angst, dass Mohammad der Erste war und nun auch die übrige Familie abgeschoben werden solle. „Was hat mein Bruder denn getan?“, fragt sich Mustafa K. verzweifelt.
Nachbarschaft setzt sich für den jungen Mann ein
Die Frage nach dem Warum bewegte auch viele der Demonstrantinnen und Demonstranten. „Es ist ein Unding, dass einem gut integrierten Menschen, der sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, so etwas passiert“, sagte Marie Luise Müller. Sie wohnt im selben Haus wie Mohammad, war also dicht dran an den Ereignissen der vergangenen Tage. Gemeinsam mit anderen Nachbarinnen und Nachbarn stand sie im Hof des Wohnhauses in der Alfred-Kästner-Straße, als sich Mohammad K. in seiner Wohnung einschloss, selbst verletzte und mit Suizid drohte, um seine Abschiebung zu verhindern. „Wir sind eine enge Hausgemeinschaft und halten zusammen. Mohammad wohnt seit Januar bei uns und war immer hilfsbereit und bestens integriert“, schilderte die 34-Jährige.
Mohammad K. ist nach Informationen des Sächsischen Flüchtlingsrates formell staatenlos und kommt aus Palästina. Er arbeitete vier Jahre lang in Vollzeit in einer Bäckerei am Augustusplatz, zuletzt als Schichtleiter. Mohammad K. hatte seit 2019 keine Aufenthaltsgenehmigung mehr, er war ausreisepflichtig, weil sein Asylantrag abgelehnt wurde.
Mohammad K. darf vorerst im Uniklinikum bleiben
Das Vorgehen der Behörden und besonders der Großeinsatz der Polizei vom Dienstag wurde auch am Freitag bei der Demo massiv kritisiert. „Eine suizidgefährdete Person darf nicht in Abschiebehaft kommen“, betonte Lisa Loewe von CopWatch Leipzig. „Mohammad K. ist nicht reise- und abschiebefähig. Schon als er seine Suizidabsicht zum ersten Mal äußerte, hätte die Polizei sich anders verhalten müssen“, kritisierte sie.
Zunächst wurde die Abschiebung zwar ausgesetzt, doch bereits am Mittwoch wurde Haftbefehl gegen Mohammad K. erlassen. Der 26-Jährige soll in Abschiebehaft kommen – ein entsprechender Beschluss wurde durch das Amtsgericht Dresden erlassen. Es war angekündigt worden, dass er am Freitag in die Abschiebehaftanstalt nach Dresden gebracht werden sollte. Dagegen formierte sich der Protest vor dem Uniklinikum.
Am Freitagnachmittag stand dann fest, dass Mohammad K. zumindest für diesen Tag in Leipzig bleiben kann. Das bestätigten enge Kontaktpersonen gegenüber der LVZ. Eine eigentlich für Freitag in Dresden angekündigte Kundgebung vor der Abschiebehaftanstalt im Stadtteil Friedrichsstadt wurde auf diesen Samstag verschoben. Mohammad K.’s Unterstützerinnen und Unterstützer bleiben weiterhin besorgt. „Wenn Mohammad abgeschoben wird, bringt er sich um“, sagte Amer Taleb, ein enger Freund.