Nach Bau-Debakel: Wer baut die JVA Zwickau-Marienthal fertig?

Für den pannengeplagten Gefängnisneubau in Zwickau sucht das Land Sachsen einen sogenannten Totalunternehmer, der den Bau zu Ende bringt. Die Planung und die Bauausführung sollen dabei in einer Hand liegen. Der zuständige Staatsbetrieb hat dazu eine europaweite Ausschreibung veröffentlicht. Der Zuschlag soll spätestens Anfang 2027 erteilt werden.

Ursprünglich geplante Baukosten mehr als verdoppelt

Der Gefängnisneubau ist ein gemeinsames Projekt der Länder Sachsen und Thüringen. 820 Häftlinge sollen dort untergebracht werden. Die Bauarbeiten ruhen jedoch, nachdem es zu erheblichen Baumängeln gekommen ist und sich der Staatsbetrieb und der bisherige Planer überworfen haben. Der neue Zeitplan sieht vor, die JVA bis 2029 fertigzustellen und 2030 in Betrieb zu nehmen. Die Kosten wurden zuletzt mit 500 Millionen Euro veranschlagt. Ursprünglich waren 150 Millionen geplant.

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Tobias Winzer
15.12.2025

Extreme Mehrkosten: Sachsen sucht neuen Generalplaner für Gefängnisbau in Zwickau

Neustart für den Gefängnisbau in Zwickau: Sachsen sucht einen neuen Generalplaner, nachdem die Kosten auf 500 Millionen Euro gestiegen sind. Der Bau soll nun bis 2030 abgeschlossen werden. Aber das größte Problem liegt woanders.

Der mit erheblichen Mängeln und Mehrkosten belastete Gefängnisneubau in Zwickau bekommt einen Neustart. Der Freistaat Sachsen hat jetzt die Suche nach einem neuen Generalplaner offiziell gestartet. Die entsprechende Bekanntmachung zu dem Vergabeverfahren wurde bei der EU und auf der Vergabeplattform des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) veröffentlicht, wie das SIB am Montag mitteilte.

Bis der neue sogenannte Totalunternehmer gefunden ist, dauert es aber voraussichtlich noch mehr als ein Jahr. Das Vergabeverfahren wird den Angaben zufolge zweistufig durchgeführt. In der ersten Stufe können sich interessierte Unternehmen zur Teilnahme am Verfahren bewerben. Die zweite Stufe umfasst mehrere Verhandlungsrunden und endet mit der finalen Angebotserstellung der Bieter. Der Zuschlag soll spätestens Anfang 2027 erteilt werden. Der Gefängnisbau soll 2029 fertig sein. Die Inbetriebnahme ist für Anfang 2030 geplant.

Gerichte befassen sich mit Baumängeln

Die neue Justizvollzugsanstalt ist ein gemeinsames Projekt der Länder Sachsen und Thüringen. Große Teile stehen bereits, doch wegen erheblicher Mängel und einem Zerwürfnis mit dem früheren Generalplaner ruhen die Arbeiten auf der Baustelle. Inzwischen beschäftigt der Fall auch Gerichte, die über Klagen zwischen dem Freistaat Sachsen als Bauherr, dem früheren Generalplaner sowie mehreren Bauunternehmen entscheiden müssen.

Bei dem Projekt gibt es erheblichen Bauverzug. Die ersten Gefangenen sollten eigentlich schon 2019 einziehen. Außerdem sind die Kosten explodiert. Die ursprünglich geplante Summe von 150 Millionen Euro hat sich mehr als verdreifacht. Nun wird mit bis zu 500 Millionen Euro kalkuliert. Die Rede ist von 476 Millionen Euro und einer Risikovorsorge von 24 Millionen Euro für weitere Preissteigerungen.

820 Haftplätze geplant

In der gemeinsamen Justizvollzugsanstalt entstehen 820 Haftplätze. Laut Staatsvertrag sind 370 Haftplätze für den Freistaat Thüringen und 450 Plätze für den Freistaat Sachsen vorgesehen. Bauherr ist der Freistaat Sachsen. Innerhalb der Gefängnismauer entstehen unter anderem sechs Hafthäuser, ein Multifunktionsgebäude mit Besucherzentrum, eine Sporthalle und Arbeitsbetriebe. Hinzu kommt ein Hafthaus für den offenen Vollzug außerhalb der Gefängnismauer.

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13.10.2025

Kosten mehr als verdreifacht: So will Sachsen den Gefängnisbau in Zwickau retten

Seit über einem Jahr ruht der Bau der neuen Justizvollzugsanstalt in Zwickau. Nun sucht der Freistaat nach einem Unternehmen, das sowohl die Planung als auch den Bau übernimmt. So sollen weitere Überraschungen vermieden werden.

Um den mit erheblichen Mängeln und Mehrkosten belasteten Gefängnisneubau in Zwickau doch noch fertigzustellen, sucht der Freistaat Sachsen nun einen Totalunternehmer. Die offizielle Ausschreibung ist laut dem Staatsbetrieb Immobilien- und Baumanagement (SIB) im Dezember geplant. Eine erste Bekanntmachung wurde aber bereits im August veröffentlicht. Es wird ein Unternehmen gesucht, das sowohl die weitere Planung als auch die Bauausführung übernimmt.

Bis dieser gefunden ist, wird aber noch mehr als ein Jahr vergehen. Wie das SIB auf Anfrage mitteilt, soll der Zuschlag Anfang 2027 erteilt werden. Voraussichtlich ab dem zweiten Halbjahr 2027 kann das Unternehmen den derzeit gestoppten Bau fortsetzen. Anfang 2030 soll das Gefängnis mit 820 Haftplätzen in Betrieb gehen.

Erheblicher Bauverzug und deutliche Kostensteigerung

Die neue Justizvollzugsanstalt ist ein gemeinsames Projekt der Länder Sachsen und Thüringen. Große Teile stehen bereits, doch wegen erheblicher Mängel und einem Zerwürfnis mit dem früheren Generalplaner ruhen die Arbeiten auf der Baustelle. Inzwischen beschäftigt der Fall auch Gerichte, die über Klagen zwischen dem Freistaat Sachsen als Bauherr, dem früheren Generalplaner sowie mehreren Bauunternehmen entscheiden müssen.

Von mehr als 200 Mängeln spricht das SIB. Einige seien so gravierend, dass zurückgebaut werden müsse. Als Beispiele für Mängel wurden zuletzt der Estrich in Gebäuden und die horizontale Elektroverkabelung genannt. An den Fassaden gebe es Feuchtigkeit in der Dämmung. In einer Antwort der Landesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der AfD ist von „Verfärbungen und Abplatzungen“ die Rede.

Steuerzahlerbund nennt den Bau „Millionengrab“

Es gibt erheblichen Bauverzug. Die ersten Gefangenen sollten eigentlich schon 2019 einziehen. Außerdem sind die Kosten explodiert. Die ursprünglich geplante Summe von 150 Millionen Euro hat sich mehr als verdreifacht. Nun wird mit bis zu 500 Millionen Euro kalkuliert. Die Rede ist von 476 Millionen Euro und einer Risikovorsorge von 24 Millionen Euro für weitere Preissteigerungen.

Zuletzt tauchte das Vorhaben auch im Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes auf. Die Justizvollzugsanstalt habe sich zum Millionengrab entwickelt, erklärte der Thüringer Landesvorsitzende des Steuerzahlerbundes, Wolfgang Oehring.

Das SIB nennt jetzt – neben der eingeplanten Risikovorsorge – die Vergabe an einen Totalunternehmer als wesentliche Maßnahme, um die Kosten nicht noch weiter steigen zu lassen. Im Rahmen der Verhandlungen mit den Bietern sollen verschiedene technische Ansätze erörtert und abschließend die Kosten und der Fertigstellungstermin mit dem Zuschlag fixiert werden, heißt es aus dem SIB. Die Bündelung von Planung und Ausführung aller Gewerke bei einem Unternehmen ermögliche effiziente, wirtschaftliche Lösungen und minimiere zudem Schnittstellen.

Scheitert dies, droht größerer Ärger. Der Freistaat Thüringen hatte zuletzt gedroht, seinen Anteil an dem Projekt zu verringern oder ganz auszusteigen, sollten die Kosten und der Zeitplan erneut aus dem Ruder laufen. Die Summe sei für Thüringen die „Schmerzgrenze“, betonte der Staatssekretär des Erfurter Bauministeriums, Tobias Knoblich, im Sommer. Das Land muss sich laut Staatsvertrag bisher anteilig an den Kosten beteiligen.

Für den immensen Kostenanstieg verweist der Freistaat Sachsen auf die deutliche Teuerung bei Energie- und Materialkosten. Eine umfangreiche Analyse habe jedoch ergeben, dass das Vorhaben weiterhin wirtschaftlich sei, sagte Sebastian Hecht, Staatssekretär im sächsischen Finanzministerium, bei einem Vor-Ort-Termin im Sommer. Die Kosten pro Haftplatz lägen bei etwa 580.000 Euro. Bei Neubauprojekten in anderen Bundesländern werde inzwischen mit mehr als einer Million Euro pro Haftplatz kalkuliert.

Der Neubau sei nach wie vor dringend erforderlich, hieß es. „Unsere alten Anstalten genügen nicht mehr den Anforderungen an einen zeitgemäßen, sicheren und menschenwürdigen Strafvollzug“, sagte Hecht. Beide Länder müssten wegen des Bauverzugs den Betrieb alter Justizvollzugsanstalten aufrechterhalten, die eigentlich längst hätten geschlossen werden sollen. Auch das erfordere Geld.