Bekommt Altenburg eine Bürgerwehr?

Per Aufruf im Internet sucht eine Vereinigung Mitstreiter, um Patrouillen durch die Stadt zu schicken. Es gibt viel Kritik, aber auch Interesse an den Hintergründen dieser Initiative.

Vorige Woche erregte eine Nachricht in einem sozialen Netzwerk erstmals Aufsehen in der Skatstadt. Eine neu gegründete Gruppe namens „Bürgerwehr Altenburg“ wirbt um Unterstützung. Gesucht werden „ehrliche, zuverlässige und interessierte Mitglieder“ für die ehrenamtliche Tätigkeit.

„Da in letzter Zeit die Kriminalitätsrate enorm angestiegen ist, möchten wir als Bürgerwehr die Polizei unterstützen und somit die Kriminalitätsrate senken“, schreiben die anonymen Verfasser als Begründung.

Dieser Darstellung widerspricht die Stadtverwaltung allerdings vehement: „Aus unserer Sicht gibt es dafür schlicht keinen Bedarf“, antwortet Sprecher Christian Bettels. Er bestätigt, dass am vergangenen Montag zwei Personen im Rathaus vorgesprochen haben, um das Projekt einer Bürgerwehr vorzustellen. Der Leiter des Ordnungsamtes, Torsten Weiß, habe rund eine Stunde mit den beiden gesprochen. Dabei sei den hilfsbereiten Einwohnern mitgeteilt worden, „dass die Stadt ein derartiges Vorhaben kritisch sieht.“

Wer steckt dahinter?

Im sozialen Netzwerk entzündete sich infolge des Aufrufs um Mitwirkung eine lebhafte Diskussion. Während einige Kommentatoren rechtsgerichtete Spinner mit Machtfantasien vermuteten, stellten andere durchaus interessiert Nachfragen. Allerdings halten sich die Urheber konsequent hinter der Formulierung „Vorstand der Bürgerwehr Altenburg“ anonym.

Zudem blieb die Frage unbeantwortet, ob es sich um einen eingetragenen Verein handelt. „Wir sind ein engagiertes Team, das sich um die Sicherheit unserer Bürger und Bürgerinnen sorgt“, konkreter wurde man nicht. Man werde sich „in den nächsten Tagen namentlich bekannt geben“.

Man spricht lieber über die Ziele als Strukturen. So wolle man „die Polizei unterstützen und nicht ersetzen.“ Beabsichtigt sei, mit jedem Interessenten über die anfallenden Aufgaben zu sprechen, gemeinsam zwei Rundgänge zu gehen und anschließend auszuwerten. „Wir sind nicht politisch engagiert“, wehrt sich der angebliche Vorstand gegen eine Verortung.

Die Notwendigkeit einer Bürgerwehr begründen sie damit, dass „in letzter Zeit unter anderem auch die Brandstiftungs-Fälle in Altenburg angestiegen sind.“ Außer „Brandstifter zu schnappen“, sollen die Rundgänge „auch die Kriminalität wie Einbrüche, Diebstähle, Körperverletzungen reduzieren“, so die Bürgerwehr.

Wann soll es losgehen?

Alles sei „ausführlich geplant“ und man werde „die Patrouillen nicht nur in Warnwesten ablaufen“, die eigene Sicherheit stehe „an erster Stelle“. Man wisse, dass es nicht einfach werde, „aber wir wollen etwas in unserer Stadt ändern.

Das Projekt ist schon lange geplant und jetzt reif“, antwortet die Bürgerwehr auf die Nachfragen. Allerdings habe man nicht mit so vielen negativen Reaktionen gerechnet. „Wir möchten nur etwas für Recht und Ordnung sorgen und die Polizei mit dieser Aktion unterstützen“, schließt die vorerst letzte Reaktion am Donnerstag voriger Woche.

Auf eine Anfrage der OVZ wurde schnell reagiert, der „Vorstand“ äußerte Bereitschaft für ein Treffen. Allerdings gab es auf mehrere Terminvorschläge seit vorigem Sonntag keine Reaktion mehr. Ob das Gespräch im Ordnungsamt am Montag dabei eine Rolle spielt, bleibt nur eine Vermutung.

Auch mit der Polizei in Altenburg gab es einen Termin. Polizeisprecherin Katja Ridder bestätigt, dass sich eine Person mit Bezug zur Bürgerwehr meldete. Absprachen, Vereinbarungen oder ähnliches zwischen der Dame und der Polizei seien dabei nicht erfolgt. „Bislang konnte kein Auftreten einer Bürgerwehr polizeilich festgestellt werden, noch wurde dies polizeilich gemeldet“, so Ridder.

Ist das notwendig?

Man habe der Dame erklärt, dass ausschließlich dem Staat das Gewaltmonopol obliege. „Bürgerwehren haben keine besonderen Sonderrechte beziehungsweise Befugnisse, sondern lediglich die Rechte, die jeder Bürger hat“, so die Polizeisprecherin.

Selbstjustiz sei hierbei stets verboten, genauso wie Personenkontrollen oder das Tragen von Waffen oder Uniformteilen. Ob ein Anstieg der Kriminalität in jüngster Zeit vorliege, kann die Sprecherin hingegen nicht sagen, da die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik noch nicht veröffentlicht ist.

Aus dem Altenburger Rathaus heißt es: „Die uns bekannten Zahlen zur Entwicklung der Kriminalität zeigen für die Stadt nichts Ungewöhnliches, die tatsächliche Sicherheit ist offenbar weit höher als die gefühlte.“ Der Kriminalpräventive Rat habe erst Ende vorigen Jahres festgestellt, dass Altenburg eine sichere Stadt sei.

Der Kripo-Beamte Frank Tempel kommentierte unter dem Aufruf der Bürgerwehr: „Nach wie vor gehört das Altenburger Land zu den laut Kriminalstatistik bundesweit friedlichsten Regionen.“ So lägen Gewaltdelikte hier weit unter dem Bundesdurchschnitt. Tempel räumt aber auch ein: „Grundsätzlich ist gegen Zivilcourage nix einzuwenden.“