Sachsen: Kretschmer trifft AfD-Parteichef Jörg Urban zum Gespräch – SPD und BSW sind informiert

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) tauscht sich am Dienstagnachmittag mit Jörg Urban aus, der auch die AfD-Landtagsfraktion führt. Worum geht es dabei?

Während die Sondierungen zwischen CDU, BSW und SPD in Sachsen andauern, hat Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) den sächsischen AfD-Landes- und Fraktionschef Jörg Urban zum Gespräch getroffen. Es fand nach Recherchen dieser Zeitung am Dienstagnachmittag im Landtag statt.

Das Treffen geht demnach auf eine Anfrage der AfD zurück. Urban soll Kretschmer um das Gespräch gebeten haben, um sich über die Arbeit im Landtag in der neuen Legislaturperiode auszutauschen. Bereits am Abend der Landtagswahl soll es ein erstes Vorfühlen gegeben haben, heißt es. Die AfD stellt im Landtag mit 40 Abgeordneten nach der CDU (41 Abgeordnete) die zweitgrößte Fraktion.

Regierungssprecher: SPD und BSW sind informiert

Auf Anfrage bestätigten ein Regierungssprecher und ein Sprecher der AfD-Fraktion, dass die AfD einen Austausch angeboten habe. „Michael Kretschmer hat ein Treffen nach der Wahl des Landtagspräsidenten und der Vizepräsidenten zugesagt“, teilte Regierungssprecher Ralph Schreiber mit. „Der Ministerpräsident spricht grundsätzlich mit allen Abgeordneten und Fraktionsvorsitzenden, die dies wünschen.“ Dies gebiete der Respekt vor dem Amt und dem Parlament. „Da das Gespräch in die Phase der Sondierungsgespräche fällt, hat er die Partner BSW und SPD über das Treffen informiert.“

Die AfD-Fraktion ging bei ihrer Antwort näher auf den Austausch zwischen Urban und Kretschmer ein: „In dem Gespräch ging es um landespolitische Themen“, teilte ein Sprecher mit. „Über alles Weitere wurde Vertraulichkeit vereinbart.“
Ministerpräsident Kretschmer lehnt Zusammenarbeit mit AfD bisher ab

Kretschmer hat eine Zusammenarbeit mit der AfD bisher immer abgelehnt. Eine Koalition mit der Partei, die vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird, schloss der Ministerpräsident im Wahlkampf wieder und wieder aus: „Die AfD ist eine zunehmend radikalisierte Partei, die uns als Hauptfeind ausgemacht hat.“ Sie dürfe nicht in Verantwortung kommen.

Allerdings gibt es in der CDU prominente Mitglieder, die sich Gespräche mit der AfD wünschen. In einem offenen Brief hatten Mitte Oktober beispielsweise der ehemalige CDU-Fraktionschef Frank Kupfer und der vormalige sächsische Justizminister Manfred Kolbe dafür plädiert: „Die CDU kann als Partei der Mitte auf Dauer nicht nur mit links von ihr stehenden Parteien zusammenarbeiten, ohne ihre eigene freiheitliche und marktwirtschaftlich Identität zu verlieren“, heißt es darin.

Zudem gibt es in der CDU eine Debatte darüber, inwieweit es auf kommunaler und regionaler Ebene eine sogenannte Brandmauer zur AfD geben sollte. Noch in diesem Frühjahr hatte Kretschmer zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der AfD geraten: „Im Grundgesetz stehen keine Brandmauern und in den Gemeindeordnungen in Deutschland werden Sie überall finden, dass ein Gemeinderat, ein Kreistag kein Parlament ist, sondern ein Teil der Verwaltung.“

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06.11.2024, 13:55 Uhr

Sondierungen von CDU, BSW und SPD in Sachsen gescheitert

Die Sondierung für eine Regierungskoalition aus CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD in Sachsen ist gescheitert.

Die Sondierung für eine Regierungskoalition aus CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD in Sachsen ist gescheitert. Die Gespräche wurden ergebnislos abgebrochen, wie das BSW mitteilte. Man habe sich bei der Friedensformel, der Migrationspolitik und dem Thema Finanzen nicht einigen können.

Nach einem dritten Treffen zum Thema Krieg und Frieden warf das BSW den potenziellen Koalitionspartnern vor, einem Bekenntnis zum Frieden nicht zustimmen zu wollen: „Wer so Politik macht, verliert die Menschen im Land“, erklärte die Landesvorsitzende Sabine Zimmermann. „Dieser furchtbare und völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands in der Ukraine beunruhigt so viele auch bei uns in Sachsen, dass eine neue Landesregierung diese Sorgen und Ängste aufgreifen muss. Wer das nicht tut, verschließt Augen und Ohren.“

Bekommt Sachsen eine Minderheitsregierung?

Unklar ist nun, wie es in Sachsen weitergeht. Da die CDU Koalitionen mit der AfD und den Linken ausschließt, bleibt Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Grunde nur die Option, eine Minderheitsregierung zu bilden. Das hatten stark konservative Kräfte in der Union zuletzt wiederholt gefordert. Kretschmer sprach sich dagegen aus. Bei einer solchen Regierung sei man jeden Tag in Verhandlungen, das binde unglaublich viel Kraft, hatte er argumentiert.

Laut Verfassung muss der sächsische Ministerpräsident innerhalb von vier Monaten nach Konstituierung des neuen Landtags gewählt werden. Die Frist läuft Anfang Februar 2025 aus. Andernfalls ist das Parlament aufzulösen und eine Neuwahl steht an.

Sondierung von Beginn an schwierig

Die Sondierungen hatten sich von Beginn an schwierig gestaltet. Am 25. Oktober wurde sie auf Betreiben der SPD unterbrochen, nachdem ein Großteil der BSW-Abgeordneten im Landtag für den AfD-Antrag auf einen Corona-Untersuchungsauschuss gestimmt hatten.

Bei der Landtagswahl am 1. September war die CDU in Sachsen mit 31,9 Prozent der Stimmen stärkste Kraft vor der AfD (30,6 Prozent) geworden. Da die Union ein Bündnis mit der AfD und auch mit den Linken kategorisch ausschließt, kam für eine Mehrheitsregierung nur ein Bündnis von CDU, BSW und SPD infrage. Für eine Fortsetzung der bisherigen Koalition von CDU, Grünen und SPD reichte es nicht.