Leipziger Landtagsabgeordnete gewinnt Fake-News-Prozess gegen AfD

Über die Grünen-Abgeordnete Claudia Maicher wurden in rechten Netzwerken falsche Behauptungen verbreitet. Auch die AfD verbreitete das Gerücht. Dagegen hat sich die Politikerin gewehrt – und vor Gericht gewonnen.

Als in der ARD über die Verfasstheit der AfD per Spielshow-Format verhandelt wurde, soll Claudia Maicher, Grünen-Abgeordnete im sächsischen Landtag, dabei gewesen sein. So geht jedenfalls die Erzählung, die in rechten Netzwerken die Runde machte: Maicher soll, getarnt als normale Bürgerin, die Show sozusagen unterwandert haben, die somit – war ja klar! – nur scheinbar neutral gewesen sein kann.

Dass das wahrscheinlich nicht stimmt, ist leicht zu klären: In der Show zur AfD haben alle Protagonisten Nummern auf der Brust kleben. Und die Nummer 83, die angeblich zu Maicher gehören soll, trägt ein Mann.

Kritik an journalistischen Standards von ARD-Show

Die ARD-Show „Die 100 – Was Deutschland bewegt″ ist ein Format, in dem kontroverse Fragen verhandelt werden. Zuletzt etwa die Vier-Tage-Woche, und Mitte September eben: „Ist die AfD eigentlich ein Problem für die Demokratie?“ Nach der Ausstrahlung gab es Kritik an der Auswahl der 100 Menschen, die in der Sendung deren Konzept nach stellvertretend für die Gesellschaft in Deutschland stehen sollten.

Ein Laienschauspieler war etwa dabei. Die ARD wies den Vorwurf zurück, sich ihre Show nach politischem Gutdünken zusammen gecastet zu haben. Gleichzeitig machten in den sozialen Netzwerken auf rechten Kanälen immer mehr Namen die Runde, die angeblich oder tatsächlich in der Show gewesen sein, den Ausgang der Debatte undercover beeinflusst haben sollen. Einer davon: Claudia Maicher, nachweislich falsch. „Das ist Rufschädigung“, sagt Maicher, „wenn jemand glaubt, dass ich mich dafür hergebe.“
AfD übernimmt Screenshot mit Maichers Namen

Wie viele Politikerinnen und Politiker kennt Maicher das schon: Desinformation, Verleumdung, Hetze. Der Fall der Falschbehauptung zur ARD-Show „Die 100″ bekam spätestens mit einem Beitrag des AfD-Bundesverbandes auf X (früher Twitter) eine politische Dimension.

Denn der stieg mit einem Video in die Kritik an den journalistischen Standards der Show „Die 100″ ein. „Einige Teilnehmer wurden später als Schauspieler oder linke Politiker entlarvt“, heißt es in dem Video der AfD – und eingeblendet wird auch Claudia Maichers Name, als eine derjenigen, die dabei gewesen sein soll. Das Video endet mit einem Wahlaufruf für die AfD in Brandenburg, wo damals die Landtagswahl kurz bevorstand.

Für Maicher war spätestens damit eine Grenze überschritten. „Es ist wichtig, deutliche Stoppschilder zu setzen, wenn die AfD Lügen und Desinformationen verbreitet“, sagt sie. Und holte sich juristische Hilfe. Nach einer Abmahnung durch Maichers Kanzlei löschte die AfD das Video zwar, wollte aber keine Unterlassungserklärung abgeben – sich also nicht dazu verpflichten, die Behauptung, Maicher sei bei „Die 100″ gewesen, nicht noch einmal zu wiederholen.
Gericht urteilt gegen AfD

Erst als Maicher vor Gericht zog, als das einen Verhandlungstermin ansetzte, gab die AfD die Erklärung ab. Das geht aus dem Anerkenntnisurteil des Landgerichts Berlin II hervor. „Der Ausgang dieser juristischen Auseinandersetzung hat die Grenzen für solche Täuschungen klar aufgezeigt“, sagt Maicher dazu.

Sie werde, sagt Maicher, es auch zukünftig nicht einfach hinnehmen, wenn Fake News und Desinformation über sie verbreitet würden. „Solche Methoden zeugen von einer zersetzenden politischen und gesellschaftlichen Meinungsbildung.“ Auch gegen einige der anderen Kanäle in den sozialen Netzwerken, die behauptet hatten, Maicher sei in der ARD-Sendung gewesen, ist die Politikerin eigenen Angaben nach vorgegangen. Die AfD will sich auf Anfrage nicht zu dem Fall äußern.