CSD in Bautzen: Rechtsextreme Gruppierungen mobilisieren zum Protest – das sagt der Mitveranstalter Jonas Löschau dazu
Die rechtsextremen Freien Sachsen und die Elblandrevolte haben auf ihren Telegram-Kanälen dazu aufgerufen, am Samstag den Christopher Street Day in Bautzen zu stören. Wie man sich darauf vorbereitet und was der CSD für die queere Community bedeutet, erzählt Jonas Löschau.
Freie Presse: Am Samstag steht der zweite CSD in Bautzen an. Ist der Zuspruch in Bautzen im Vergleich zu letztem Jahr gestiegen?
Jonas Löschau: Ja auf alle Fälle. Generell hat die Bautzener Zivilgesellschaft in den letzten Jahren einiges getan. Aber natürlich musste sich der CSD in Bautzen auch erst einmal bekannt machen. Nach letztem Jahr wussten die Leute, dass es uns gibt, und sind dann auch relativ schnell auf uns zu und haben uns Ihre Unterstützung angeboten.
FP: Nun findet der CSD ja nicht in Berlin, sondern in Bautzen statt, wo die queere Community sicherlich noch einmal mehr um Anerkennung kämpft. Was bedeutet der CSD für die LGBTQIA+ Community (lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle/Transgender, queere, intersexuelle und asexuelle Menschen) in Bautzen?
Löschau: Also einerseits schafft der CSD Sichtbarkeit für das Thema. Einfach um zu zeigen, dass wir Teil dieser Gesellschaft sind. Wir sind da, wir wohnen in Bautzen, wir leben hier und sind in den Strukturen drin. Es gibt häufig die Erzählung, dass wir eine Randgruppe aus den Großstädten sind, die es in den kleineren Städten überhaupt nicht gibt. Das stimmt nicht. Wegen des CSD sehen die Menschen, dass es auch hier eine queere Community gibt. Unser CSD ist halt im Gegensatz zu den CSD in Großstädten nicht einfach nur eine große Party, sondern auch eine unglaublich wichtige Demonstration.
FP: Was bei diesem CSD in Bautzen besonders heraussticht, ist die Mobilisierung von rechtsextremen Gruppen. Unter anderem die Elblandrevolte und die Freien Sachsen haben dazu aufgerufen, den CSD in Bautzen zu stören und auch eine Gegendemonstration angemeldet. Wie schätzen Sie diese Gefahr ein?
Löschau: Wir nehmen das natürlich ernst. Wir haben die letzten Wochen die sozialen Medien, aber auch Chats auf dem Schirm gehabt. Wir haben versucht, jede Ankündigung und Entwicklung, die irgendwo aufgetaucht ist, mitzunehmen. Wir haben erwartet, dass es solche Ankündigungen im Vorfeld geben wird, aber diese Dimension haben wir nicht erwartet. Wir können schlecht einschätzen, wie es am Ende wird. Ich kann aber auch sagen, dass wir eine Aftershow Party am Samstag geplant hatten, diese aber nicht mehr stattfinden wird. Wir können dafür keine Verantwortung tragen und haben aktuell nicht die nötigen Ressourcen, um diese Veranstaltung entsprechend abzusichern und zu schützen. Wir nehmen die Mobilisierung ernst und deshalb haben wir gesagt, dass der Fokus auf der Demo liegt.
FP: Inwiefern schützen Sie sich vor möglichen Übergriffen?
Löschau: Über unsere genauen Sicherheitsvorkehrungen kann ich nicht so viel sagen. Wir arbeiten mit einer Sicherheitsfirma zusammen und da können wir keine Details über das Sicherheitskonzept rausgeben. Wir stehen aber im ständigen Austausch mit der Polizei, die diese Mobilisierung auf jeden Fall auch auf dem Schirm hat. Wir haben ein gutes Gefühl in der Zusammenarbeit mit der Polizei und denken, dass am Samstag auch ein gutes Aufgebot da sein wird und dass unsere Demo entsprechend geschützt wird. Uns wurde seitens der Polizei versichert, dass immer darauf geachtet wird, dass ein entsprechender Abstand zu der Gegendemonstration eingehalten wird und dass diese uns nicht behindern kann.
FP: Welche Unterstützung oder Maßnahmen erwarten Sie in diesem Zusammenhang von den örtlichen Behörden?
Löschau: Wir erwarten, dass die Polizei das angekündigte Vorgehen umsetzt. Wir erwarten aber auch, dass die An- und Abreise der Menschen, vor allem die die mit dem Zug kommen, entsprechend abgesichert wird. Natürlich ist es auch wichtig, dass dann noch Präsenz in der Stadt vorhanden ist, damit die Menschen, die nach Hause gehen, auch sicher nach Hause kommen.
FP: Haben Sie auch Forderungen an die Zivilgesellschaft Bautzens?
Löschau: Sich zeigen und uns auf der Straße unterstützen. Je mehr Leute kommen, desto sicherer ist die Veranstaltung. Geht mit uns gemeinsam auf die Straße, auch wenn ihr vielleicht nicht queer seid. Es geht mit dieser Mobilisierung auch um die Verteidigung unserer pluralistischen Gesellschaft. Der CSD und solche Veranstaltungen müssen einen Platz in unserer Gesellschaft haben.
FP: Die ständigen Bedrohungen, die Störungen und die Hetze – all das kann zermürbend sein. Ist das bei Ihnen der Fall oder kann so etwas gerade motivieren?
Löschau: Natürlich kann das motivieren, absolut. Also ich meine, wir hätten nach dem letzten Jahr, bei welchem es auch schon Störversuche und Androhungen gab, sagen können, dass wir das nicht mehr machen. Aber im Gegenteil: Es ist ein Grund damit weiterzumachen. So etwas zeigt auch, dass das, was wir machen, wichtig ist.
Jonas Löschau
Der 24-jährige Jonas Löschau sitzt für Bündnis90/Die Grünen sowohl im Kreistag als auch im Stadtrat Bautzens. Er organisierte früher die Fridays For Future Demonstrationen und seit letztem Jahr auch den Christopher Street Day in Bautzen.