Gesetzesänderung: Sachsens Polizei soll künftig Kontroll-Quittungen ausstellen
Die neue Bescheinigung soll Transparenz herstellen und Diskriminierung eindämmen. Der Sächsische Flüchtlingsrat lobt die Maßnahme. Teile der schwarz-grün-roten Koalition sind aber weiterhin skeptisch.
Wer von sächsischen Polizisten kontrolliert wird, kann künftig von den Beamten unter bestimmten Umständen eine Kontrollquittung verlangen. Eine entsprechende Änderung des Polizeivollzugsdienstgesetzes wird der Landtag kommende Woche beschließen. Die Quittung soll bei Kontrollen an Orten ausgestellt werden, an denen Kriminalität häufig auftritt – beispielsweise die Leipziger Eisenbahnstraße. Sie bescheinigt die Identitätsfeststellung, gibt aber auch über den Grund der Kontrolle Auskunft.
CDU, Grünen und SPD hatten sich 2019 im Koalitionsvertrag auf die neue Maßnahme verständigt. Sie soll helfen, das sogenannte Racial Profiling – also diskriminierende Kontrollen aufgrund der Hautfarbe – einzudämmen.
Koalition weiter uneinig über Nutzen der Quittung
Das schwarz-grün-rote Bündnis ist dennoch weiter uneinig, ob Kontrollquittungen notwendig sind. Er teile die Einschätzung der Koalitionspartner dazu nicht vollständig, sagt der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Ronny Wähner: „Gleichwohl ist die Kontrollbescheinigung eine Maßnahme mit geringem Erfüllungsaufwand.“
Für den Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann schafft die Quittung dagegen „Transparenz“: Sie ermögliche eine „nachträgliche Überprüfung, ob entsprechende Kontrollen diskriminierend waren“. Ähnlich äußert sich der Landtagsabgeordnete Albrecht Pallas (SPD): „Die Kontrollquittungen werden die rechtliche Überprüfung der Grundlagen polizeilichen Handelns erleichtern.“
Flüchtlingsrat: Quittung gibt Sicherheit, nicht machtlos zu sein
Der Sächsische Flüchtlingsrat, der die Interessen von Migranten vertritt, lobt die Gesetzesänderung. Die Kontrollbescheinigung gebe „den Betroffenen die Sicherheit, dass sie nicht komplett machtlos sind, wenn sie gegen diskriminierende Kontrollen vorgehen wollen“, sagt ein Sprecher. Zudem hoffe man, „dass die Polizisten selbst nun häufiger vor den Kontrollen den Anlass hinterfragen“.
Bremen war lange Zeit das einzige Bundesland, das entsprechende Quittungen kannte. Die Bundesregierung hatte dann Ende 2023 eine Novelle des Bundespolizeigesetzes beschlossen, laut der die Bundespolizei auch entsprechende Bescheinigungen ausstellen kann. Die Bundespolizisten müssen zudem explizit auf diese Möglichkeit ausdrücklich hinweisen.
Gewerkschaft bezweifelt geringen Zeitaufwand
Der Aufwand für die Polizei wird sich nach Einschätzung des sächsischen Innenministeriums in Grenzen halten. Es geht davon aus, dass landesweit voraussichtlich 220 Bescheinigungen pro Jahr ausgestellt werden: Für die Erteilung der Bescheinigung würden fünf Minuten angesetzt.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht allerdings eine Mehrbelastung für die Polizeibeamten. Die Dokumentation, um im Polizeisystem nachzuvollziehen, warum gerade diese Person kontrolliert wurde, werde „deutlich höhere Zeit in Anspruch nehmen“, sagt der sächsische GdP-Chef Jan Krumlovsky.
Auch Änderungen für Bodycam-Einsatz beschlossen
Neben der Kontrollquittung setzt Schwarz-Grün-Rot einen weiteren Punkt des Koalitionsvertrags um. Polizisten müssen ihre Bodycam künftig einschalten, wenn sie „unmittelbaren Zwang“ anwenden. Schon die Androhung der Zwangsmaßnahme muss von der Bodycam erfasst werden. Von der Aufzeichnung kann nur abgesehen werden, „wenn die Umstände diese Maßnahmen nicht zulassen“. Inbesondere ist dies der Fall, falls eine „gegenwärtige Gefahr“ sofort abgewehrt werden muss.
Seit März 2021 sind sächsische Polizisten mit den kleinen Bodycams ausgestattet. Sie dienen der Beweissicherung und sollen vor Übergriffen auf Polizisten abschrecken. Gerade die Grünen hatten sich aber dafür eingesetzt, dass die Bodycam ebenso zur Kontrolle der Polizeiarbeit herangezogen werden kann.
Dank der Gesetzesänderung werde „die Bodycam nun auch ein Mittel, um polizeiliches Verhalten in häufig sehr schnellen und unübersichtlichen Situationen anschließend überprüfen zu können“, sagt Grünen-Politiker Lippmann. Der SPD-Abgeordnete Pallas spricht von einem „wirksamen Beitrag für mehr Sicherheit“ im polizeilichen Handeln.