Sorge vor Anschlägen – Wie sicher ist Leipzig zur Fußball-EM? Polizei bereitet sich vor
Öffentlich sprechen die Behörden vor der Fußball-EM in Leipzig nur von einer abstrakten Bedrohungslage. Tatsächlich rüsten sich die Behörden für alle Eventualitäten. Auch Terroranschläge gehören dazu.
In aufgeheizten Zeiten beginnt in zwei Wochen die Fußball-Europameisterschaft UEFA 2024 in Deutschland. Mit dem Krieg in der Ukraine und dem Konflikt im Nahen Osten zwischen Israel und der Hamas gibt es internationalen Brennpunkte, die auch auf die Sicherheitslage in Deutschland und Sachsen während der Fußballwochen Auswirkungen haben. In die Vorfreude auf das Fußballfest vom 14. Juni bis zum 14. Juli mischt sich die Sorge vor Ausschreitungen, Übergriffen und Anschlägen.
Die Bandbreite möglicher Gefährdungen reiche laut Innenministerin Nancy Faeser (SPD) „von der Bedrohung durch islamistischen Terror, über Hooligans und andere Gewalttäter bis hin zu Cyberangriffen und anderen Gefahren“. Und sie kündigt an: Die Polizei werde an allen Spielorten hohe Präsenz zeigen.
Behörden aus Leipzig und Sachsen sprechen von abstrakter Gefährdung
Das Dresdener Ministerium und die Polizeidirektion (PD) Leipzig sprechen auf Anfrage der LVZ unisono von einer „abstrakten Gefährdung, die internationalen Sportgroßveranstaltungen grundsätzlich innewohnt“. Was sich hinter dieser Einschätzung verbirgt, erklärt Thomas Gockel-Hentschel vom sächsischen Innenministerium: „Für den gesamten Turnierzeitraum gilt, dass jederzeit die Möglichkeit von Handlungen irrationaler, fanatisierter oder emotionalisierter Täter einkalkuliert werden muss.“
Besonders ernst wird die potenzielle Gefahr genommen, die von überfliegenden Drohnen ausgehen könnte. In Vorbereitung auf die EM werde in Sachsen eine Drohnenabwehreinheit aufgebaut, heißt es aus dem Innenministerium. Der Freistaat werde diese Abwehreinheit auf Grundlage bundeseinheitlicher Empfehlungen aufbauen und in Leipzig zum Einsatz bringen, erklärt Gockel-Hentschel. Weitere Details würden aus polizeitaktischen Gründen nicht erklärt.
Konkrete Anhaltspunkte für Gefahrenlagen sehen Polizei und Ministerium derzeit aber nicht. Besucher der Spiele und des Fanfestes werden beruhigt: „Ein erhöhtes Gefahrenpotenzial wird für unbeteiligte Zuschauer aktuell nicht gesehen.“ Das gilt laut Polizeisprecherin Josephine Sader auch für die vier Spieltage in Leipzig am 18., 21. und 24. Juni und am 2. Juli.
In Leipzig, dem – mit Ausnahme von Berlin – einzigen Spielort im Osten Deutschlands, halten sich die hiesigen Verantwortlichen mit der öffentlichen Bewertung von Sicherheitsrisiken – auch aus taktischen Gründen zurück. Von der Gefahr eines terroristischen Anschlages reden offiziell weder die Stadt Leipzig noch die Polizei und das sächsische Innenministerium.
Drohnenabwehreinheit wird vor der EM aufgebaut
Gleichwohl bereiten sich die Behörden seit Monaten auf Gefahrenabwehr und die Gewährleistung der Sicherheit während der EM in der Stadt des Bundesligisten RB vor. Im Herbst vorigen Jahres probten mehr als 200 Personen von Polizei, Feuerwehr und Stadtverwaltung erstmals den Einsatz bei verschiedenen Szenarien im Stadion.
Bei einer Polizeiübung in Leipzig wurde etwa ein Anschlag mit einem radioaktiven Sprengsatz, einer sogenannten schmutzigen Bombe unterstellt. Weitere Übungen folgten. Welche Lagen dabei angenommen wurden, möchte Leipzigs Stadtsprecher Matthias Hasberg aus „taktischen Gründen“ nicht sagen. Laut der Sprecherin der Polizeidirektion sei es vor allem um die Kommunikation bei Szenarien der Schwerstkriminalität wie Bedrohungslagen und Anschlägen gegangen.
Vorfreude auf friedliches Fußballfest in Leipzig
Auch das Risiko eines terroristischen Anschlages sei Bestandteil der Einsatzplanung der Polizei, sagt Jan Krumlovsky. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Sachsen sieht die Situation für die diesjährige EM kritischer, als sie es während der Weltmeisterschaft in Deutschland im Jahre 2006 war.
Trotz allem blickt die GdP Sachsen laut ihres Vorsitzenden zuversichtlich auf die EM-Wochen in Leipzig. Die Gewerkschaft gehe von einem friedlichen Verlauf der Europameisterschaft aus, bei dem ausschließlich der Sport im Vordergrund steht, sagt der Landesvorsitzende.
Damit befindet er sich auf einer Wellenlänge mit Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU), der mit Blick auf die UEFA 2024 sagt: „Wir freuen uns auf ein friedliches und stimmungsvolles Fußballfest. Damit zeigen wir ganz Europa, dass der Sport im Sportland Sachsen zu Hause ist.“ Die Kolleginnen und Kollegen der sächsischen Polizei werden dafür alles tun, versichert Jan Krumlovsky.