Großschirma: Wahl von AfD-Politiker Weigand zum Bürgermeister für ungültig erklärt
Die mittelsächsische Kreisbehörde hat die Wahl von AfD-Politiker Rolf Weigand, der als Einzelkandidat angetreten war, zum neuen Bürgermeister von Großschirma beanstandet.
Großschirma.Die Nachricht kam überraschend: Die Bürgermeisterwahl in Großschirma ist ungültig. Das teilte die Pressestelle des Landratsamtes Mittelsachsen in Freiberg am Freitagvormittag in einer Pressemitteilung mit. „Der Wahlprüfungsbescheid ordnet eine Neuwahl an“, heißt es darin.
Am 3. März war AfD-Politiker Rolf Weigand, der als Einzelkandidat angetreten war, bei der Bürgermeisterwahl in Großschirma als Wahlsieger hervorgegangen. Der 39-jährige Kleinvoigtsberger erhielt 59,43 Prozent der gültigen Stimmen. Seine Mitbewerber André Erler und Gunther Zschommler holten 22,33 beziehungsweise 18,24 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 73,92 Prozent.
Das hat die Wahlprüfung ergeben
Laut Kreisbehörde hat der Landkreis Mittelsachen die erforderliche Wahlprüfung der Bürgermeisterwahl in der Stadt Großschirma abgeschlossen. „Die Kommunalaufsicht ist nach eingehender Prüfung der von der Stadt vorgelegten Wahlunterlagen zu dem Prüfungsergebnis gelangt, die Bürgermeisterwahl zu beanstanden und aufzuheben“, so das Landratsamt. Begründung: Die Wahlprüfung habe insbesondere „Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften“ festgestellt. So habe der Wahlbewerber Weigand auf der Titelseite des Bürgerblatts der Stadt Großschirma vom 7. Februar 2024 als „2. stellvertretender Bürgermeister“ mitunterzeichnet, obwohl der Vertretungsfall nicht gegeben war.
„Dadurch wurde dem Wahlbewerber Weigand die Möglichkeit eingeräumt, in seiner Funktion als stellvertretender Bürgermeister eine Möglichkeit für die Ansprache der Bürger im Kontext der Wahl auf der amtlichen Plattform des Amtsblatts zu nutzen, die anderen Wahlbewerbern nicht eingeräumt wurde“, so die Kreisbehörde. Zudem sei die gesetzlich vorgeschriebene ordentliche und fristgerechte Bekanntmachung über das Recht auf Einsicht in das Wählerverzeichnis und die Erteilung von Wahlscheinen für die Wahl zum Bürgermeister von der Gemeinde unterlassen worden.
„Die Notbekanntmachung vom 29. Februar 2024, die kurz vor der Wahl erfolgte, nachdem das Versäumnis bemerkt worden war, konnte den Wahlrechtsverstoß nicht mehr heilen“, stellt die Kreisbehörde fest.
Und: Auf dem Wahlvorschlag des Bewerbers Rolf Weigand fehle die vom Gesetz ausdrücklich vorgeschriebene „eigenhändige Unterschrift“ des Bewerbers.
Im Wahlprüfungsverfahren seien die festgestellten Wahlfehler zusätzlich anhand des Maßstabs der Ergebniserheblichkeit überprüft worden. Dadurch werde verhindert, dass ergebnisunerhebliche Verstöße, selbst wenn damit gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen wurde, zu einer Aufhebung der Wahl führen. Nach sorgfältiger Abwägung der unterschiedlichen Aspekte konnten die ersten beiden genannten Wahlrechtsverstöße anhand des notwendigen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs am Ende als ergebnisunerheblich eingestuft werden.
Fehlende Unterschrift Weigands unter dem Wahlvorschlag gab den Ausschlag
Die fehlende „eigenhändige Unterschrift“ unter dem Wahlvorschlag „Weigand“ habe aber von der Wahlprüfungsbehörde als ergebniserheblich eingestuft werden müssen, weil der Gemeindewahlausschuss den Wahlvorschlag ohne die „eigenhändige Unterschrift“ nicht zur Wahl hätte zulassen dürfen.
„Das ist ein vermeidbarer, rein formaler Fehler gewesen“, so das Landratsamt. Ohne eine entsprechende Autorisierung durch „eigenhändige Unterschrift“ gebe es aber keinen (wirksamen) Wahlvorschlag eines Einzelbewerbers gegenüber dem Gemeindewahlausschuss. Weiter heißt es: „Diese Unterschrift war dem Gesetzgeber des kommunalen Wahlrechts so wichtig, dass er 2022 im Rahmen der letzten Gesetzesänderung zu der Formalie der ,eigenhändigen Unterschrift‘ folgende Bestimmung in das Gesetz ausdrücklich neu aufgenommen hat:
,Der Wahlvorschlag eines Einzelbewerbers ist von diesem eigenhändig zu unterzeichnen.‘“
Die Zulassungsentscheidung des Gemeindewahlausschusses für den Wahlvorschlag „Weigand“ sei daher wegen der fehlenden Unterschrift des Bewerbers falsch gewesen. „Hätte der Wahlausschuss korrekt nach Maßgabe des Gesetzes entschieden, wären die Stimmen, die auf den Wahlvorschlag ,Weigand‘ entfallen sind, gar nicht oder für eine der beiden anderen Bewerber abgegeben worden“, begründet die Kreisbehörde und fügt hinzu: „Das verdeutlicht die Ergebnisrelevanz des fehlerhaften Wahlvorschlags und die deswegen als falsch zu qualifizierende Zulassungsentscheidung des Gemeindewahlausschusses.
Stadt Großschirma erhielt den Wahlprüfungsbescheid am Freitag
Der Stadt Großschirma sei der Wahlprüfungsbescheid am Freitag zugestellt worden. Wegen der Beanstandung und Unwirksamkeitserklärung werde die Stadt Großschirma in dem Prüfungsbescheid aufgefordert, unverzüglich eine Neuwahl anzuberaumen. Die vom Wahlprüfungsbescheid Betroffenen hätten die Möglichkeit, gegen die Wahlprüfungsentscheidung unmittelbar Klage beim Verwaltungsgericht Chemnitz zu erheben.
Die vorzeitige Bürgermeisterwahl in der Stadt war durch den Tod von Amtsinhaber Volkmar Schreiter (FDP) am 16. Oktober 2023 notwendig geworden. Die letzte Bürgermeisterwahl in Großschirma fand am 17. Juni 2018 statt. Mit 59,3 Prozent der gültigen Stimmen hatte sich damals Amtsinhaber Schreiter (FDP) im ersten Wahlgang den Posten als Bürgermeister gesichert. Sein Herausforderer Rolf Weigand (AfD) erhielt damals 40,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,8 Prozent.
André Erler: „Ich lasse es übers Wochenende erstmal sacken“
André Erler aus Großschirma war bei der Bürgermeisterwahl Anfang März für die Unabhängige Bürgervereinigung (UBV) angetreten und hatte das zweitbeste Ergebnis erreicht. Der 47-jährige Polizeibeamte sagte am Freitag zur Nachricht von der Ungültigkeit der Wahl: „Ich bin völlig platt, total überrascht. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ob ich bei der Neuwahl wieder antrete, weiß ich noch nicht. Ich lasse es übers Wochenende erstmal sacken und rede mit meiner Frau und meiner Familie.“ Nächste Woche könne er dazu mehr sagen.
Gunther Zschommler: CDU-Gremien müssen entscheiden
Gunther Zschommler aus Großschirma war bei der Bürgermeisterwahl im März Dritter geworden. „Es ist unglaublich, dass es an einem Formfehler gescheitert ist, also an etwas, dass man hätte wissen müssen, aber offenbar aufgrund mangelnder Verwaltungserfahrung nicht wusste“, sagt der 60-jährige Landwirt. Nun müssten die CDU-Gremien entscheiden, wie es in Sachen Kandidatur zur Neuwahl weitergehe. „Ich habe nach der Wahl jedenfalls viel positives Feedback bekommen“, so Zschommler.
LVZ 12.04.2024
Wahl ungültig: Weigand kann vorerst nicht Bürgermeister von Großschirma bleiben
Erst im März war er zum Bürgermeister von Großschirma gewählt worden, jetzt entschied der Wahlausschuss: Die Wahl ist ungültig.
Die Wahl des AfD-Landtagsabgeordneten Rolf Weigand zum Bürgermeister von Großschirma ist ungültig. Deswegen habe der Wahlprüfungsausschuss eine Neuwahl angeordnet, teilte der Landkreis Mittelsachsen am Freitag mit. Grund seien drei Verstöße gegen die Wahlvorschriften.
Unter anderem habe Weigand im Februar auf der Titelseite des Amtsblattes als zweiter stellvertretender Bürgermeister unterschrieben, obwohl es keinen Vertretungsfall gab. Dadurch habe Weigand Vorteile bei der Präsenz vor Wählerinnen und Wählern gehabt, so der Prüfungsausschuss: Es sei „eine Möglichkeit für die Ansprache der Bürger im Kontext der Wahl auf der amtlichen Plattform des Amtsblatts“ gewesen, die andere Bewerber nicht hatten.
Neuwahlen vorgesehen – Klage möglich
Außerdem habe Weigands gesetzlich geforderte „eigenständige Unterschrift“ auf dem Wahlvorschlag gefehlt. Dass die Gemeinde nicht wie vorgeschrieben über das Recht auf Einsicht in das Wählerverzeichnis und die Erteilung von Wahlscheinen für die Wahl zum Bürgermeister informierte, wertete der Ausschuss ebenfalls als Verstoß.
Nun sollen Neuwahlen stattfinden. Die Betroffenen können gegen die Entscheidung beim Verwaltungsgericht Chemnitz erheben.
Weigand im März zum Bürgermeister gewählt
Weigand hatte Anfang März die Bürgermeisterwahl im mittelsächsischen Großschirma gewonnen. Laut vorläufigem Wahlergebnis erhielt er im ersten Wahlgang 59,4 Prozent der Stimmen.
Der Landtagsabgeordnete Weigand war als Einzelbewerber gegen zwei weitere Kandidaten angetreten. André Erler kam für die Unabhängige Bürgervereinigung auf 22,3 Prozent. Gunther Zschommler erreichte für die CDU 18,2 Prozent.