Bericht zur Förderaffäre im Sozialministerium: Ärger um Datenpanne beim Rechnungshof
Dem Rechnungshof ist bei der Veröffentlichung des Sonderberichts über die Förderpraxis im Sozialministerium eine Panne unterlaufen. Das könnte Folgen für den U-Ausschuss haben – und sorgt schon jetzt für Streit.
Dem Landesrechnungshof ist bei der Veröffentlichung des Sonderberichts über die Förderpraxis im Sozialministerium eine Panne unterlaufen. Die Behörde hat einige Angaben geschwärzt, unter anderem die Namen der geförderten Vereine. Die Anonymisierung war offenbar technisch mangelhaft, sodass Nutzer die geschützten Daten in der Online-Version auf einfachem Weg entschlüsseln konnten.
Aufgefallen war dies dem Ausländerrat, einem der geförderten Träger. Er habe den Rechnungshof noch am Tag der Veröffentlichung darüber informiert, sagte Geschäftsführer Christian Schäfer-Hock der SZ. Sachsens Datenschutzbeauftragte Juliane Hundert hat Rechnungshof-Präsident Jens Michel um eine Stellungnahme gebeten.
In dem Sonderbericht wirft der Rechnungshof dem Sozialministerium grobe Mängel vor. Er kritisiert, dass das Ressort von Ministerin Petra Köpping (SPD) Anträge auf Fördermittel nicht sorgfältig genug geprüft habe sowie Vereine aus politischen Gründen bevorzugt worden seien. Die Prüfer monieren zudem persönliche Verflechtungen, eine fehlende Überprüfung der Mittelverwendung sowie Zweifel an der Zuverlässigkeit einiger Träger. Demnächst wird sich ein Untersuchungsausschuss des Landtags damit beschäftigen.
Rechnungshof: Haben umgehend reagiert
Viele Geheimnisse wurden durch die Datenpanne aber wohl nicht gelüftet. Über den Sonderprüfbericht hatten bereits vor der Veröffentlichung Medien ausführlich berichtet.
Laut Rechnungshof sei der Bericht stets mit Schwärzungen versehen worden. Am Tag der Veröffentlichung habe der Rechnungshof einen Hinweis erhalten, dass eine in einer Abbildung des Sonderberichts vorgenommene Schwärzung entfernt werden könne. „Der Rechnungshof hat hierauf umgehend reagiert und den Sonderbericht auf der Homepage noch am selben Tag innerhalb weniger Stunden gegen eine noch revisionssicherere Datei ausgetauscht“, teilte Behördensprecherin Lydia Popp mit.
Die peinliche Panne könnte dennoch Konsequenzen für die Arbeit des Untersuchungsausschusses haben. Am 18. März will der Ausschuss Beweisanträge beschließen. Es wird erwartet, dass die Abgeordneten vom Rechnungshof die Herausgabe sämtlicher Akten verlangen.
Einige Projektträger wollen nun verhindern, dass interne Dokumente, die sie dem Rechnungshof übergeben haben, ungeschwärzt herausgegeben werden. Vor allem Daten aus den Arbeitsverträgen und Lohnabrechnungen der Mitarbeiter und Honorarkräfte seien vertraulich zu behandeln. Sie enthielten Angaben wie Namen, Wohnadresse, Familienstand und Kontoverbindungsdaten. Diese Daten seien zudem für die Aufklärung nicht nötig, sagte Schäfer-Hock.
„Im Fadenkreuz von Rechtsextremisten“
Die Vereine haben sich in einem Schreiben an den Rechnungshof und an die Datenschutzbeauftragte gewandt und darum gebeten, nur die notwendigen Unterlagen an den Landtag zu übergeben. Denn im Ausschuss erhalten auch die Abgeordneten der AfD sowie deren Mitarbeiter Zugang zu sämtlichen Informationen. Schäfer-Hock: „Wir sind sehr besorgt, dass wir ins Fadenkreuz von Rechtsextremisten gelangen könnten.“
Die Bedenken seien umso größer, nachdem der Rechnungshof seine mangelnde technische Kompetenz und fehlende Sensibilität unter Beweis gestellt habe. Der Ausländerrat als Verein müsse damit klarkommen, dass er indirekt Gegenstand einer parlamentarischen Untersuchung sei. Seine Mitarbeiter hätten aber ein Recht auf Schutz ihres Privatlebens.
Der Geschäftsführer des Kulturbüros Sachsen, Michael Nattke, der zu den Mitunterzeichnern des Schreibens gehört, sagte, Transparenz gegenüber der Aufbaubank und dem Rechnungshof sei für Empfänger von öffentlichen Zuwendungen selbstverständlich. „Wir werden jedes Jahr von verschiedenen Stellen tiefengeprüft.“ Aber die dabei verwendeten Informationen gehörten nicht „in die Hände einer als rechtsextrem eingestuften AfD“.
Befugnisse wie ein Gericht
Sachsens oberste Datenschützerin Juliane Hundert nennt die Sorgen der Projektträger verständlich. Ein Untersuchungsausschuss habe aber Befugnisse wie ein Gericht. Das Recht, Akten zu schwärzen oder gar zu verweigern, sei stark eingeschränkt. „Das würde vor Gericht nicht halten.“
Laut dem Gesetz über Untersuchungsausschüsse in Sachsen sei dies beispielsweise nur möglich, wenn die Sicherheit des Freistaates gefährdet sei. „Ich sehe das Risiko für die betroffenen Personen, aber ich sehe auch das Aufklärungsinteresse des Untersuchungsausschusses.“ Es sei Sache aller Abgeordneten, darauf zu achten, dass durch die Beweisaufnahme keine sachfremde Ausforschung zum Nachteil von Privatpersonen betrieben werde.