Deutliche Ansage vor Asyl-Gipfel: Kretschmer will Obergrenze von 60.000 Flüchtlingen pro Jahr
Der Migrationsdruck auf die EU und Deutschland ist ungebrochen hoch. Am morgigen Mittwoch steht der Asyl-Gipfel zwischen Kanzler und Länderchefs an. Nun meldet sich Michael Kretschmer deutlich zu Wort.
Berlin/Dresden.Am morgigen Mittwoch steht das Bund-Länder-Treffen zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und den Ministerpräsidenten in Sachen Asyl an – doch nun sorgt eine deutliche Ansage von Sachsens Landesvater Michael Kretschmer (CDU) für Aufsehen.
Der Migrationsdruck auf die Bundesrepublik ist nach wie vor hoch: Rund 329.000 Menschen stellten im vergangenen Jahr in Deutschland einen Erstantrag auf Asyl – rund 50 Prozent mehr als noch 2022. Vor dem „Asyl-Gipfel“ von Bund und Ländern ist die Stimmung nicht die beste. Grund: Seit dem letzten Gipfel im November seien wichtige Beschlüsse nicht umgesetzt worden, kritisiert etwa NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).
Wüst wirft Ampel Untätigkeit vor
„In einer großen Kraftanstrengung haben Bund und Länder Anfang November gemeinsam gute Beschlüsse gefasst. Das ist jetzt 17 Wochen her“, so Wüst gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „In 17 Wochen kann man politisch viel bewegen – wenn man denn will. Die Umsetzung vieler wichtiger Beschlüsse scheitert aber an der Untätigkeit dieser Bundesregierung.“
Nicht oder höchstens teilweise umgesetzt worden seien demnach unter anderem die Beschleunigung der Asylverfahren von Menschen mit geringer Anerkennungsquote, die weitere Stärkung der europäischen Grenzagentur Frontex, die Erneuerung des EU-Türkei-Abkommens, Migrationsabkommen mit wichtigen Herkunftsländern sowie die Prüfung von Asylverfahren außerhalb Europas.
Unter dieser Untätigkeit litten Städte, Gemeinden, ehrenamtliche Helfer, überforderte Schulen sowie die Geflüchteten, „die unsere Hilfe brauchen“. Wüst weiter: „Die Bürger und die Kommunen werden zu Recht fragen, was ihre Bundesregierung über den Winter getan hat, um höhere Zugangszahlen und damit die absehbare Überforderung zu vermeiden.“
Kretschmer will nicht mehr als 60.000 Flüchtlinge pro Jahr
In dieser Gemengelage meldete sich nun Michael Kretschmer mit deutlichen Ansagen zu Wort – bei der Bild-Zeitung. Kretschmer will eine klare Obergrenze für die Zahl der Asylbewerber: „50.000 oder 60.000 Flüchtlinge pro Jahr – mehr können das erst mal für die nächsten Jahre nicht sein, weil wir so eine große Integrationsanstrengung haben.“
Diese Obergrenze sei bis 2030 nötig, denn der Bundesrepublik fehlten die Kapazitäten. „Wenn Sie in die Kommunen schauen, wenn Sie sich anschauen, wie viele Integrationskurse gibt es und wie viele Deutschkurse, wie es in den Schulen aussieht – dann müssen wir diese Integrationsanstrengungen erst einmal leisten“, so Kretschmer im Gespräch mit den Bild-Reportern Burkhard Uhlenbroich und Jan W. Schäfer.
Mit seiner Obergrenze liegt Sachsens Landesvater übrigens deutlich unter der von CDU-Chef Friedrich Merz und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder: Die hatten im vergangenen Jahr eine Grenze von 200.000 Asylbewerbern pro Jahr gefordert. Kretschmer prognostiziert fürs laufende Jahr 250.000 bis 300.000 Asylanträge in Deutschland.
Mehr sichere Herkunftsländer und 100 Prozent Abschiebequote
Angesichts des morgigen Asyl-Gipfels fordert Kretschmer gegenüber Bild unter anderem mehr sichere Herkunftsländer und die Wiederbelebung des Türkeiabkommens („Die Türkei muss sich um diese Menschen kümmern. Wir helfen finanziell.“). Die Türkei und die EU hatten 2016 einen Flüchtlingspakt unterzeichnet, in dem Ankara zusagte, gegen irreguläre Migration vorzugehen. Bestandteil der Abmachung war unter anderem, dass die EU Flüchtlinge und Migranten, die illegal über die Türkei auf die griechischen Inseln kommen, zurückschicken konnte.
Zudem besteht Kretschmer auf eine Abschiebequote von 100 Prozent. Für den 48-Jährigen sei jeder abgelehnte Asylbewerber, der nicht abgeschoben werde, „ein Versagen des Staates“ und eine nicht hinzunehmende Niederlage, „weil die Bevölkerung das auch nicht hinnimmt“. Auch will er Herkunftsländern, die Flüchtlinge nicht zurücknehmen, die finanziellen Daumenschrauben anlegen, denn „es kann nicht sein, dass wir Entwicklungshilfe bezahlen in Größenordnungen, aber diese Staaten dann ihre Staatsbürger nicht wieder zurücknehmen“.
AfD-Vorsitzender über Kretschmer: „Hängt Fähnchen nach dem Wind“
Am Dienstagvormittag meldete sich der sächsische AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Urban bezüglich der Kretschmer-Forderungen zu Wort. „In den letzten zehn Jahren wurden in Deutschland 2,9 Millionen Asylanträge gestellt, obwohl wir von sicheren Staaten umgeben sind“, so der Oppositionsführer in einer Pressenotiz seiner Partei. „Diese illegale Masseneinwanderung zerstört unseren Sozialstaat und sie hat in den größeren Städten eine Wohnungsnot ausgelöst.“
Für den AfD-Mann ist Kretschmers Ansatz „ein wenig auf die Bremse zu treten“ falsch, er fordert: „Statt nun die Masseneinwanderung ein wenig zu verlangsamen, müssen wir sie komplett stoppen.“ Im Juni 2023 habe sich der Landesvater für eine Obergrenze von 200.000 Asylbewerbern pro Jahr ausgesprochen. „Er hängt sein Fähnchen also nach dem Wind.“ Urban bezeichnet Kretschmer als „Anhänger der illegalen Masseneinwanderung“. Und unterstellt dem CDU-Politiker: „Sie soll nach seinem Willen nur etwas unscheinbarer vonstattengehen, weil ansonsten der Protest aus den Reihen der Bürger zu groß wird.“