Das ist in Leipzig gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum geplant
In Leipzig wurde es lange erwartet: Ein neues Gesetz soll in sächsischen Großstädten Spekulationen mit Wohn-Immobilien einschränken. Auch die Umnutzung von Wohnraum zu Ferienquartieren wird erschwert.
Es hat lange gedauert, aber nun beschloss der Sächsische Landtag doch noch ein „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Sachsen“ – so der offizielle Titel. Bereits in den Koalitionsverhandlungen vor vier Jahren hatten Bündnis 90/Die Grünen auf eine solche Regelung gedrängt.
„Wohnungen sind keine Hotels. Dort, wo in den Städten teils ganze Häuser nur noch aus durchnummerierten Ferienwohnungen bestehen, können die Kommunen nun eingreifen und gezielt für mehr Wohnraum sorgen“, sagt Thomas Löser, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion. Zudem helfe die Neuregelung gegen Spekulationen am Immobilienmarkt.
Zwölf-Wochen-Frist bei Ferienapartments
Allerdings müssen Städte, die das Zweckenfremdungsverbot nutzen wollen, zunächst einen Mangel an Wohnungen nachweisen und dann noch eine eigenen Satzung mit konkreten Festlegungen für die jeweilige Kommune beschließen, fährt Löser fort. In Betracht komme das zunächst vor allem für Leipzig und Dresden. In Leipzig gebe es nach Schätzungen mehrere Tausend Wohnungen, die derzeit zweckentfremdet sind.
Die neuen Regeln könnten alle Eigentümer betreffen, die eine Wohnung länger als zwölf Wochen pro Jahr als Ferienapartment vermieten – zum Beispiel über Internet-Plattformen wie Airbnb. Auch wer eine intakte Wohnung länger als zwölf Monate leer stehen lässt, braucht dafür künftig eine Genehmigung der Stadt.
Das Leipziger Baudezernat will dazu schnellstmöglich eine eigene Satzung mit Detailregelungen vom Stadtrat beschließen lassen, hatte es schon zuvor mitgeteilt. Für die Umsetzung rechnet das Dezernat mit einem Bedarf von acht bis zehn Vollzeitstellen.
Eigentümer müssen Auskünfte erteilen
Verstöße von Eigentümern dürfte die Kommune dann als Ordnungswidrigkeit behandeln und mit Geldstrafen von bis zu 100.000 Euro belegen. Wer sich nicht an die ebenfalls neue Auskunftspflicht zu dem Thema hält, dem drohen Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro.
Jedoch greift das Verbotsgesetz nicht bei unbewohnbaren Wohnungen und auch nicht bei Gewerbebauten. Deshalb würde es keine Lösung für beispielsweise die Ludwigstraße 71 und andere stillgelegte Häuser bringen, die schon wegen Besetzungsaktionen in die Schlagzeilen gerieten, erläuterte das Baudezernat. Bei ruinierten Bauten müsse die Stadtverwaltung weiter mit Instandsetzungsgeboten arbeiten.
Als Beginn des Leerstehenlassens von Wohnraum gilt laut dem neuen Gesetz grundsätzlich das Ende des letzten Mietverhältnisses, bei Neubauten der Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Betroffen könnte demnach ein mehrfach preisgekrönter Neubau am Lindenauer Hafen mit 56 Wohnungen sein. Dieses wirklich schicke Ensemble steht seit mehr als zwei Jahren leer, weil die Berliner Bauherren-Firma Thamm & Partner lange keinen Käufer zu akzeptablen Konditionen fand.
Übergangszeit von bis zu zwei Jahren
Bei Ferienwohnungen wird eine Übergangszeit festgeschrieben. Das heißt: Wer ein solches Quartier bereits „zweckentfremdet“ nutzt, dies aber innerhalb von drei Monaten nach Beschluss einer kommunalen Satzung im Rathaus meldet, darf die Nutzung insgesamt zwei Jahre fortführen.
Nicht sonderlich euphorisch fielen die Reaktionen im Leipziger Stadtrat aus. Grünen-Fraktionschef Tobias Peter spach von einem überfälligen Schritt. „Seit fünf Jahren diskutieren wir in Leipzig die Zweckentfremdung von Wohnungen durch Ferienwohnungen, Leerstand und Gewerbe. Spekulativer Leerstand muss grundsätzlich unterbunden werden“, meinte er.
Für die Linke-Fraktion verglichen Juliane Nagel und Mathias Weber das Gesetz mit einem Tiger, der oft müde ist und etliche Zahnlücken hat. „Wir hätten uns gewünscht, dass das Gesetz auch die gewerbliche Umnutzung von Wohnraum sowie Verwahrlosung und Abriss reglementiert. Immerhin werden in unserer Stadt jährlich 200 bis 300 Wohnungen als Gewerbe umgenutzt“, schrieben sie in einer gemeinsamen Erklärung. „Wir werden auch im Land weiterhin den Druck erhöhen, damit das Zweckentfremdungsverbot evaluiert und nachgeschärft wird.“
„Ein Zweckentfremdungsverbot ist ein weiterer Baustein, um die starken Steigerungen der Wohnungsmieten abzumildern“, erklärte Anja Feichtinger, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. „Der Stadtrat hatte bereits 2018 auf Antrag unserer Fraktion die Stadt Leipzig beauftragt, die notwendige Datengrundlage für Maßnahmen gegen die Zweckentfremdung von privatem Wohnraum zur Verfügung zu stellen.“ Dem sei die hiesige Verwaltung im Rathaus seinerzeit auch nachgekommen. Die Stadt Leipzig stehe nun in den Startlöchern, um die neuen Mittel anzuwenden.