Leipzigs Stadtplaner zum Bürgerbahnhof Plagwitz: „Das Ergebnis ist offen“
Mehr als 300 Besucher diskutierten in der Grundschule am Grünen Gleis über Pläne für eine Teilbebauung einer versiegelten Fläche neben den Bahngleisen – die große Mehrheit in der Aula lehnte das ab. Doch es waren auch andere Stimmen zu hören.
Leipzig. Eine Annäherung der Positionen zum Bürgerbahnhof Plagwitz war kaum zu erkennen. Doch am Ende der dreistündigen Veranstaltung mit mehr als 300 Besuchern, die eine Lösungssuche einleiten sollte, zog Brigitta Ziegenbein trotzdem ein positives Fazit. Sie habe vor dem Termin schon etwas Angst gehabt, gestand die Leiterin des Stadtplanungsamtes. Doch das sei unbegründet gewesen: „Die Diskussion ist durchweg sachlich verlaufen. Das Ergebnis ist offen.“ Alle Beteiligten hätten in Ruhe darlegen können, was in den vergangenen 15 Jahren auf dem einstmals riesigen Industriegüterbahnhof passiert sei, welche Meinung sie heute vertreten und wie der aktuelle Planungsstand ist.
Besonders wichtig sei der Stadt gewesen, auch einige Falschinformationen aus jüngster Zeit aufklären zu können. So seien die Bürgerprojekte und Grünflächen im Planungsbereich für den Grünen Bahnhof Plagwitz keinesfalls gefährdet, versicherten verschiedene Vertreter des Stadtplanungsamtes. Im Gegenteil habe die Verwaltung den aktuell in Arbeit befindlichen Bebauungsplan (mit der Nummer 380) extra geteilt, um die Bürgerprojekte und Grünflächen im etwas größeren Ostteil des Areals (hinter der Riesenschaukel) zügig und dauerhaft juristisch zu schützen. Hierzu habe sich bei der bisherigen Bürgerbeteiligung ein breiter Konsens offenbart.
Verfahren für den Westteil abgetrennt
Anders verlief die Beteiligung für den Westteil, der direkt neben den Gleistrassen liegt. Dieser Bereich ist fast vollständig versiegelt und teilweise bebaut – auch mit denkmalgeschützten Häusern. Unter den 900 Einwendungen zu einem ersten Planentwurf habe sich die ganz große Mehrheit gegen eine neue Bebauung an der Stelle ausgesprochen. Jedoch seien die alten Häuser nun mal da und man müsse klären, was aus ihnen werden soll, so Stadtplanerin Christina Neddens.
Auch habe die Stadt vor mehr als zehn Jahren Vereinbarungen mit der Deutschen Bahn AG getroffen, laut denen die Bahn dieses 2,3 Hektar große Teilstück als Gewerbeflächen wirtschaftlich verwerten darf, berichteten die Planer. Im Gegenzug habe das Verkehrsunternehmen der Stadt etwa 18 Hektar zum symbolischen Preis von einem Euro überlassen. Dort entstanden seither unter anderem ein Wald, Freiräume, Bürgerprojekte – auch die Schule am Grünen Gleis, in deren Aula, nach dem Beifall, Wortmeldungen und Transparenten zu urteilen, nun ebenfalls eine klare Mehrheit gegen die Bebauung versammelt war.
Maria Kantag von der Initiative „Bürgerbahnhof Plagwitz erhalten“ forderte, dass auch die Flächen im Westteil entsiegelt und begrünt werden. Das folge allein schon aus der besonderen Hitzebelastung in dem Gebiet, die das Amt für Umweltschutz festgestellt habe. Gegen eine neue Bebauung sprachen sich auch Vertreter benachbarter Nutzer am sogenannten Nordkopf oder dem Hildegarten aus. Lindenau und Plagwitz hätten so viele Einwohner dazugewonnen, dass es schon ein Kompromiss sei, wenn das gesamte Areal als Naturraum verbleibe, meinte Tino Supplies vom Umweltbund Ökolöwe. „Eigentlich bräuchten sie mehr Grün.“
50 Prozent Sozialwohnungen versprochen
Stadtplaner Jens-Uwe Boldt verwies indes darauf, dass im Leipziger Westen auch etliche neue Grünflächen entstanden seien. Die letzte Klimaanalyse für das Gebiet stamme von 2017, bilde diese positive Entwicklung vielleicht noch nicht ganz ab. Für den Investor Lewo AG, der die Gewerbeflächen Anfang 2022 von der Bahn gekauft hatte, sagte Vorstand Stephan Praus, man sei in jedem Fall gesprächsbereit. Lewo könne sich auf dem Areal unter anderem Künstlerateliers in den alten Ladeschuppen, ein Café im Wasserturm, nicht störendes Gewerbe und vor allem Wohnungen – dabei 50 Prozent Sozialwohnungen – vorstellen. Wohnungen würden in Leipzig dringend gebraucht.
Dem pflichteten auch viele Besucher im Publikum bei. „Ich finde es eigentlich schön, wenn auf 10 bis 15 Prozent der Gesamtflächen auch Wohnungen und Arbeitsplätze entstehen und die Ruinen saniert werden“, sagte ein Anwohner, der vor 18 Jahren aus Berlin nach Plagwitz gezogen war. Eine Studentin bekam Applaus für ihren Einwurf, man müsse „weg von der Meine-Meine-Haltung kommen, nicht nur an sich denken, sondern auch an die, die dringend eine Sozialwohnung suchen“.
Ab 14. September sollen mindestens vier Workshops stattfinden, in denen jeweils 40 bis 50 Personen über einzelne Themenbereiche zum Bürgerbahnhof Plagwitz diskutieren, kündigte Moderator Fritjof Mothes an. Interessenten dafür fänden alle Informationen auf der Internetseite der Stadt unter Grüner Bahnhof Plagwitz.