Trotz früherer Kontakte in Neonazi-Szene: Rockband „Weimar“ tritt in Limbach-Oberfrohnaer Stadthalle auf
Einige Bandmitglieder wurden schon vom Verfassungsschutz beobachtet. Trotzdem tritt „Weimar“ in Limbach auf. Wie OB Härtig und Stadthallenchef Wolfgang Dorn diese Entscheidung begründen.
73 Minuten dauerte es, dann war das Konzert der Band „Weimar“ am 30. Dezember in der Stadthalle in Limbach-Oberfrohna ausverkauft. So euphorisch die Fans den Vorverkauf stürmten, so schnell kamen Stimmen auf, die den geplanten Auftritt der Band kritisierten, so unter anderem Michael Berger, Landesvorstand der Linken in Sachsen und Kreisvorstand in Zwickau. Der Grund: Die Band, deren vier Mitglieder mit schwarz-weißen Masken auf der Bühne stehen, sieht sich jüngst mit dem Vorwurf konfrontiert, dass unter den Masken Männer stecken, die in der Vergangenheit in der rechtsextremen Musikszene Thüringens aktiv waren. Sollte die Band in der Limbacher Stadthalle, deren Gesellschafter die Stadt ist, auftreten dürfen?
Besuche rechtsradikaler Konzert und Mitgliedschaften in Neonazi-Bands
Mit deutschsprachiger Musik im Bereich Rock, Rap und Metal machte sich „Weimar“ einen Namen. Am 2. Juli 2021 veröffentlichte Weimar auf der Videoplattform „Youtube“ ein Musikvideo namens „Erwartet uns“. Binnen kurzer Zeit wurde das Video 180.000 Mal geklickt. Damit wollte die Band Werbung für ihre erste Single „Bester Feind“ machen – eine Auskopplung ihres Debütalbums „Auf Biegen und Brechen“, das am 20. Mai 2022 bei dem international bekannten Label „Universal“ erschien.
Inzwischen hat die Band bei Youtube knapp 29.000 Abonnenten und über 12.000 Follower bei Facebook. Eine steile Karriere. Bis der „Spiegel“ Anfang Februar einige Bandmitglieder, die unter Pseudonymen auftreten, mit dem Vorwurf in Bedrängnis brachte, dass sie Verbindungen zur Thüringer Neonazi-Szene unterhalten haben sollen.
So soll sich laut „Spiegel“ hinter dem „Weimar“-Sänger mit dem Pseudonym Richard Wegnar in Wahrheit Christian P. verbergen, der seit den 2000er-Jahren von Sicherheitsbehörden beobachtet wird und mit der verbotenen „Blood&Honour“-Bewegung in Verbindung stehen soll.
Konstantin P., in der Band Till Schneider genannt, soll laut dem Magazin bis Ende der 1990er-Jahre Mitglied in der Neonazi-Band „Dragoner“ gewesen sein. Diese Gruppe leugnete in ihren Texten unter anderem den Holocaust. Steffen P., offiziell Bandmitglied Kurt Ronny Fiedler, rückte 2005 in den Fokus des Staatsschutzes, als er ein rechtsextremes Konzert in der Thüringer Gemeinde Andisleben besuchte. Die Berichterstattung des „Spiegel“ sorgte dafür, dass „Universal“ seine Zusammenarbeit mit der Band beendete, den Vertrieb des Albums einstellte und zudem die geplante Tour absagte.
Oberbürgermeister sieht keine rechtsradikalen Inhalte
Anfang des Jahres bestätigten Christian P. und Konstantin P. ihre politisch rechtsmotivierte Vergangenheit. „Diese Vorwürfe sind korrekt. […] Wir möchten nichts relativieren. […] Nicht korrekt ist, dass wir nach wie vor in der rechtsextremen Szene aktiv sind“, heißt es in einem Beitrag auf Facebook.
Zudem distanzierte sich die Band in dem Post in dem sozialen Netzwerk von „Gewalt, Extremismus jedweder Form, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Homophobie“.
Grund genug für den Chef der Stadthalle das Konzert in Limbach-Oberfrohna stattfinden zu lassen.
„Die Bandmitglieder haben sich von ihrer Vergangenheit klar distanziert. Da es aktuell keine rechtlichen Ermittlungen gegen die Bandmitglieder gibt, haben wir uns für das Konzert entschieden“, sagt Wolfgang Dorn.
Zuvor habe er sich mit Oberbürgermeister Gerd Härtig (Freie Wähler) darüber verständigt. „Ich habe mir alle im Internet verfügbaren Liedtexte durchgelesen und konnte keine rechtsradikalen Inhalte erkennen“, sagt Härtig. Um die Wogen zu glätten, habe er Wolfgang Dorn vorgeschlagen, die Politpunkband „Feine Sahne Fischfilet“ in die Stadthalle einzuladen – was auch geschehen sei.
„Als Zeichen, dass wir eben nicht auf einem Auge blind sind“, wie Härtig sagt. Die deutschlandweit bekannte Band, die sich dem linken Spektrum zuordnet, ist im Verfassungsschutzbericht Mecklenburg-Vorpommerns erwähnt. In einem Lied aus dem Jahr 2009 soll es staats- und polizeifeindliche Passagen geben, so der Vorwurf. Eine Antwort der Band zu einem möglichen Auftritt in Limbach-Oberfrohna stehe noch aus.