Bedrohte Freiheit in rechtlicher Grauzone: Zu Besuch auf dem Leipziger Wagenplatz „Karl Helga“
Quelle: LVZ
Die Zukunft des Leipziger Wagenplatzes „Karl Helga“ ist durch Pläne eines Bauriesen in Gefahr. Die Bewohner des alternativen Wohnmodells in Plagwitz hoffen auf Hilfe durch die Stadt. Ein Besuch in bedrohter Idylle.
Ein kurzer Wind bauscht die Wäsche, die zwischen Ahorn und Birke trocknet. Die Seele baumelt im selben Takt wie der hängende Blumentopf. Idylle, Ruhe und Naturbelassenheit prägen das Gelände von „Karl Helga“, einem großen Wagenplatz in Leipzig. Doch seit Kurzem gibt es eine Bedrohung ungeliebter Untermieter: Laut Stadtplanungsamt hat der Eigentümer des Geländes „eine Entwicklungsabsicht für das Areal angemeldet“.
Neben dieser Information, geäußert bei einem Bürgerforum zum Plagwitzer Bahnhof vor zehn Tagen, beunruhigen die 70 Bewohnerinnen und Bewohner, darunter elf Kinder, zwei Ansagen aus dem Rathaus. Man werde das Anliegen des Besitzers prüfen und in die Diskussion gehen. Und: Welchen Weg die Verwaltung zur Causa einschlage, sei offen. Das nährt die Angst vor Verdrängung in der Plagwitzer Klingenstraße 16–18.
„Die Folgen wären fatal“
„Mit der Sorge, dass uns dieser Ort eines Tages genommen werden könnte, leben wir schon lange“, sagt Birte Lampart, die seit neun Jahren hier wohnt. „Aber jetzt droht sie konkret zu werden. Die Folgen wären nicht nur für uns fatal, sondern für den Stadtteil und darüber hinaus.“ Die 38-Jährige meint Außenwirkung und soziale Vernetzung von „Karl Helga“: Regelmäßig stehen Musik, Lesung und Theater auf dem Plan, längst gibt es ein Stammpublikum.
Besiedelt und bewohnt ist das Areal seit 2008. „Anfangs war alles platte Fläche, hier stand kein einziger Baum“, bemerkt Bewohnerin Stefanie Kehr. Längst strotzen die 1,4 Hektar nur so vor Holz und Grün. Ein Biotop, in das die Behausungen wie nach Absprache mit der Natur hineingewachsen sind: Umfunktionierte Zirkus- oder Bauwagen sowie Lkw schmiegen sich in die sattgrüne Flora, aufgemöbelt vor allem durch Upcycling, also aufgearbeitetes Altmaterial.
Zwischen 12 und 15 Plätzen
Die Bevölkerung dieses Mikrokosmos ist so heterogen wie von ganz Leipzig. Leo studiert Informatik, Birte ist Diplom-Dolmetscherin für Russisch und Spanisch, Bio-Informatikerin Stefanie arbeitet in der Forschung, Caro verdient ihr Geld als Musikerin und Veranstalterin. Hier wohnt der Handwerker neben der Doktorin.
Laut Schätzung des Haus- und Wagenrates e. V. Leipzig (HWR) gibt es derzeit 15 Wagenplätze, das Rathaus spricht von zwölf. Zahlreiche liegen zwischen Süden und Westen: in der Fockestraße, im Lauerschen Weg, in der Küchenholzallee oder eben in der Klingenstraße. Das gern bemühte Image als Hochburg dieser besonderen Ansiedlungsform wertet der Verein als überspitzt. „Selbst in deutlich kleineren Städten gibt es ähnlich viele Wagenplätze.“
„Ökologisches und kostengünstiges Wohnen“
Die unkonventionellen Dörfer aus mobilen Fahrzeugen wuchsen zwischen den 1960er- und 90er-Jahren in Westdeutschland aus der Hausbesetzerszene heraus. Laut HWR holt Leipzig diese Entwicklung lediglich nach. Auch im ländlichen Raum seien Wagenplätze ein Thema – letztlich überall, „wo ein ressourcenschonendes, ökologisches und kostengünstiges Wohnen und Bauen Menschen interessiert und es machbare Rahmenbedingungen gibt.“
Die waren in Leipzig im Lauf der 2000er-Jahre besonders gut, nicht zuletzt aufgrund des Zusammenbruchs industrieller Betriebe. „Es gab viele Brachflächen in urbaner Lage, auf denen Wagenplätze niedrigschwellig realisierbar gewesen sind“, so der HWR. Wegen massiver Neubebauung ist das Umsetzen neuer Projekte mit freien Stellplätzen schwieriger geworden.
Baurechtlich liegt das alternative Wohnmodell in einer Grauzone. Deshalb gibt es Spielraum zwischen Verbot, Duldung und Akzeptanz. Lüneburg hat einen Wagenplatz legalisiert, auch das nordhessische Witzenhausen sieht eine Wagenburg im Flächennutzungsplan vor. Die Stadt Leipzig sucht bei Wagenplätzen stets „eine einzelfallbezogene Lösung in enger Abstimmung mit der Ratsversammlung“, heißt es im 2016 formulierten Verwaltungsstandpunkt.
Was treibt jemanden an, die konventionelle Definition von Wohnen gegen eine scheinbar behelfsmäßige Alternative einzutauschen? Weit vorn stehen der Wunsch nach Selbstbestimmung sowie eine Absage an das von Hektik und Stress angekurbelte Wachstum von Konsum, Besitz, Kontostand, Status. Ein Lebensraum als Lebenstraum. Freiheit.
Für ein besseres Klima
Ausgeprägt ist auch der ökologische Gedanke: Wagenplätze sind Gegenentwürfe zur Versiegelung urbaner Flächen, deren Überhitzung ein enormes Problem darstellt. Wind- und Solarenergie helfen dabei, den Stromverbrauch so niedrig wie möglich zu halten. Ein Ort wie „Karl Helga“ garantiert in mehrfacher Hinsicht ein besseres Klima: im Sommer erträglichere Hitze, im Winter effizientes Heizen kleiner Räume durch Holzöfen. Die Biodiversität ist reichhaltig – durch Baumbestand, angelegte Teiche und Totholzhaufen als Lebensraum für zahlreiche Tierarten.
Sehr wesentlich: Solidarität als Grundhaltung. „Wir unterstützen uns gegenseitig und haben keine hierarchischen Strukturen“, erklärt Leo. „Menschen, die woanders beispielsweise wegen einer Neuorientierung der eigenen Identität diskriminiert würden, werden hier selbstverständlich akzeptiert.“ Entscheidungen handelt die Gemeinschaft im wöchentlich stattfindenden Plenum aus. „Das kann auch mal langwierig und anstrengend sein, ist aber gerechter.“
Hoher Lärmpegel durch Partys
Und wie anstrengend sind Wagenburgen für Anwohnende? Aufgrund der Entfernung zu Wohnimmobilien ist die Lage von „Karl Helga“ entspannt. Das Grundstück Fockestraße 80 hingegen, genutzt seit 2002, liegt direkt gegenüber von Reihenhäusern. „Anfangs war es schwierig, wenn durch Veranstaltungen oder Partys der Lärmpegel stieg“, berichtet Heiko Agater, der bis vor drei Jahren in einem Haus der Straße lebte. „Mit der Zeit hat man sich aneinander gewöhnt. Ich habe das respektvolle freundliche Miteinander sehr geschätzt.“
Auch die Leute von „Karl Helga“ mögen die Nachbarschaft und Kommunikation mit jenen, die in konventionellen vier Wänden wohnen. Der Wagenplatz ist ebenso Wohn- wie durch die Veranstaltungen auch Begegnungsort, von dessen Schönheit viele Gäste schwärmen. „Schon allein deshalb ist ,Karl Helga‘ nicht mehr aus dem Stadtteil wegzudenken“, sagt Caro.
Weitere Beispiele für räumungsbedrohte Wagenplätze sind weder der Stadt noch dem HWR bekannt. Das könne an funktionierenden, langfristigen Absprachen mit den Eigentümern liegen, vermutet der Verein. Oder daran, dass manche Wagenplatzgruppen inzwischen selbst im Grundbuch eingetragen sind. Unter anderem trifft das auf die „Scherbelburg“ im Südwesten der Stadt zu, deren Bewohner das Grundstück vor acht Jahren kauften. „Seitdem fühlen wir uns sicher“, sagt ein dort Lebender, der namentlich nicht genannt werden möchte.
Ein Ziel, das das Kollektiv von „Karl Helga“ seit Langem vergeblich verfolgt. Doch die langjährige Vorbesitzerin des Geländes lehnte einen Verkauf ab. Seit 2020 ein Unternehmen des Berliner Bauprojektentwicklers Christoph Gröner als Eigentümer im Grundbuch steht, gab es zwar Kontakt, aber noch kein konkretes Gespräch. Nach der jüngsten Entwicklung, dem Vorstoß der Firma für eine Bebauung, liegt die Hoffnung der Wagenplatz-Gemeinschaft auf einem Veto seitens der Stadt. Die sich aber erst positionieren muss. Jüngster O-Ton von Planungsamtsleiterin Brigitta Ziegenbein: „Im Moment sind wir etwas ratlos.“
„Bebauung müsste vermieden werden“
Baulöwe gegen Maus, so lautet der ungleiche Konflikt. Ohne Chance für den Wagenplatz? Der Verein Haus- und Wagenrat verweist auf die aktuelle „Petition zur Anpassung des Bebauungsplans Nr. 428 und des Flächennutzungsplans der Stadt Leipzig an den Klimanotstand“. Darin wird „Karl Helga“ als schutzwürdige Fläche benannt. „Dessen Bebauung müsste gänzlich vermieden werden, um die Kaltluftversorgung weiterer Teile der Stadt zu erhalten“, heißt es aus dem Verein.
Das Dilemma der Kommune: Sie ist sowohl zum Klimaschutz verdonnert als auch zur Schaffung dringend benötigten Wohnraums. Nun liege es „in den Händen des Stadtrats, inwieweit er die Schutzgüter Klima- und Hitzeresilienz mittels Kaltluftversorgung für die Allgemeinheit höher gewichtet als das Baurecht der jeweiligen Flächeneigentümer“, formuliert es der HWR. Für den Verein wäre es „nachvollziehbar und konsequent“, wenn das Parlament dem Standpunkt von Umweltamt und Naturschutzverbänden folge.
Mit Blick auf den selbstverordneten Klimanotstand Leipzigs und hochgesteckter Klimaziele sei es undenkbar, „Karl Helga“ einer Neubebauung zu opfern, findet Birte Lampart. „Roden, planieren und betonieren ist nicht mehr zeitgemäß, die Antwort auf Überhitzung heißt Entsiegelung von Flächen“, sagt sie und betont: „Wir leben hier Klimaneutralität vor. Damit haben wir längst das erreicht, was die Politik bis 2040 geschafft haben soll.“
10.09.2023
Über 800.000 Euro von Immobilienunternehmer – Lobbycontrol: Entscheidung nach Großspende für CDU „rechtlich unzulässig“
Die Berliner CDU hat in 2020 eine Großspende über 800.000 Euro von einem Immobilienunternehmer erhalten. Die Bundestagsverwaltung hat die Spende geprüft und keinen Verstoß gegen Parteiengesetze festgestellt. Lobbycotrol übt daran scharfe Kritik.
Die Organisation Lobbycontrol hat den Umgang der Bundestagsverwaltung mit einer Großspende von mehr als 800.000 Euro für die Berliner CDU kritisiert und zu dem Vorgang ein neues Gutachten vorgelegt. Darin komme Parteienrechtlerin Sophie Schönberger zu dem Schluss, dass die Spende „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ illegal gewesen sei, teilte die Organisation am Samstag mit, nachdem die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte.
Die für die Überprüfung von Parteispenden zuständige Bundestagsverwaltung hatte indes im Juli nach einer Prüfung der Spende erklärt, dass kein Verstoß gegen das Parteiengesetz vorliege. Eine Stellungnahme der CDU habe den in Medienberichten geäußerten Verdacht ausgeräumt. Insbesondere hätten sich Hinweise auf eine mögliche Erfüllung des Tatbestands einer „Einflussspende“ nicht bestätigt, politische Entscheidungen seien also nicht erkauft worden.
Der Immobilienunternehmer Christoph Gröner und sein Unternehmen hatten der Berliner CDU 2020 die Summe von insgesamt 820.000 Euro überwiesen – also im Jahr vor der Abgeordnetenhauswahl 2021. CDU-Landesvorsitzender war damals wie heute Kai Wegner, der seit April Regierender Bürgermeister ist. Öffentliche Äußerungen Gröners zu der Spende waren so interpretiert worden, dass er dafür eine Gegenleistung erwarte. Wegner und Gröner hatten den Vorwurf der Einflussnahme im Mai zurückgewiesen, nachdem die Vorgänge in Medien thematisiert wurden.
Lobbycontrol erklärte nun, das Vorgehen der Bundestagsverwaltung sei laut Gutachten „rechtlich unzulässig“. „Es ist besorgniserregend, wenn die Bundestagsverwaltung ihre Überprüfung der Großspenden von Herrn Gröner an die Berliner CDU einstellt, obwohl Gröner seine Erwartungen sogar öffentlich formuliert hat.“ Und weiter: „Wir fordern daher die Parteien in Deutschland dazu auf, die Bundestagsverwaltung auf Verhängung einer Sanktion zu verklagen.“
Der Bundestag verteidigte sein Vorgehen. Verboten seien Parteispenden, in deren Folge eine Partei Entscheidungen treffe, die ohne die finanzielle Zuwendung nicht getroffen würden. Das sei im Hinblick auf die Berliner CDU aber nicht der Fall, erklärte die Verwaltung am Samstag auf dpa-Nachfrage. Äußerungen Gröners seien „zwischenzeitlich nachvollziehbar richtiggestellt“ worden.
CDU-Landesgeschäftsführer Dirk Reitze verwies am Samstag auf die Entscheidung der Bundestagsverwaltung im Hinblick auf die Großspende. „Dem ist nichts hinzuzufügen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Jens Rometsch 31.08.2023
CG Elementum feiert Richtfest in Plagwitz – und äußert sich zum Wagenplatz
Mit etwas Verspätung hat die CG Elementum AG in Leipzig-Plagwitz Richtfest für ein besonderes Gebäude mit 105 Wohnungen gefeiert. Erstmals baute sie dort ein Haus mit Fertigteilen, die aus einem neuen Werk in Erfurt stammen. Bei der Zeremonie äußerte sich der Vorstand auch zum Wagenplatz in der Nachbarschaft.
Die Baufirma CG Elementum AG hat am Donnerstag in Leipzig-Plagwitz Richtfest gefeiert – für ihr erstes Gebäude, das aus selbst hergestellten Betonfertigteilen entstanden ist. Das Mehrfamilienhaus in der Limburgerstraße 34-36 soll im kommenden Sommer fertig sein und 105 Wohnungen bieten, sagte Vorstand Ulf Graichen vor den Handwerkern und Gästen. Bei der Gelegenheit ging er auch auf die jüngsten Entwicklungen zum gefährdeten Wagenplatz „Karl Helga“ ein, der sich ganz in der Nähe befindet.
Graichen bestätigte, dass die CG Elementum AG eine Bauvoranfrage für das Wagenplatz-Areal im Rathaus eingereicht hat. Dies gab das Stadtplanungsamt bei einem Bürgerforum in dieser Woche bekannt. „Wir hatten die Bewohnerinnen und Bewohner auf dem Platz schon vorab informiert und mit ihnen gesprochen. Wir werden nichts gegen die Nutzungen vor Ort tun, sondern weiter das Gespräch suchen“, sagte Graichen nun.
Weiterer Neubau am Parkplatz vom Rewe-Markt
Allerdings wolle die Firmengruppe des Bauunternehmers Christoph Gröner als Eigentümerin auch ausloten, welche Entwicklungsperspektiven für den 1,4 Hektar großen Wagenplatz grundsätzlich möglich wären. Die Idee eines Flächentauschs habe der Betreiberverein Karl Helga bereits abgelehnt. Dennoch gebe es langfristig eventuell andere Entwicklungsperspektiven. Kurzfristig ändere sich vor Ort sicherlich nichts.
Außerdem kündigte Graichen an, dass voraussichtlich noch in diesem Jahr ein weiterer Baustart in Plagwitz erfolgen soll. Und zwar genau gegenüber von dem Richtfest-Gebäude: In Richtung Parkplatz des Rewe-Marktes an der Zschocherschen Straße komme bald ein Geschäftshaus mit Gewerbeflächen hinzu. Der Hof zwischen den beiden Neubauten werde begrünt und erhalte einen Spielplatz.
Das sechsgeschossige Wohnhaus, das nun im Rohbau steht, ist das erste Gebäudeensemble, welches von der CG Elementum AG mit Teilen aus einem neuen Betonfertigteilwerk in Erfurt errichtet wurde. Am Bau dieses Werks waren Gröners Gesellschaften maßgeblich beteiligt. Nach einer Umfirmierung 2020 verkaufte Gröner seine Werksanteile jedoch an den Schweizer Branchenkollegen Norbert Ketterer. „Das Werk in Thüringen hat eine Kapazität von über 4000 Wohnungen pro Jahr“, sagte Graichen dazu. Durch die Umfirmierung hätten sich Gröners Firmen stärker auf Gewerbeobjekte verlegt. „Daher passte das Werk besser zu Herrn Ketterer.“
Betonfertigteilwerk im Leipziger Süden geplant
Beim Einsatz der in Erfurt hergestellten Teile, die bis zu sieben Meter lang und zwölf Tonnen schwer sind, habe die CG Elementum AG dennoch viel gelernt. Der Bau des Pilotprojekts in Plagwitz habe wegen anfänglicher technischer Probleme deutlich länger gedauert – ursprünglich sollte Ende 2022 alles fertig sein. Doch das sei in einer Lernphase nichts Ungewöhnliches, so Graichen. „Nun steht das Haus und wir sind von den Vorteilen der modularen Fertigung am Bau so überzeugt, dass die Gröner Group inzwischen den Bau von zwei neuen, eigenen Werken plant.“ Sie sollen in Nordrhein-Westfalen und in Thierbach im Landkreis Leipzig entstehen. Die Kapazität werde kleiner ausgelegt als in Erfurt, dafür erlaubten die künftigen Werke einen dreimal so hohen Vorfertigungsgrad.
Das serielle Bauen spare eigentlich viel Zeit (bis zu 50 Prozent auf der Baustelle) und Ressourcen (Wandelemente aus der Fabrik sind oft nur 15 Zentimeter dick, konventionelle Wände 24 Zentimeter). Vor allem schone es die Umwelt, erläuterte der Vorstand. Trotzdem würden die künftigen Bewohner in der Limburgerstraße kaum einen Unterschied bemerken und viele Annehmlichkeiten vorfinden.
Die Zwei- bis Vier-Raum-Wohnungen seien durchweg mit großen Balkonen oder Loggien ausgestattet, mit Fußbodenheizung, bodentiefen Duschen, zum Teil Einbauküchen und barrierefrei. Im Dachgeschoss bekämen sie Kühlgeräte. Die Architektur habe das Leipziger Büro Homuth+Trappe an die historischen Häuser der Umgebung angelehnt. Alle vier Eingänge erhalten Fahrstühle und befinden sich an der Limburgerstraße – wie auch die Zufahrt zur Tiefgarage mit 79 Auto- und 113 Fahrradstellplätzen. An der Miethöhe werde noch gerechnet, sagte Graichen. „Sinn der Vorfertigung ist aber gerade auch, dass die Mieten bezahlbar bleiben.“
Jens Rometsch 30.08.2023
Fortbestand gefährdet: Stadt prüft Verfahren zum Plagwitzer Wagenplatz „Karl Helga“
Der private Eigentümer des mit viel Grün versehenen Geländes hat im Rathaus eine Entwicklungsabsicht angekündigt. Das gefährdet die Zukunft des Wagenplatzes „Karl Helga“, der zu den größten Anlagen dieser Art in Leipzig gehört. Die Stadtverwaltung ist momentan „ratlos“.
Der Fortbestand des Plagwitzer Wagenplatzes „Karl Helga“ ist gefährdet. Der Eigentümer des 1,4 Hektar großen Geländes an der Klingenstraße habe „eine Entwicklungsabsicht für das Areal angemeldet“, teilte das Leipziger Stadtplanungsamt bei einem Bürgerforum am Dienstagabend mit. „Wir werden dieses Anliegen prüfen und dazu sehr wahrscheinlich auch in die Diskussion gehen müssen – und wollen“,erklärte Jens-Uwe Boldt, Leiter der städtischen Planungsabteilung Süd/West.
Welchen Weg die Verwaltung bei dem Thema einschlage, sei noch offen, versicherte Amtsleiterin Brigitta Ziegenbein. „Im Moment sind wir dazu selber etwas ratlos.“ Die Verwaltung könne das Anliegen des Grundstückseigentümers nicht ignorieren, sondern müsse nach Recht und Gesetz handeln, betonte sie. Der Wagenplatz existiert seit 15 Jahren und gehört zu den größten Anlagen dieser Art in Leipzig. Er liegt zwar ganz in der Nähe, aber nicht mehr im Geltungsbereich der Bebauungspläne für den Bürgerbahnhof Plagwitz, um die es bei dem Forum ging.
Bauunternehmer Gröner erwarb Areal 2020
Der Umweltbund BUND warnte bereits vor Bauplänen für den Wagenplatz. Das Gelände sei entsiegelt und biete etlichen geschützten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum. „Neben einer großen Zahl an Bäumen gibt es Totholzhaufen, Wildblumen, Bienen und Hochbeete. In das üppige Grün eingebettet stehen rund 60 Wagen, darunter einige liebevoll sanierte alte Zirkuswagen, in denen die rund 70 Bewohnerinnen, darunter elf Kinder, selbstverwaltet leben.“ Aus ökologischer Sicht sei der Platz mit einer Gartensparte vergleichbar – nur dass die Häuschen hier Räder haben und die Nutzer besonders umweltschonend lebten.
Im hitzebelasteten Leipziger Westen leiste „Karl Helga“ einen wichtigen Beitrag für das Mikroklima, erklärte der BUND. Er appellierte an die Stadt, das Gelände vor Bebauung oder Spekulation zu schützen und den dortigen Bewohnerinnen den Erwerb zu ermöglichen. Das hatten sie schon lange Zeit ohne Erfolg versucht. 2020 verkaufte der Eigentümer das Gelände schließlich an ein Unternehmen des Berliner Bauprojektentwicklers Christoph Gröner.