Viele Straftaten“: Rechtsrock-Konzerte in Staupitz von Gericht untersagt

Hintergrund 14 Jahre von Behörden geduldet – RechtsRock im «Alten Gasthof» in Staupitz: https://exif-recherche.org/?p=10702


Nach jahrelangen Rechtsrock-Konzerten in Staupitz könnte damit nun endgültig Schluss sein: Das Verwaltungsgericht gab dem Landkreis in einem Eilverfahren weitgehend Recht.

Aufgrund einer „Vielzahl von Straftaten“ hat das Verwaltungsgericht Leipzig in einem Eilverfahren entschieden, dass in der Staupitzer Gaststätte keine Musikveranstaltungen mehr stattfinden können. Dies bedeutet ein Verbot für alle weiteren Rechtsrock-Konzerte in dem Lokal, einschließlich der offenbar für diesen Samstagabend geplanten Veranstaltung.

Der kleine Torgauer Ortsteil Staupitz gilt als Pilgerstätte für Neonazis. 15 Jahre lang fanden in dem 300-Seelen-Dorf mindestens 112 Konzerte statt. Doch damit ist jetzt Schluss. Das Landratsamt Nordsachsen hat sich vor Gericht gegen den Betreiber es „Alten Gasthof“ Staupitz durchgesetzt – dort wird es vermutlich keine Rechtsrock-Konzerte mehr geben.

Wie berichtet, hatte das Landratsamt Nordsachsen dem Betreiber die Gewerbegenehmigung entzogen. Dagegen war er in Widerspruch gegangen. Das Verwaltungsgericht entschied, dass das Verbot des Gaststättenbetriebs rechtmäßig erfolgte. Dies teilte die Pressesprecherin des VG, Birgid Holthaus, auf Anfrage der LVZ mit.

In der Begründung heißt es, dass es in der Vergangenheit zu zahlreichen Straftaten während der Rechtsrock-Konzerte gekommen sei. So hatte der Verfassungsschutz den Kreis darüber informiert, dass während der Veranstaltungen Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gezeigt wurden. Zudem hätten sowohl Musiker als auch Konzertbesucher sich der Volksverhetzung schuldig gemacht. Das Gericht sah somit eine „Gefährdungen des demokratischen Rechtsstaates“ und „Straftaten gegen die öffentliche Ordnung“ als gegeben an.

Betreiber ist „unzuverlässig“

Das Landratsamt hatte dem Betreiber Anfang Februar diesen Jahres das Gewerbe „Gaststätte mit Tanzveranstaltungen“ untersagt. Außerdem hatte es ihm jedes weitere Gewerbe verboten und die sofortige Vollziehung der Untersagung angeordnet. Das Landratsamt begründete dies damit, dass der Betreiber unzuverlässig sei, da er Straftaten geduldet habe. Die Zuverlässigkeit ist eine Voraussetzung dafür, ein Gewerbe betreiben zu dürfen.

Der Betreiber hatte gegen die Untersagung Widerspruch eingelegt. Er bestritt die zur Last gelegten Straftaten und führte aus, dass er davon jedenfalls „keine Kenntnis“ gehabt habe. Erkenntnisse des Verfassungsschutzes dürften nicht gegen ihn verwandt werden. Zudem argumentierte er, dass er das Landratsamt vereinbarungsgemäß vorab über jedes Konzert informiert habe. Künftig werde er seine Gäste auf die Hausordnung hinweisen.

„Verstöße hinreichend nachgewiesen“

Das Verwaltungsgericht konnte er damit offenbar nicht überzeugen. „Die begangenen Verstöße sind hinreichend nachgewiesen“, hob das Gericht in seinem Urteil hervor. Es betont, dass von einem zuverlässigen Gewerbetreibenden zu erwarten gewesen wäre, dass er die Begehung von Straftaten unterbindet. Da er dies über viele Jahre nicht getan habe, sei nicht damit zu rechnen, dass er künftig anders agiere. Auch den Verweis auf die „Unkenntnis“ ließ das Gericht nicht gelten, denn in dem Fall hätte er seine Aufsichtspflicht verletzt.

Nur in einem Punkt konnte der Betreiber das Gericht überzeugen: Es lehnte die Untersagung jeglichen Gewerbes, die das Landratsamt ausgesprochen hatte, ab. Begründend heißt es, dass aus der Unzuverlässigkeit als Gaststättenbetreiber nicht darauf zu schließen sei, dass der Betreiber auch für andere Gewerbe ungeeignet sei.

Polizei am Samstag im Einsatz

Wie geht es nun weiter? Da es sich um ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren handelt, könnte der Betreiber Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Bautzen einlegen. Zudem könnte er mit einer Klage ein Hauptsacheverfahren anstrengen. Holthaus teilte mit, dass dies zumindest bis Freitagmittag nicht der Fall gewesen ist.

Offen ist auch, ob sich der Betreiber der Gaststätte an die Untersagung hält. Für Samstagabend hat er offenbar ein Konzert im „Alten Gasthof“ Staupitz angemeldet. Hierzu wollte sich das Landratsamt nicht äußern. Die Polizeidirektion Leipzig bestätigte aber gegenüber der LVZ, dass man diesbezüglich einen Polizeieinsatz durchführen werde.

An Auflagen gehalten

Nach 14 Jahren tragen der Strategiewechsel und eingeschlagene Konfrontationskurs somit Früchte. Bislang hatte man seitens der Stadtverwaltung Torgau und des Kreises offenbar keine Möglichkeit gesehen, die Neonazi-Konzerte zu unterbinden. Es gab aber Auflagen: Maximal zehn Konzerte im Jahr mit nicht mehr als 230 Personen waren bislang gestattet. Daran hielt sich der Betreiber vermutlich. Die Namen der auftretenden Bands und Songtexte wurden den Behörden übermittelt. „Der Betreiber arbeitete über das Maß mit den Behörden konstruktiv zusammen“, hieß es aus dem Ordnungsamt der Stadt.

Erfolgreicher Strategiewechsel

Unterstützung kam schließlich vom Freistaat. Die Landesregierung hat sich auf ein „Gesamtkonzept Rechtsextremismus“ geeinigt. Für die Beratung von Landkreisen und Kommunen ist ein Experten-Netzwerk zuständig. Verantwortlich ist das Innenministerium, die eigentliche Arbeit liegt aber bei der Landesdirektion. Zusammen erhöhte man den Druck und fand schließlich einen gewerberechtlichen Weg, die Konzerte zu stoppen.