Falsche Identitäten – Kampf gegen Extremisten: Sachsens Verfassungsschutz nutzt Fake Accounts
Das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz arbeitet im Internet mit falschen Profilen in den sozialen Netzwerken. Dabei ist der Einsatz der Fake Accounts umstritten.
Der sächsische Verfassungsschutz nutzt nach LVZ-Informationen sogenannte Fake Accounts in den sozialen Netzwerken, um Extremisten auszuspähen. Dadurch erhofft sich der Inlandsgeheimdienst Erkenntnisse unter anderem über deren Umtriebe im Internet. Er bewegt sich damit allerdings in einer rechtlichen Grauzone.
Der Verfassungsschutz darf zwar Informationen sammeln und auswerten. Dafür können nach Meinung von Experten auch prinzipiell Fake Accounts zur Anwendung kommen. Rechtlich schwierig könnte es bei Twitter und Facebook oder beim Nachrichtendienst Telegram werden, wenn der Verfassungsschutz sich aktiv an Online-Diskussionen beteiligt. Die Frage ist konkret, ob es juristisch gedeckt ist, falls die virtuellen Agenten über ihre digitalen Profile Handlungen anregen oder dazu ermuntern.
Bundesamt sieht Fake Accounts durch Gesetz gedeckt
Der sächsische Verfassungsschutz nahm auf Nachfrage keine Stellung zur Nutzung von Fake Accounts. Das Landesamt äußere sich „grundsätzlich nicht zu seiner nachrichtendienstlichen Arbeitsweise“, teilte eine Sprecherin mit.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte im vergangenen November die generelle Arbeit mit Fake Accounts nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung bestätigt. Das Bundesamt sieht den Einsatz durch das Verfassungsschutzgesetz gedeckt. Dort ist geregelt, dass der Geheimdienst „Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung“ anwenden darf.
AfD kritisiert Einsatz von falschen Profilen
Das sächsische Landesamt wird der geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollkommission des Landtags, die die Arbeit des Landesamtes überwacht, „auf Verlangen weitergehende Auskunft“ zu den Fake Accounts erteilen: Das betonte Innenminister Armin Schuster (CDU) in einer Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter (AfD).
Hütter, der Mitglied der sechsköpfigen Kommission ist, hält es für „illegitim“, dass die Verfassungsschutzbehörden falsche Profile nutzen. „Andersdenkende auszuspionieren, ist stets problematisch und kollidiert mitunter mit den freiheitlichen Grundsätzen der Demokratie“, sagte er. „Und wenn dann auch noch die virtuellen Agenten extremistische oder sogar strafbare Äußerungen verbreiten, um andere zu ähnlichen Straftaten anzustiften, ist definitiv eine rote Linie überschritten.“
Ausmaß der Fake Accounts nicht bekannt
Wie viele Fake Accounts der sächsische Verfassungsschutz betreibt, ist nicht bekannt. Die bisherige Arbeit der Behörde legt aber nahe, dass vor allem Rechtsextremisten damit ins Visier genommen werden. „Der Rechtsextremismus ist und bleibt die größte Herausforderung für unsere Demokratie und damit auch der wichtigste Arbeitsschwerpunkt des sächsischen Verfassungsschutzes“, hatte Verfassungsschutzchef Dirk-Martin Christian im Herbst gesagt.
Die Sächsische Datenschutzbeauftragte Juliane Hundert kündigte auf LVZ-Anfrage an, sich mit dem Thema Fake Accounts zu befassen: „Wir werden die Rechtmäßigkeit der Datenerhebung auf diesem Weg prüfen und auf das Landesamt für Verfassungsschutz zugehen.“