Ausschreitungen in Budapest – Polizei sucht nach Moritz S. : Leipziger mutmaßlich an Gewaltserie gegen Neonazis beteiligt

Die ungarische Polizei ermittelt nach Ausschreitungen am Rande rechtsextremer Demonstrationen in Budapest gegen mehrere mutmaßlich linksextreme Gewalttäter. Die Beamten fahnden unter anderem nach einem 20-jährigen Leipziger.

In Ungarn ermittelt die Polizei nach einer Gewaltserie am Rande von rechtsextremen Demonstrationen in Budapest gegen mehrere Verdächtige. Im Fokus der Ermittlungen stehen auch Menschen aus Deutschland, die aus linksextremen Kreisen stammen sollen. Nach LVZ-Informationen sollen an den Attacken der vergangenen Woche auch mehrere Personen aus Sachsen beteiligt gewesen sein. Die ungarische Polizei fahndet derzeit unter anderem nach dem 20-jährigen Leipziger Moritz S..

Mehrere Verdächtige können mutmaßlich dem Umfeld von Lina E. zugeordnet werden. Die Studentin aus Leipzig muss sich derzeit wegen mutmaßlicher Attacken auf Rechtsextreme in Sachsen und Thüringen vor dem Oberlandesgericht in Dresden verantworten.

Leipziger mutmaßlich an Attacke gegen Neonazis beteiligt

Bei den Attacken in Budapest waren den Angaben nach acht Menschen verletzt worden, drei von ihnen schwer. Die Täter prügelten der ungarischen Polizei zufolge unter anderem mit Schlagstöcken und Hämmern auf ihre Opfer ein. Die Angreifer sollen ihre Opfer hauptsächlich nach optischen Gesichtspunkten ausgesucht haben – etwa, weil sie Kleidung im Militärstil trugen.

Hintergrund der Demonstrationen in der ungarischen Hauptstadt war der vom 10. bis 12. Februar stattfindende „Tag der Ehre“. Das Treffen dient der rechten Szene zur Vernetzung und zur Verbreitung rechtsextremistischen Gedankengutes.


Von Julius Geiler Tagesspiegel

Brutale Angriffe in Budapest : Deutsche Linksextremisten in Ungarn festgenommen

Tausende Neonazis zog der rechtsextreme „Tag der Ehre“ in Budapest an. Am Rande kam es zu mehreren Attacken. Die mutmaßlichen Täter: linksradikal und deutsch.

Der sogenannte „Tag der Ehre“ gilt als einer der wichtigsten Vernetzungstreffen europäischer Neonazis. Jedes Jahr gedenken tausende Teilnehmer der deutschen Wehrmacht, der Waffen-SS und ihrer ungarischen Kollaborateure, die im Jahr 1945 versuchten, aus einem Kessel der Roten Armee rund um Budapest auszubrechen.

Seit Jahren zieht das faschistische Gedenken gleichzeitig immer mehr Gegendemonstranten aus der linken Szene an, die gegen die verschiedenen rechtsextremen Veranstaltungen protestieren. Im Laufe des Wochenendes ist es dabei zu mehreren brutalen Attacken auf Menschen gekommen, die offenbar von den mutmaßlich linksextremen Tätern für Teilnehmer des „Tags der Ehre“ gehalten wurden.

Wie die ungarische Polizei in einer Pressekonferenz am Montagmittag mitteilte, soll sich der erste Angriff bereits am vergangenen Donnerstag ereignet haben. Zwei weitere Attacken registrierte die Polizei am Freitag, eine vierte am Sonnabend. Wenig später wurde ein 29-jähriger Deutscher, eine 26-jährige Deutsche und eine 38-jährige Italienerin festgenommen. Als weitere mutmaßliche Täterin verhaftete die Polizei eine 42-jährige Ungarin. Nach Angaben der lokalen Behörden, sollen alle Festgenommen der linksradikalen Szene zuzuordnen sein.

Die „BILD“-Zeitung berichtet, dass sich unter den mutmaßlichen Angreifern weitere Deutsche befinden sollen, die aus den Bundesländern Sachsen, Niedersachsen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein stammen sollen.

Die Attacken sollen alle nach einem ähnlichen Muster verlaufen sein. Zunächst sei die Gruppe von hinten an ihre Opfer herangetreten, um sie dann mit Waffen wie einem Totschläger körperlich anzugreifen. Insgesamt seien acht Personen geschlagen worden, von denen drei schwer – und fünf leicht verletzt wurden. Die Opfer der Angriffe verband offenbar, dass diese Kleidung oder Stiefel im Militärstil trugen.

Für Teilnehmer des „Tags der Ehre“ nicht ungewöhnlich, hunderte Rechtsextremisten treten bei der Veranstaltung regelmäßig in alten SS- und Wehrmachtsuniformen aus und wandern dutzende Kilometer durch das Umland der ungarischen Hauptstadt, um der Ereignisse von 1945 zu gedenken.

Angriff mit Fäusten, Schlagwerkzeugen und Pfefferspray

Teilweise existiert Videomaterial der Angriffe. Auf den veröffentlichten Aufnahmen einer Überwachungskamera ist zu sehen, wie ein Mann im Stadtteil Gazdagrét an einer Haltestelle von acht Vermummten mit Schlagwerkzeugen und Fäusten geschlagen wird, bis das Opfer zu Boden geht. Auch hier lassen die Angreifer nicht von dem Mann ab und sprühen ihm Pfefferspray direkt ins Gesicht.

Bei einem weiteren Opfer soll es sich nach Angaben des ungarischen Portals „pestisracok“ um einen bekannten ungarischen Rechtsrocker handeln. Die vier identifizierten Angreifer befinden sich in Untersuchungshaft.

Der deutsche Verein „democ – Zentrum demokratischer Widerspruch“, der regelmäßig von extrem rechten Veranstaltungen berichtet, veröffentlichte auf seinen Plattform eine Videozusammenfassung des diesjährigen „Tags der Ehre“. Nach Angaben der Experten war das rechtsextreme Ereignis zwar eigentlich verboten, fand aber dennoch ohne Polizei in einem abgelegenen Waldstück statt.

Dabei soll es zu mehreren Angriffen auf Pressevertreter gekommen sein, zwei Journalisten wurden unter anderem am Kopf verletzt. Außerdem sei es immer wieder zu Hitlergrüßen gekommen, berichtet „democ“. Am Abend sollen Rechtsextremisten durch die Stadt gestreift sein, um Gegendemonstranten anzugreifen.

Die Art der Attacken durch die mutmaßlichen Linksextremisten aus Deutschland erinnert an mehrere brutale Angriffe auf Akteure der rechtsextremen Szene in Thüringen und Sachsen in den vergangenen Jahren. Zuletzt waren im Januar zwei Rechtsextremisten von mehreren Personen in Erfurt geschlagen und getreten worden. Die Ermittler gehen von einer politisch motivierten Straftat aus.