Kritik an Polizei und Staat: Umstrittene Rede bei „Leipzig leuchtet“ hat ein Nachspiel
Die Demonstration „Leipzig leuchtet – Für Demokratie und Menschenrechte“ am 30. Januar hat ein Nachspiel. Die Antifaschismus-Beauftragte des Studierenden-Rats hatte bei der Kundgebung Polizeieinsätze kritisiert und behauptet, der Staat vertrete nur Interessen von Großkonzernen. Dafür erntete sie Kritik. Der StuRa fühlt sich aber zu Unrecht angegriffen.
Leipzig. Zwei Wochen nach der Demonstration unter dem Motto „Leipzig leuchtet – Für Demokratie und Menschenrechte“ gerät die Veranstaltung erneut in den Fokus der Aufmerksamkeit: wegen eines Streits um die Rede eines Mitglieds des Studierenden-Rats (StuRa) auf dem Markt. Für ihre harschen Formulierungen gegen Staat und Polizei war die Antifaschismus-Beauftragte kritisiert worden. Jetzt schlägt die Studierenden-Vertretung öffentlich zurück.
Der StuRa sieht sich „mit persönlichen Vorwürfen konfrontiert, die weder berechtigt noch angemessen sind, sondern vielmehr gegen unser Verständnis von Demokratie, Offenheit, Vielfalt und Solidarität verstoßen“, heißt es aus dem Referat für Öffentlichkeitsarbeit des StuRa. Man sehe sich zu Unrecht kritisiert und „unter Druck gesetzt“.
Die Rede war damals von „sogenannten Sicherheitsbehörden“
Laura Borges de Sousa hatte bei der Demo am 30. Januar auf der kleinen Bühne auf dem Markt erst über den Kampf gegen Faschismus gesprochen, dann schwenkte sie auf die Proteste gegen den Kohleabbau in Lützerath um. Dort „hat der Staat uns wieder gezeigt, auf welcher Seite er steht. Während Antifaschistinnen, Klimaaktivistinnen und andere organisierte Gruppen in Lützerath Widerstand leisten, vertreten und verteidigen der Staat und seine sogenannten Sicherheitsbehörden nur die Interessen der Großkonzerne“, sagte sie und kam später zu dem Schluss: „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich nicht auf den Staat verlassen.“
Zu denen, die die Formulierungen problematisch finden, gehört Polizeiseelsorgerin Barbara Zeitler. Sie schrieb an die Antifaschismus-Beauftragte mit der Frage, was das Ziel diese Worte gewesen sei. „Ich möchte Ihnen rückmelden, dass mindestens für mich Antifaschismus, Demokratie und Menschenrechte nicht identisch sind mit einer grundsätzlichen Ablehnung von Polizeiarbeit in unserem Land. Und etwa so kam Ihr Redebeitrag bei mir an.“ Zeitler lud de Sousa zu einem Treffen ein, denn: „Kritik braucht einen Resonanzraum, in dem sie wirken kann.“
StuRa lehnt Einladung von Polizeiseelsorgerin zum Gespräch ab
Die StuRa-Mitarbeiterin antwortete, sie sehe es als ihre Aufgabe an, „bei einer Veranstaltung über Demokratie und Menschenrechte über die Polizei zu reden, da diese eine wesentliche Machtrolle in unserer Gesellschaft“ habe. Zeitlers Einladung lehnte der StuRa ohne Begründung ab. Das wiederum rief Demo-Organisator Christian Wolff, ehemals Thomaskirchen-Pfarrer, auf den Plan. „Ich bin sehr an einem Diskurs über die aufgeworfenen Fragen interessiert“, schreibt er, „darum empfinde ich es als äußerst bedauerlich und für mich nur schwer nachvollziehbar, dass Sie das Gespräch ablehnen. Ein offener Meinungsaustausch ist doch die Grundvoraussetzung dafür, sich gegenseitig besser zu verstehen.“
Die Ausübung eines politischen Mandats im StuRa „legt doch nahe, sich der streitigen politischen Auseinandersetzung innerhalb der Gesellschaft zu stellen“ so Wolff weiter, „insbesondere dann, wenn Sie so überzeugt sind von der Richtigkeit dessen, was die Antifaschismus-Referentin auf dem Marktplatz gesagt hat.“
Pfarrer Haaks ist sauer über die Kritik an der Polizei auf der Demo
Offenkundig sauer ist Pfarrer Enno Haaks vom Gustav-Adolf-Werk. „Am Montag bin ich für Demokratie und Menschenrechte auf die Straße gegangen – und nicht, damit unsere Polizei verunglimpft wird“, so seine Kritik. Und demokratiefördernd sei das Ausschlagen eines Gesprächsangebots nicht. In einer Nachricht an alle drei Kritiker schreibt der StuRa: „Wir möchten betonen, wie schockiert wir sind, auf welche Art und Weise Sie versuchen, mit uns in einen konstruktiven ,Dialog’ zu kommen.“
Am Montag macht die Studierenden-Vertretung den Vorgang öffentlich und zitiert in ihrer Stellungnahme aus dem E-Mail-Wechsel. Zeitlers Fragen nach dem Ziel der Kritik an der Polizei findet der StuRa „unsachlich und daher unangemessen“. Der Einladung zum Gespräch sei man nicht gefolgt, „da wir unsere Kritikpunkte am System missverstanden sehen und es nicht unsere Aufgabe ist, diese aufzuarbeiten“. Mit einer Verunglimpfung der Polizei habe de Sousas Rede nichts gemein.
Kritik an der Kritik nach Vorwürfen gegen Antifaschismus-Beauftragte
„Was wir jedoch kritisieren und klar verurteilen, ist das nachträgliche Verhalten der Veranstalter*innen“, so das Referat für Öffentlichkeitsarbeit. Die Antifaschismus-Beauftragte sei mit Kritik konfrontiert worden, „die neben offensichtlichem inhaltlichem Unverständnis auch mit Äußerungen gespickt ist, die unsere Beauftragte auf persönlicher Ebene angreifen“.
Polizeiseelsorgerin Barbara Zeitler ist über die Form der Kommunikation seitens des StuRa nicht glücklich, fasst den Vorgang aber in salomonische Worte: „Kommunikation ist eine Kunst. Manchmal sind die (Zwischen-)Ergebnisse überraschend – und menschlich.“
Mark Daniel 14.02.2023 Kommentar
Nach der Kritik an Rede bei „Leipzig leuchtet“: Der StuRa reagiert unsouverän
Mit der Kritik an der Rede eines StuRa-Mitglieds auf der Demo „Leipzig leuchtet“ geht die Studierenden-Vertretung der Uni Leipzig eigenwillig um. Man sei „geschockt“, heißt es, und lehnt ein Gesprächsangebot ab. Mit Selbstreflexion und Souveränität hat solch ein Verhalten nichts zu tun, findet LVZ-Redateur Mark Daniel.
Der Anlass war: ein klares Zeichen setzen. Am 30. Januar erinnerte die Demonstration „Leipzig leuchtet“ an Hitlers Machtergreifung vor 90 Jahren und die Notwendigkeit, sich für Demokratie und gegen Rassismus einzusetzen. In diesem Kontext sorgte die Kritik der StuRa-Beauftragten am „Staat und seinen sogenannten Sicherheitsbehörden als Helfer von Großunternehmen“ mit Bezug auf die Vorfälle in Lützerath für ein Störgefühl.
Fass mit dem Thema Polizeigewalt gehört nicht zu diesem Tag geöffnet
Um das klar zu sagen: Das Verhalten mancher Polizeikräfte gerade bei Protesten und Demos ist oft unangemessen und problematisch. Doch dieses Fass gehört nicht an einem Tag geöffnet, an dem Schulterschluss, Solidarität und Toleranz zählen. Dass der Studierenden-Rat (StuRa) im Nachhinein betont, es habe keine Verunglimpfung der Polizei gegeben, ist nicht einmal der schwächste Punkt in der öffentlichen Stellungnahme.
Es ist der erstaunliche Mangel an Bereitschaft zu Selbstreflexion und Offenheit. Wer sich öffentlich vor mehreren Tausend Menschen drastisch äußert, muss mit kritischem Echo rechnen und bereit sein, mit ihm umzugehen. Stattdessen lehnt der StuRa eine Einladung zum Gespräch ab, „da wir unsere Kritikpunkte am System missverstanden sehen und es nicht unsere Aufgabe ist, diese aufzuarbeiten“.
Zeilen, aus denen fehlende Souveränität und purer Trotz sprechen
Zeilen, aus denen fehlende Souveränität und purer Trotz sprechen, übersetzbar mit der Botschaft: „Wir müssen nicht reden, weil wir Recht haben.“ Und das im Zusammenhang mit einer zu verteidigenden Demokratie, zu deren Selbstverständnis der Austausch von Argumenten gehört. Das hat der StuRa überhaupt nicht gut gemacht.
Mark Daniel 31.01.2023
Kundgebung am Montag – Nach der Demo „Leipzig leuchtet“: Positives Fazit mit Einschränkungen – Kritik von außen
Zur Kundgebung und Aktion „Leipzig leuchtet – für Demokratie und Menschenrechte“ kamen am Montag weniger Leute als erhofft. Mit-Initiator Christian Wolff zieht dennoch ein insgesamt positives Fazit, räumt aber auch Fehler ein.
Leipzig. Am Tag danach ist das Fazit positiv, mit leichten Einschränkungen. Zur Demonstration „Leipzig leuchtet“ waren am Montagabend zahlreiche Menschen gekommen, um ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte zu setzen. Weniger als erhofft, aber „einigermaßen zufriedenstellend“, wie es der frühere Pfarrer der Thomaskirche Christian Wolff formuliert, der zum Organisationsbündnis gehört.
Während die Polizei 1500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nannte, sprachen die Veranstalter am Abend von 5000. „Die Angabe der Behörde ist mit Sicherheit zu niedrig gegriffen“, so Wolff. Er geht von ungefähr 4000 Menschen aus und kann mit der Zahl gut leben. „Das kalte und windige Wetter dürfte viele abgeschreckt haben, zudem gab es für die Demonstration keinen konkreten, aktuellen Vorfall, der besonders viele mobilisiert hätte.“ Daneben verweist er auf eine Art allgemeiner Demo-Müdigkeit – in den vergangenen Wochen war auch der Zustrom zu Montags-Protesten der von ihm und dem Bündnis Kritisierten verebbt.
„Produktive Zusammenarbeit“
„Leipzig leuchtet für Demokratie und Menschenrechte“ entstand aus vielen Initiativen und Verbänden, darunter Gewerkschaften, Kirchen, Vereine, Parteien sowie Einzelpersonen aus der Stadtgesellschaft. „Die sechs Wochen der Zusammenarbeit waren intensiv und sehr produktiv“, sagt Wolff. „Dass beispielsweise Vertreter der Fußballclubs Lok und Chemie kooperierten, war ein schönes Zeichen.“ Der frühere Pfarrer ist „sehr froh über das große Engagement aller Beteiligten“.
Die Teilnehmer nutzten mitgebrachte oder ausgeteilte Regenschirme als Fläche, die von unten mit Taschen- oder Smartphone-Lampen angeleuchtet wurden. Sie verteilten sich an mehreren Stellen des Leipziger Rings. Das Ziel, den Kreis um die Innenstadt komplett mit Demonstrantinnen und Demonstranten zu schließen, wurde nicht erreicht; an Stellen wie dem Augustusplatz ballten sich die Menschen und fehlten dadurch an anderen.
Harsche Worte
In den Reden auf der Bühne des Marktplatzes verurteilten unter anderem Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und Laura Borges de Sousa (Studierenden-Rat der Uni Leipzig) diejenigen, die zuletzt montags demonstrieren gingen. „Der Leipziger Ring darf nicht denen überlassen werden, die immer gegen alles sind“, so Jung. Er verurteilte Hetze, Verschwörungstheorien und Rassismus von Demokratiefeinden. De Sousa forderte mehr Aufklärung und Aufarbeitung an Bildungsorten und nutzte die Rede für harsche Worte gegen das Vorgehen der Polizei bei den Klimakrisen-Demos in Lützerath.
Kurzzeitig kam es auf der Seite des Alten Rathauses zu verbalen Attacken zwischen Antifa-Angehörigen und einer Gruppe um Vertreter der nach rechts offenen Partei „Die Basis“, insgesamt blieb es jedoch friedlich. Problematisch fanden manche Teilnehmer, dass in den Reden der Widerstand gegen Rassismus beschworen, aber vor allem mit Blick auf die Ukraine kein Friedensappell formuliert wurde. Christian Wolff verteidigt das. „Demokratie und Menschenrechte bilden die dringend nötigen Grundlagen dafür, dass Kriege vermieden werden können“, sagt er, „insofern schwang das unterschwellig mit.“ Dennoch räumt er ein: „Vielleicht hätte man das klarer zur Sprache bringen können.“
Auswertung kommende Woche
In der kommenden Woche will sich das Bündnis erneut treffen, um „Leipzig leuchtet“ auszuwerten. „Nicht um uns auf die Schulter zu klopfen, sondern um mit gesundem Abstand zu sehen, was gut und was weniger gut lief“, so Wolff. „Sicher wird es auch darum gehen, wie man künftig noch mehr Bevölkerungsgruppen erreichen kann.“ Weitere Demonstrationen sind jedoch bislang nicht geplant.
31.01.2023 Mark Daniel Kommentar
„Leipzig-leuchtet“-Demo: Eine Chance wurde verspielt
Die Initiative „Leipzig leuchtet“ hat am Montagabend ein wichtiges Zeichen gegen Rassismus, Diskriminierung und für Weltoffenheit gesetzt. Die Reden auf dem Leipziger Marktplatz ließen jedoch einiges vermissen, um Orientierungslose zu überzeugen, kritisiert Kommentator Mark Daniel.
„Leipzig leuchtet“ war wichtig. Auf den Tag 90 Jahre nach der Machtergreifung Hitlers ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit mit klaren Worten und hellem Licht zu setzen, hat sensibilisiert für den unschätzbar hohen Wert von Demokratie.
Unproblematisch aber waren die Reden des Abends nicht. Bedauerlich zum einen, dass niemand das Ende des Kriegs in der Ukraine forderte, obwohl der seit einem knappen Jahr die Demokratie torpediert. Vielleicht wollte man zweifelhafte Zustimmung von Putin-Affinen vermeiden, die in der Menge den Slogan „Frieden schaffen ohne Waffen“ missbrauchten und irrsinnigerweise das Fehlen von Meinungsfreiheit behaupten.
Pauschal am Pranger
Zwingend notwendig war der Appell gegen Hetze und Rassismus. Allerdings stellten Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und junge Aktivistinnen und Aktivisten ohne Differenzierung alle an den Pranger, die an den vergangenen Montagen gegen Energie- und andere Staatspolitik protestierten. Natürlich gehört verurteilt, dass viele der neuen Montagsdemonstrierenden es in Kauf nehmen, mit Nazis zu marschieren, oder das gar gutheißen.
Genauso klar müsste aber sein, dass Verlorene, Existenzängstliche, Orientierungslose und leicht Beeinflussbare mitlaufen, weil sie keine andere Möglichkeit sehen, ihrer Bedrängnis ein Ventil zu verschaffen. Diese Menschen abzuholen, wurde durch rhetorischen Absolutismus versäumt. Das ist schade.
Björn Meine und Mark Daniel, 28.01.2023
Demonstration – „Leipzig leuchtet“: Warum man an diesem Montag auf den Ring gehen sollte
Für Montag ruft ein Bündnis aus demokratischen Parteien, Initiativen und Verbänden die Leipziger Bevölkerung dazu auf, den Ring zum Leuchten bringen. Die Demonstration „Leipzig leuchtet“ wirbt für Demokratie und Menschenrechte, für Offenheit, Vielfalt und sozialen Zusammenhalt. Wir sprachen mit sechs Teilnehmern über ihre Beweggründe, auf die Straße zu gehen.
Leipzig. Für diesen Montag rufen Leipziger Initiativen und Verbände zur Teilnahme an der Aktion „Leipzig leuchtet für Demokratie und Menschenrechte“ auf. Die Demonstration erinnert an den Beginn des Terrorregimes der Nationalsozialisten vor 90 Jahren und will ein deutliches Zeichen gegen jüngere rechtsextreme Entwicklungen und Spaltung in der Gesellschaft setzen. Wir sprachen mit Unterzeichnern der Aktion über ihre Beweggründe, am Montagabend um den Ring zu gehen.
„Leipzig leuchtet“ für ein besseres Zusammenspiel von repräsentativer und partizipativer Demokratie
Thorsten Mehnert (62), Vorstand der Leipziger Stiftung „Ecken wecken“, möchte ein klares Statement für Demokratie setzen. „Das ist in Sachsen besonders wichtig“, sagt er und betont: „Damit der Nutzen unserer Demokratie breit anerkannt und sie aktiv gelebt wird und um gemeinsam die Herausforderungen von Krisen, Klima und Krieg meistern zu können, brauchen wir auch ein besseres Zusammenspiel von repräsentativer und partizipativer Demokratie.“ Mehnert sieht den „Kitt in unserer Gesellschaft als erneuerungsbedürftig“ an, und dafür könne nur eine vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit von Staat und Bürgerinnen und Bürgern sorgen. Mit dem Netzwerk „Wir im Quartier“, das ab diesem Jahr auch im Leipziger Osten präsent ist, will die Stiftung dazu einen Beitrag leisten. „Für Montag hoffe ich, dass viele Menschen durch ihr Mitmachen klare Zeichen setzen.“
„Leipzig leuchtet“ für Weltoffenheit und Internationalität
Thomas Nörlich (35) ist es ein großes Bedürfnis, am Montag auf dem Leipziger Ring zu den Demonstrierenden zu gehören und ein Zeichen zu setzen, wofür die sächsische Metropole steht. „Zur Identität der Stadt gehören seit jeher Weltoffenheit und Internationalität“, sagt der Vertriebsleiter des Marriott Hotels am Hallischen Tor. „Ich bekomme die Demos vonseiten der Demokratiegegner vor Ort mit und finde dieses Geschehen sehr bedenklich.“ Leipzig, so betont er, profitiert davon, seit 800 Jahren Messestadt zu sein und die Welt zu Gast zu haben. „Diese Gastfreundlichkeit macht uns aus. Und die gilt es zu verteidigen in Zeiten, in denen demokratische Werte von manchen infrage gestellt werden. Die Vielfalt und Offenheit von Leipzig muss bleiben.“
„Leipzig leuchtet“ für eine Willkommenskultur
Alina Goncharenko (49) ist glücklich, in Leipzig zu leben, „weil es eine Stadt ist, die Demokratie und Willkommenskultur fördert“, sagt die Buchautorin und Vorsitzende des internationalen Tanzsportvereins Joker. „Leipzig ist nicht nur wegen des kulturellen und historischen deutschen Erbes, der Messe oder der Universität so beliebt, sondern auch, weil hier rund 97 000 Migranten leben. Das sind etwa 16 Prozent der Bevölkerung, und sie bereichern unsere Stadt in vielerlei Hinsicht, von der Kultur über den Sport bis hin zur Wissenschaft und Wirtschaft.“ Für die gebürtige Ukrainerin, die sich auch für vor dem Krieg geflohene Landsleute einsetzt, ist Leipzig eine zweite Heimat geworden, „die ich sehr liebe und schätze“. Demokratie und Internationalität sind für Goncharenko notwendig für die persönliche Entwicklung und ein erfülltes Leben. „Um diesen Reichtum nicht zu gefährden, ist es mir auch persönlich wichtig, mich Gegnern der Demokratie entgegenzustellen.“
„Leipzig leuchtet“ für eine Sicherung der Demokratie
Hannah Lilly Lehmann (18) findet es „ganz schrecklich, was da jeden Montag passiert“. Ganz besonders ärgert sich die Abiturientin über die Verwendung des Slogans „Wir sind das Volk“ aus der Zeit der Friedlichen Revolution. „Das ist so geschichtsvergessen“, erklärt die Schülerin mit Blick auf die Werte, die einst hinter diesem Leitsatz standen. Klar ist für Hannah Lilly Lehmann, „dass rechtes Gedankengut keinen Platz auf unseren Straßen haben darf“. Aus den teils verbreiteten Verschwörungstheorien könne Furchtbares entstehen. Die engagierte Leipzigerin, die auch im Stadt- und Landesschülerrat aktiv ist, sieht die Demokratie ernsthaft gefährdet und macht sich auch Sorgen vor dem Ausgang der kommenden Landtagswahl. Deshalb ist es ihr umso wichtiger, selbst Farbe zu bekennen und viele andere Bürgerinnen und Bürger zu überzeugen, am Montag mit auf die Straße zu gehen. „Alle müssen sich beteiligen“, sagt sie, „wir können in Leipzig versuchen, dass das Gute gewinnt.“
„Leipzig leuchtet“ für einen starken Zusammenhalt
Gabriele Klose (56) ist schon länger beim „Aufruf 2019“ engagiert. „Es ist ganz wichtig, dass wir jetzt einen Beitrag leisten“, sagt die Trauerbegleiterin. Die heutigen Montagsdemonstranten seien „sehr laut und sehr präsent“. Gabriele Klose kommt es deshalb vor allem darauf an, ein anderes, ein positives Zeichen zu setzen. Ohne Trommeln, Rasseln, Geschrei und Aggressionen – davon gibt es montags sonst genug. Stattdessen mit Kerzen und Lichtern auf den Ring zu gehen, um diesen leuchten zu lassen – das sei genau das richtige Signal, findet sie. „Es ist doch viel wirkungsvoller, wenn wir ruhig bleiben. Ich wünsche mir, dass es klappt, und dass ganz viele Leute mitmachen.“ Es sei außerdem eine gute und sinnvolle Idee, mit dem 30. Januar den 90. Jahrestag der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten als Demonstrationstag gewählt zu haben.
„Leipzig leuchtet“ für ein Zeichen gegen rechte Bewegungen
Jonas Venediger (19) möchte „ein Zeichen gegen die Nazis und Faschisten setzen, die montags auf unseren Straßen in Leipzig unterwegs sind“. Es sei mit Blick auf die vergangenen Monate sehr wichtig, dass sich möglichst viele Menschen gegen solche Entwicklungen zur Wehr setzen, erklärt der junge Mann, der zurzeit auf Arbeitssuche ist. „Ich finde es erschreckend, dass in einer weltoffenen Stadt wie Leipzig bislang vieles einfach so hingenommen wird – zum Beispiel, dass Reichskriegsflaggen auftauchen.“ Auch vonseiten der Lokalpolitikerinnen und Lokalpolitiker sei noch viel zu wenig zu hören, findet Jonas Venediger. Ihm fehlen klare und deutliche Zeichen, eine starke und stabile Gegenposition aus der Gesellschaft heraus. Er hofft, dass der Montag der Anfang einer solchen Bewegung sein könnte.