Kennzeichnungspflicht – Auf Uniformen: Zahlencodes für Polizisten in Sachsen sollen kommen

Die Koalition will in Sachsen seit Jahren mit einer neuen Kennzeichnung Ermittlungen gegen Polizisten erleichtern. Jetzt ist klar: Kennzeichnungspflicht für Polizisten soll kommen.

Noch in diesem Jahr sollen Ermittlungen gegen sächsische Polizisten nach Großeinsätzen wie Demonstrationen und Fußballspielen erleichtert werden: Das Innenministerium will bis Ende 2023 die Kennzeichnungspflicht für Polizisten in geschlossenen Einheiten umsetzen. Das kündigte das Innenministerium auf LVZ-Anfrage an. Geplant ist, dass die Polizisten durch einen Nummerncode identifizierbar sind. Ihre Namen werden auf der Uniform nicht zu lesen sein.

Die Maßnahme ist ein Kernanliegen der Grünen. Auch die SPD hatte sich in den vergangenen Jahren für die Einführung der Kennzeichnungspflicht eingesetzt, die in anderen Bundesländern Standard ist, in Sachsen aber lange abgelehnt wurde. Ende 2019 hatten die schwarz-grün-roten Partner im Koalitionsvertrag die Kennzeichnung vereinbart. Auch die CDU hält daran trotz mancher Bedenken aus ihren Reihen fest: „Die einzelnen Maßnahmen des Koalitionsvertrages sind für uns selbstverständlich umzusetzen“, sagte Innenpolitiker Ronny Wähner (CDU).

Verzögerungen durch Rechtsstreit beim Polizeigesetz

Die Verzögerungen werden in der Koalition mit dem Rechtsstreit um das sächsische Polizeigesetz erklärt, das 2019 verabschiedet wurde. Die Fraktionen von Linken und Grünen, die zu diesem Zeitpunkt beide noch in der Opposition waren, hatten damals ein Normenkontrollverfahren gegen das Gesetz beim Verfassungsgerichtshof in Leipzig eingereicht. Sie hielten die Ausweitung der Polizeibefugnisse teilweise für verfassungsrechtlich problematisch. Im Regierungsbündnis war deswegen vereinbart worden, dass man das Polizeigesetz auch für die Kennzeichnungspflicht nicht anfasst, bis ein Urteil aus Leipzig vorliegt. In den vergangenen drei Jahren ist es aber nicht einmal zu einer Verhandlung über die Vorschriften gekommen, auch einen Termin in diesem Jahr gibt es bislang noch nicht. Der Verfassungsgerichtshof erklärt die Verzögerung mit dem Umfang der rechtlichen Prüfung „und der Vielzahl der durch die Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 eingegangenen Verfahren.“ Zuletzt haben deswegen vor allem die Grünen den Druck erhöht, die Kennzeichnungspflicht dennoch einzuführen.

Das Innenministerium möchte nun die Codes für die Polizisten nicht im Polizeigesetz, sondern im Sächsischen Beamtengesetz verankern. Dessen Überarbeitung ist sowieso aktuell geplant. „Eine Regelung zur Verpflichtung im Polizeigesetz ist nicht zwingend“, heißt es aus dem Innenministerium. Welches Modell der Kennzeichnung angestrebt wird, muss noch geklärt werden. Im Koalitionsvertrag ist von einer „Wechselkennzeichnung“ die Rede, bei der bei einem neuen Einsatz neue Codes für die einzelnen Polizisten vergeben werden. Es gibt aber auch Systeme, bei denen jeder Polizist einen begrenzten Satz an verschiedenen Codes erhält, aus denen er wählt.

Die Codes sollen zum einen den Polizisten eine gewisse Anonymität zusichern, zum anderen Verfahren gegen Polizisten nach Großeinsätzen erleichtern. Im Falle von Anzeigen und Ermittlungen gegen Einsatzkräfte könnte die Staatsanwaltschaft aufgrund der Nummer die Herausgabe der Identität in die Wege leiten. Gerade bei Demonstrationen gibt es häufig Vorwürfe gegen Beamte: Bundesweites Aufsehen hatte ein Leipziger Fall erregt, bei dem ein Polizist einen jungen Gegendemonstranten gewaltsam zu Boden streckte.

Regelung für Einsatz von Bodycams erwartet

Auch wenn sich bei der Kennzeichnungspflicht eine Lösung abzeichnet, wartet die Koalition weiterhin mit Spannung auf das Urteil aus Leipzig. Neben kleineren rechtlichen Klarstellungen sollen noch vor der nächsten Landtagswahl verbindliche Regelungen im Polizeigesetz für den Einsatz von Bodycams geschaffen werden: Polizisten sollen die kleinen Kameras immer einschalten müssen, wenn sie Zwangsmaßnahmen vollziehen. Ende Januar wollen nach LVZ-Informationen die Innenpolitiker der Koalition mit dem Innenministerium das weitere Verfahren beraten.


gefunden in der LVZ vom 12.01.2023