Puzzeln mit Beate Zschäpe: Warum eine junge Kleinkriminelle mit einer Terroristin im Chemnitzer Frauengefängnis saß

Mara ist 17, hat geklaut und jemanden verprügelt. Im Frauengefängnis Chemnitz arbeitet sie neben Beate Zschäpe. Die Zelle teilt sie sich mit einer Kindsmörderin. Was macht das mit Mara?

„Deine Mutter is ’ne Puffmutter.“ Das hat sie zu Mara gesagt. Da hat Mara zugeschlagen. Schwung holen, durchziehen, voll ins Gesicht. Hat gesessen. Aus der Nase floss Blut. Niemand darf ihre Mutter beleidigen, sagt Mara.

Sie sitzt auf dem Bett wie eine Puppe. Seit ein paar Tagen ist sie wieder in Freiheit. Mara wurde vor Weihnachten aus dem Frauengefängnis in Chemnitz entlassen.

Die Augen wie Mandeln, wenig Wimperntusche, das Haar lang und braun. Den knallroten Sportanzug, den sie trägt, hat sie in Leipzig gekauft, als sie rausgekommen ist. 450 Euro inklusive Jacke und Schuhe, sagt Mara, die siebzehn ist und Erwachsenen zur Begrüßung höflich die Hand reicht. Sie lächelt. Das sieht hübsch aus.

Sie würde das Mädchen, das Puffmutter gesagt hat, wieder schlagen. Es sei sowieso hart gewesen, dieses Mädchen. Hart heißt auf Drogen. Viele, die Mara kennt, sind andauernd hart. Und niemand kann behaupten, dass Mara ein Engel wäre. Vor der Schlägerei wurde sie beim Klauen erwischt. Sie hatte zwei Rucksäcke und eine Tasche mit Kosmetik, Parfüm und Kleidung vollgestopft.

Das Jugendschöffengericht von Zwickau verurteilte sie zu zehn Monaten Haft. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie Mara einsperren. Seit sie vierzehn ist, hat sie Stress mit der Polizei. Schulschwänzen, Drogen, Diebstahl, Körperverletzung.

Nur sechs von hundert inhaftierten Jugendlichen in Sachsen sind Mädchen

Sie kam ins Gefängnis wegen ihrer „schädlichen Neigungen“. Das ist Juristendeutsch. „Der Richter verhängt eine Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.“ So steht es in Paragraf 17 des Jugendgerichtsgesetzes.

Das Gefängnis soll sie zu besseren Menschen machen. Der Staat will versuchen, sie zu erziehen. Er trennt sie vom schlechten Einfluss, nimmt das Handy weg und die Freiheit. Sie müssen früh aufstehen und Termine einhalten. Weil sich niemand von heute auf morgen verändert, beginnt die Haftdauer im Jugendstrafvollzug bei sechs Monaten.

Jungs bleiben unter Jungs im Gefängnis, sie verbüßen ihre Strafe nicht unter Männern. In Sachsen kommen sie in die Jugendstrafanstalt in Regis-Breitingen. Für Mädchen gibt es kein Spezialgefängnis. Es sind einfach zu wenige. Nur sechs von hundert inhaftierten Jugendlichen in Sachsen sind Mädchen, statistisch gesehen. Zum Stichtag am 31. März 2022: 123 Jungen, acht Mädchen. Eines davon ist Mara.