Leidet die Einsatzfähigkeit? – Wegen Patentstreit: Sachsens Polizei muss 2200 Sturmgewehre zerstören lassen

Für mehrere Millionen Euro hat die sächsische Polizei Gewehre des Herstellers Haenel gekauft. Nun müssen sie wegen eines Urteils zerstört werden. Leidet die Einsatzfähigkeit der Polizei darunter?

Die sächsische Polizei muss rund 2200 Sturmgewehre wieder abgeben. Hintergrund ist ein Rechtsstreit zwischen dem Hersteller, der Haenel GmbH aus Thüringen, und seinem Konkurrenten von Heckler & Koch. Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigte vergangene Woche ein Urteil des dortigen Landgerichts, wonach die Haenel GmbH mit dem Sturmgewehr „Haenel CR 223“ gegen Patentrechte des Mitbewerbers verstoßen habe. Die Haenel GmbH muss nun alle ausgelieferte Sturmgewehre zurückrufen und vernichten. Dazu zählen auch die sächsischen Waffen.

Sachsen hatte das Haenel-Gewehr 2020 flächendeckend für die Polizei eingeführt. Insgesamt wurden 2300 Exemplare bestellt, von denen bislang 2200 geliefert und an die Dienststellen verteilt wurden. Nach Angaben der Zeitschrift „Europäische Sicherheit & Technik“ sollen die finanziellen Kosten bei rund 9,2 Millionen Euro gelegen haben. Die Summe muss Haenel nun laut dem bestätigten Urteil des Landesgerichts zurückzahlen. Zudem muss die Firma auch die Porto- sowie etwaige Zoll- und Lagerkosten für die Rücknahme der Gewehre übernehmen.

Verfahren für Rückgabe offen

Offen ist, wie das Verfahren dazu ablaufen wird. Das Urteil lässt dies offen. Das Oberlandesgericht hat eine Revision beim Bundesgerichtshof gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Gegen das Urteil kann nur das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegt werden.

Die Landesregierung steht somit vor der Aufgabe, kurz- beziehungsweise mittelfristig Ersatz für rund 2300 Gewehre zu finden. Das dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen, zumal die Leistung voraussichtlich ausgeschrieben werden muss. Das Sturmgewehr wird nicht nur von den Spezialeinheiten der Polizei genutzt. Genauere Angaben machte das Innenministerium allerdings nicht. Dazu könne man sich aus „polizeitaktischen Gründen“ nicht äußern.

Landespolizeipräsident Sachsen: Einsatzfähigkeit gewährleistet

„Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen können wir erst nach intensiver polizeiinterner Bewertung des Urteils und möglicher Folgen treffen“, teilte das Innenministerium am Mittwoch mit. „Das wird noch einige Zeit dauern. Vor allem sind hierfür noch Gespräche mit der Herstellerfirma zu führen, die ja mit dem Urteil verpflichtet wird.“

Laut Landespolizeipräsident Jörg Kubiessa bleibt trotz der vorgesehenen Zerstörung der Sturmgewehre, die Einsatzfähigkeit der sächsischen Polizei gewährleistet: „Wir werden auch nach dem Urteil die Ausstattung unserer Polizistinnen und Polizisten auf dem hohen Niveau von jetzt halten. Daran werden wir uns auch messen lassen. Jetzt gilt es, mögliche Folgeszenarien intensiv zu prüfen.“

Sachsens ist nicht als einziges Bundesland von dem Düsseldorfer Urteil betroffen. Auch andere Bundesländer haben das Sturmgewehr geordert. Die Thüringer Polizei hat das entsprechende Modell ebenso im Einsatz. Allerdings in deutlich kleinerer Stückzahl, wie ein Sprecher des Innenministeriums in Erfurt sagte. Es handele sich um eine Zahl im zweistelligen Bereich.