Rentner (75) stellte Nazi-Schwibbogen ins Fenster
Chemnitz/Annaberg-Buchholz – Mit weißem Bart und grimmigem Blick trottete Ralf M. (75) aus dem erzgebirgischen Annaberg-Buchholz am Dienstagmorgen in Saal 231 des Chemnitzer Landgerichts. Trotzig, sich keiner Schuld bewusst.
Doch die Beweislage war eindeutig, die Anklage beschämend: Im Mai 2021 soll der rüstige Rentner, der früher eine Kneipe in der Erzgebirgsstadt führte, sich einen u.a. mit verbotenen SS-Runen und Maschinengewehr verzierten Schwibbogen ins Wohnzimmerfenster gestellt haben.
Polizisten hatten die illegale Weihnachsdeko nach einem Tipp in einem Mehrfamilienhaus „An der Mühle“ entdeckt. Gegenüber befindet sich ein Kindergarten-Hort. Ein Kollege der Kripo ermittelte über den Hausbesitzer den Mieter und klingelte.
„Er hat mich hereingebeten und mir den Schwibbogen gleich freiwillig übergeben, die Symbole waren nach außen zum Fenster gedreht“, erinnert sich der Beamte (59). „Dazu meinte er, dass er sich nur schweren Herzens davon trennen könne, weil es ein Geburtstagsgeschenk guter Freunde sei.“
Davon wollte der seit 1995 elfmal vorbestrafte Rentner (u. a. Betrug, Beleidigung und Verbreitung verfassungsfeindlicher Propaganda) vor Gericht nichts mehr wissen: „Ich habe mich mit dem Polizisten überhaupt nicht unterhalten, sondern ihm nur den Schwibbogen gegeben“, behauptete der 75-Jährige. „Das mit dem Geschenk hat er erfunden.“
Verteidigen ließ sich der Rentner von Anwalt Martin Kohlmann (45), Chef der rechtsextremen Kleinstpartei „Freie Sachsen“. Der forderte Freispruch für den Rentner, weil es angeblich weder sein Schwibbogen noch sein Fenster gewesen sei. Denn der 75-Jährige lebe dort mit einer Bekannten in einer WG. Der Vermieter stellte jedoch klar, dass das Fenster zum Wohnbereich des Rentners gehöre.
Richter Markus Zimmermann (62) wies die Berufung schließlich als unbegründet zurück. Das Amtsgericht Marienberg hatte den 75-Jährigen bereits im Mai wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 1500 Euro (50 Tagessätze zu je 30 Euro) verurteilt. „Sie haben dem Polizisten damals doch alles erzählt“, so Zimmermann kopfschüttelnd. „Das Urteil war richtig, daran gibt es keine Zweifel, leider können wir die Strafe vom Gesetz aus nicht noch erhöhen.“