Leipziger Wohnungsmarkt: Flaute am Bau treibt Mieten und Kaufpreise in die Höhe Ein Eckhaus an der Frommann- und Heinrichstraße in Reudnitz: Wohin sich der Leipziger Wohnungsmarkt bei Mieten und Kaufpreisen entwickelt, erhellen jetzt zwei neue Studien.

Zwei neue Studien ordnen die turbulenten Entwicklungen am Immobilienmarkt für Leipzig und die Region ein. Die LVZ fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen. Und veröffentlicht hier auch, wie teuer die Mieten für freie Wohnungen in allen 63 Leipziger Ortsteilen inzwischen geworden sind.

Nicht nur in Leipzig haben sich viele Koordinaten auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt in den vergangenen Monaten stark verändert. Ursachen sind stark steigende Bauzinsen und Energiepreise – vor allem in Folge des Kriegs gegen die Ukraine. Orientierung zum Stand der Dinge und zu den Zukunftsaussichten bieten nun zwei neue Marktberichte. Die LVZ hat die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.

Gibt es genug freie Wohnungen?

Die Bautätigkeit in der Messestadt war schon 2021 stark rückläufig. Fertiggestellt wurden nur noch 1833 Wohnungen, geht aus dem aktuellen PISA-Marktbericht hervor. 2020 waren es noch 3372 Wohnungen, in den Jahren davor jeweils mehr als 2300. „Wegen der dramatischen Veränderungen in jüngster Vergangenheit haben viele Bauträger und Wohnungsunternehmen erst mal Projekte zurückgestellt. Sie warten die weitere Entwicklung ab, was kaufmännisch vernünftig ist“, erläuterte Kerry-U. Brauer, Direktorin und Professorin an der Staatlichen Studienakademie Leipzig. Ein Professorenteam dieser Einrichtung hat gemeinsam mit dem Leipziger Maklerhaus PISA Immobilien den Marktbericht erstellt, der seit vielen Jahren als umfassendste wissenschaftliche Studie zur Wohnungsmarktsituation in Leipzig gilt.

Zwar sei auch die Zahl der Baugenehmigungen für weitere Wohnungen schon 2021 deutlich gesunken: Hier ging es um rund 1600 Einheiten auf 3179 Wohnungen abwärts, was dem niedrigsten Stand in Leipzig seit dem Jahr 2015 entsprach. Trotzdem verfüge die Messestadt nach wie vor über eine ausreichend hohe Zahl an genehmigten, aber noch nicht gebauten Wohnungen, sagte Brauer. Hinzu kämen mehr als 15 .000 Stück, die perspektivisch in neuen Quartieren wie dem Eutritzscher Freiladebahnhof entstehen sollen. „Problematisch ist also nicht die Verfügbarkeit von Wohnungen, sondern vielmehr die Bezahlbarkeit bei den neu errichteten Einheiten.“

Dem stimmte PISA-Geschäftsführer Timo Pinder zu. Leipzig gehöre bundesweit zu den am schnellsten wachsenden Metropolen. „Unter anderem durch die Flüchtlinge aus der Ukraine hatten wir allein im ersten Halbjahr 2022 ein größeres Wanderungsplus als die rund 4400 Personen im gesamten Vorjahr.“ Das verringere die Leerstände weiter. „Wenn heute günstige Bestandswohnungen annonciert werden, sind sie oft nach einem halben Tag schon wieder weg.“ Hingegen dauere es in der Regel etwa ein Jahr, bis 100 neu gebaute Wohnungen in Leipzig (mit ihren deutlich höheren Mieten) komplett belegt sind.

Wo sind die Mieten am günstigsten?

Bei frisch sanierten oder neu errichteten Wohnungen stiegen die in den Annoncen angebotenen Kaltmieten in Leipzig 2021 um durchschnittlich 3,7 Prozent auf 9,44 Euro pro Quadratmeter. In der breiten Masse der Bestandshäuser legten sie indes um 2,5 Prozent auf durchschnittlich7,69 Euro pro Quadratmeter zu. Allerdings weist das Stadtgebiet erhebliche Preisunterschiede auf, steht in dem Bericht. Drei der 63 Ortsteile liegen im Mittel der Bestandswohnungen noch unter 6 Euro pro Quadratmeter (Grünau-Siedlung 5,80 Euro, Grünau-Nord 5,90 Euro, Schönau 5,98 Euro).

14 weitere Ortsteile reichen von 6 bis 7 Euro, darunter die übrigen Teile von Grünau, Paunsdorf, Schönefeld-Ost, aber auch Holzhausen, Mockau-Süd und -Nord, Probstheida, Gohlis-Nord, Thekla, Sellerhausen-Stünz, Lößnig und Großzschocher. Am teuersten wurden Mietwohnungen im Bestand nach wie vor rings um die City angeboten. Spitzenreiter waren das Zentrum-Ost mit 9,54 Euro, Zentrum-West mit 9,54 Euro und das Zentrum mit 10,00 Euro pro Quadratmeter.

Alle Ortsteile: So viel Kaltmiete kosten Bestandswohnungen in Leipzig

Der aktuelle PISA-Marktbericht führt unter anderem die Kaltmieten für alle 63 Leipziger Ortsteile auf. Angegeben ist hier jeweils der Durchschnittswert in Euro pro Quadratmeter, ermittelt aus allen Annoncen für freie Bestandswohnungen im Jahr 2021 (also ohne Neubauten oder jüngst komplett sanierte Häuser).

1) Grünau-Siedlung 5,80

2) Grünau-Nord 5,90

3) Schönau 5,98

4) Grünau-Ost 6,00

5 ) Grünau-Mitte 6,09

6) Schönefeld-Ost 6,41

7) Mockau-Nord 6,50

8) Paunsdorf 6,60

9) Lausen-Grünau 6,79

10) Probstheida 6,80

11) Gohlis-Nord 6,90

12) Holzhausen 6,92

13) Mockau-Süd 6,92

14) Thekla 6,93

15) Sellerhausen-Stünz 6,96

16) Lößnig 7,00

17) Großzschocher 7,00

18) Böhlitz-Ehrenberg 7,01

19) Miltitz 7,01

20) Lützschena-Stahmeln 7,02

21) Plaußig-Portitz 7,02

22) Neulindenau 7,06

23) Marienbrunn 7,07

24) Meusdorf 7,08

25) Schönefeld-Abtnaundorf 7,10

26) Engelsdorf 7,12

27) Leutzsch 7,14

28) Althen-Kleinpösna 7,15

29) Lindenthal 7,20

30) Volkmarsdorf 7,21

31) Anger-Crottendorf 7,24

32) Möckern 7,30

33) Neustadt-Neuschönefeld 7,30

34) Kleinzschocher 7,37

35) Wiederitzsch 7,38

36) Liebertwolkwitz 7,38

37) Wahren 7,40

38) Dölitz-Dösen 7,49

39) Burghausen-Rückmarsdorf 7,50

40) Altlindenau 7,50

41) Mölkau 7,50

42) Heiterblick 7,50

43) Stötteritz 7,50

44) Knautkleeberg-Knauthain 7,54

45) Eutritzsch 7,73

46) Gohlis-Mitte 7,86

47) Gohlis-Süd 7,88

48) Reudnitz-Thonberg 7,90

49) Lindenau 7,91

50) Seehausen 7,94

51) Connewitz 8,10

52) Plagwitz 8,41

53) Zentrum-Nord 8,50

54) Schleußig 8,51

55) Zentrum-Südost 8,52

56) Südvorstadt 8,89

57) Zentrum-Nordwest 9,00

58) Zentrum-Süd 9,38

59) Zentrum-Ost 9,54

60) Zentrum-West 9,54

61) Zentrum 10,00

62) Zu wenig Angebote: Baalsdorf

63) Zu wenig Angebote: Hartmannsdorf-Knautnaundorf

Bei den Erstbezügen im Neubau fiel die örtliche Verteilung ähnlich aus. Am günstigsten waren die Offerten in Grünau-Siedlung mit 5,96 Euro, Grünau-Ost mit 6,57 Euro, Mockau-Nord mit 6,74 Euro, Probstheida mit 6,83 Euro, Großzschocher mit 7,14 Euro und Lößnig mit 7,22 Euro. Am teuersten wurden Erstbezüge im Zentrum mit 11,56 Euro pro Quadratmeter, in Reudnitz-Thonberg mit 11,81 Euro, Zentrum-West mit 11,96 Euro, Zentrum-Südost mit 12,00 Euro und in Seehausen mit 12,50 Euro angeboten. Trotz der inzwischen recht langen Vermarktungszeiten im Neubau sei ein Rückgang der Miethöhen auf absehbare Zeit sehr unwahrscheinlich, analysierte Marco Hoffmann, Chef der Real Estate Pilote AG. Das Unternehmen mit Sitz in der Essener Straße hatte über seine Online-Datenbank GeoMap erstmals die Datengrundlage für den Marktbericht zur Verfügung gestellt. „Angesichts extrem gestiegener Grundstückspreise, höherer Zinsen, Bau- und Materialkosten sowie behördlicher Auflagen können die Bauherren und Vermieter nicht mehr unter ein gewisses Preisniveau gehen.“

Sinken die Kaufpreise dauerhaft?

Es war die Immo-Nachricht dieses Herbstes. Wie bundesweit in vielen Großstädten hatten auch

in Leipzig die Preise für Eigentumswohnungen erstmals seit langer Zeit den Rückwärtsgang eingelegt

. Nach den Daten von GeoMap sanken sie vom ersten zum dritten Quartal 2022 um 286 Euro auf durchschnittlich 3595 Euro pro Quadratmeter. Der Rückgang entsprach damit 7,4 Prozent. „Ob es sich dabei um einen anhaltenden Trend handelt, oder nur um eine kleine Kuhle im weiteren Anstieg, lässt sich seriös wahrscheinlich erst im nächsten Sommer beantworten“, betonte Hoffmann.

Aktuell zeichne sich eher eine Seitwärtsbewegung ab. Noch sei unklar, was mehr Gewicht auf dem Leipziger Immobilienmarkt entfaltet, pflichtete PISA-Chef Pinder bei. Die schrumpfende Bautätigkeit, starker Zuzug und steigende Einkommen würden eher für weitere Preisanstiege sprechen. „Andererseits müssen Käufer jetzt oft schon 30 bis 40 Prozent Eigenkapital für einen Kredit mitbringen und bei den Zinsen von etwa vier Prozent ausgehen statt früher von ein oder zwei Prozent.“ Für normal verdienende Familien in Leipzig sei Wohneigentum leider kaum noch erschwinglich, sagte Studienakademie-Leiterin Brauer. Jedoch plane die Bundesregierung für 2023 günstigere Steuer-Abschreibungsregelungen für Anleger, die in Leipzig etwa 75 Prozent aller Wohnungskäufe tätigen.

Rekord in Leipzig-Mitte

Bis zum historischen Höchststand im ersten Quartal 2022 kannten die Preise für Leipziger Eigentumswohnungen nur eine Richtung: nach oben. Laut dem aktuellen Bericht lagen die Durchschnittswerte im vergangenen Jahr bei den Erstverkäufen erstmalig über 5000 Euro pro Quadratmeter. Konkret wurden im Neubau 5317 Euro (+9,1 Prozent) beziehungsweise nach Komplettsanierungen 5450 Euro (+11,5 Prozent) pro Quadratmeter verlangt. Im Waldstraßenviertel waren es zeitweise sogar mehr als 8600 Euro pro Quadratmeter. Der Stadtbezirk Mitte kam damit auf einen Mittelwert und neuen Rekord von 6200 Euro bei den Erstverkäufen. Noch am günstigsten gab es neue Eigentumswohnungen im Stadtbezirk Nordost mit 3673 Euro pro Quadratmeter. Im Wiederverkauf schwankten die Mittelwerte zwischen 2209 Euro in Nordost und 3551 Euro in Mitte.

Laut dem neuen Postbank-Wohnatlas können Immobilienkäufer in Leipzig langfristig mit Wertzuwächsen rechnen. Bis 2035 sagen die Fachleute des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, die diesen Atlas berechnet haben, für die Messestadt einen Preisanstieg voraus, der umgerechnet pro Jahr 2,1 Prozent beträgt. Nur in Potsdam, München und Heilbronn würden die Preise voraussichtlich noch etwas schneller steigen. Dabei sortiere sich Leipzig derzeit im Preisniveau im unteren Mittelfeld aller Großstädte ein. Bundesweit würden im Durchschnitt rund 386 Euro mehr pro Quadratmeter verlangt als in Leipzig.

Jedoch gehe die Schere zwischen den Kaufpreisen und den Mieten immer weiter auseinander, was auf eine Überhitzung des Marktes hindeuten kann. Erstere stiegen im vergangenen Jahr in Leipzig um 12,1 Prozent – also dreimal so schnell wie die Kaltmieten. Der sogenannte Vervielfältiger lag damit im vergangenen Jahr schon bei fast 34. Das bedeutet: Es wären 34 Jahresnettokaltmieten nötig, um einen Wohnungskauf wieder einzuspielen. Im Jahr 2020 betrug der Vervielfältiger in der Messestadt erst 31. Bundesweit liegt der Mittelwert bei knapp 30.

Wo ist das Umland schon teurer?

Weil immer mehr Leipziger Familien ins Umland ziehen, steigen auch dort vielerorts die Bestandsmieten. Mit insgesamt 35,6 Prozent ging es seit 2015 am stärksten in Schkeuditz hinauf, um 35 Prozent in Borsdorf und Taucha. In Leipzig lag der Vergleichswert bei 38,3 Prozent, heißt es im PISA-Marktbericht. In der Region in absoluten Zahlen am günstigsten waren die Bestandskaltmieten im vergangenen Jahr in Pegau mit 5,53 Euro pro Quadratmeter. Im Mittelfeld fand sich Schkeuditz mit 6,80 Euro.

Am meisten musste in Markkleeberg mit 7,97 Euro pro Quadratmeter bezahlt werden. Die Seen-Stadt im Leipziger Süden verzeichnet schon lange die höchsten Einkommen in Sachsen, auch höhere Mieten und Kaufpreise als Leipzig. So wurden für ein Einfamilienhaus in Markkleeberg im vergangenen Jahr durchschnittlich 4750 Euro pro Quadratmeter verlangt, in Leipzig 3654 Euro. Knapp dahinter folgten bei den Eigenheim-Preisen Großpösna, Brandis und mit etwas Abstand Taucha.

Laut der Postbank liegen die Vervielfältiger für einen Wohnungskauf im Landkreis Nordsachsen nur bei 21,7 Jahresnettokaltmieten, im Landkreis Leipzig bei 25,8. Zwar fielen die Quadratmeter-Preise dort derzeit jeweils nur etwa halb so hoch aus wie in der Messestadt, jedoch müsse in der Prognose bis zum Jahr 2035 in den Kreisen mit realen Wertverlusten von Immobilien gerechnet werden.


23.07.2022 Matthias Puppe

Gegen den Trend: Leipzig bleibt Deutschlands am schnellsten wachsende Metropole

Forschende des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig haben die Auswirkung der Pandemie auf die Entwicklung der 15 größten Städte Deutschlands näher untersucht. Die meisten schrumpften zuletzt erheblich. Nicht so Leipzig: Trotz Übersterblichkeit wuchs die Messestadt wie keine andere.

Während der Corona-Pandemie hat das Wachstum in den meisten Metropolen der Republik deutliche Dämpfer erlitten. Laut einer neuen Studie aus dem Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) lebten in zehn der fünfzehn größten Städte zum Jahresende 2021 weniger Menschen als vor Beginn der Pandemie – darunter auch in Sachsens Landeshauptstadt Dresden. Ganz anders zeigt sich die Situation allerdings in Leipzig selbst. Obgleich auch hier hohe Corona-Opferzahlen zu beklagen waren, nahm die Bevölkerung der Messestadt während der Pandemie weiter zu.

Wie außergewöhnlich diese Entwicklung im Gesamtkontext war, zeigt auch der Vergleich mit den anderen drei, sich nennenswert noch vergrößernden Metropolen: Berlin, Hamburg und München. Leipzig sei im vergangenen Jahr doppelt so schnell gewachsen wie die Bundeshauptstadt, heißt es im Forschungsbericht. Nimmt man das erste Pandemiejahr dazu, sind die Wachstumsraten in der Messestadt (plus 1,47 Prozent seit 2019) vier bis fünfmal höher als in den drei größten Städten Deutschlands – auch wenn dort in absoluten Zahlen insgesamt mehr Menschen hingezogen sind.

Zuzug kompensiert geringe Geburten- und hohe Sterberate

Die Gründe für den weiter aufsteigenden Trend an der Pleiße sind dieselben, wie im bereits dynamischen Jahrzehnt zuvor: „Leipzig hatte einen derart starken Zuzug, der sowohl das negative natürliche Saldo mit etwas weniger Geburten und deutlich mehr Sterbefällen – als auch die Abwanderung aus der Stadt ins Umland überkompensiert hat“, erklärt Professor Dieter Rink, Abteilungsleiter Stadt- und Umweltsoziologie am UFZ und Mitverfasser der neuen Studie.

Interessant ist diese Entwicklung gerade auch mit Blick auf den demografischen Wandel, der die strukturschwächeren Regionen in Ostdeutschland in den nächsten Jahrzehnten noch viel mehr als westdeutsche ausbluten lässt. „Schrumpfende Regionen in Ostdeutschland werden bis 2040 über ein Fünftel ihrer Bevölkerung verlieren“, heißt es in der Forschungsarbeit mit Verweis auf aktuelle Prognosen aus dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Dagegen waren die Voraussagen für die 15 größten Städte und vor allem auch viele Landkreise in Süddeutschland eigentlich deutlich positiver.

Pandemien und Epidemien sorgen in Metropolen für viele Opfer

Dann breitete sich jedoch das Coronavirus aus. Dass Metropolen gerade in Zeiten kollektiver Gesundheitsprobleme mit vielen Opfern zu kämpfen haben, ist auch historisch gesehen nicht ungewöhnlich. In Nürnberg habe sich die Einwohnerzahl während der Pest-Welle von 1632 bis 1634 um zwei Drittel verringert, schreiben die Forschenden. Im 19. Jahrhundert seien allein im Deutschen Reich mehr als 100.000 Menschen an Tuberkulose gestorben – die meisten davon in den großen Städten.

Auch wenn derartige Entwicklungen aufgrund sanitärer Strukturen und Gesundheitsvorsorge heute insgesamt weniger extrem sind, hat das Virus zumindest auch jetzt wieder in den Metropolen viele Opfer gefordert. In allen der fünfzehn größten Städten stieg die Sterberate 2020 bereits um fünf Prozent. Gleichzeitig gab es im ersten Pandemiejahr im Schnitt 2,5 Prozent weniger Geburten als zuvor. Im Jahr der großen Impfhoffnungen 2021 wurden dann zwar wieder mehr Kinder geboren, es starben im Frühjahr aber noch einmal sehr viele Menschen. Außer in München, Frankfurt am Main, Stuttgart und Köln blieben die sogenannten natürlichen Bevölkerungssaldi deshalb weiter negativ.

Verdrängung durch hohe Mieten – Leipzig noch preiswerter

Dafür zeigte sich vor allem in Stuttgart, Köln und Frankfurt am Main eine erhebliche Abwanderung. Die Forschenden aus Leipzig haben die Lage in Stuttgart genauer untersucht und eine sogenannte Suburbanisierung – den Auszug der Städterinnen und Städter in ländlichere Regionen – als Grund für die erhebliche Schrumpfung ausgemacht. Bei Befragungen in der baden-württembergischen Landeshauptstadt hätten etwa 70 Prozent zu hohe Wohnkosten als Grund für den Umzug angegeben, gut die Hälfte habe in Stuttgart auch einfach keine passende Wohnung mehr gefunden.

Ähnliche Entwicklungen gibt es bekanntlich auch in vielen anderen Großstädten. In Leipzig war die Wohnsituation im vergangenen Jahrzehnt dagegen immer eines der größten Argumente für Neuankömmlinge. „Leipzig hat im Vergleich der 15 größten deutschen Städte immer noch relativ preiswerte Mieten, und der Wohnungsmarkt ist noch nicht so extrem angespannt“, sagt Stadtforscher Dieter Rink. Zudem sei der Leerstand hier auch jetzt noch etwas größer. „In Städten, die 2021 stark schrumpften, liegt der Wohnungsleerstand teilweise unter einem Prozent, so etwa in Köln (0,9 Prozent), Stuttgart (0,6 Prozent) oder Frankfurt am Main (0,2 Prozent). Außerdem ist Leipzig gerade bei jungen Menschen deutschlandweit nach wie vor sehr beliebt und hatte bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie eine überaus dynamische Beschäftigungsentwicklung.“


14.03.2022

Leipzig: Immobilienpreise in einem Jahr um 25 Prozent gestiegen

Der Höhenrausch der Leipziger Immobilienpreise geht weiter. Im letzten Jahr haben sich Grundstücke aller Art um durchschnittlich 25 Prozent verteuert, teilte der unabhängige Gutachterausschuss mit. Ob Eigenheim oder Eigentumswohnung – Normalverdiener haben kaum noch Chancen, räumte der Baubürgermeister ein.

Leipzig. Obwohl die Zahl der Verkäufe leicht zurückging (um drei Prozent), hat der Leipziger Immobilienmarkt im vergangenen Jahr einen neuen Rekordumsatz erzielt. Diesmal landete die Summe bei 4,1 Milliarden Euro, gab der unabhängige Gutachterausschuss am Montag bekannt. Das waren rund 850 Millionen Euro mehr als im Jahr 2020. Im Durchschnitt verteuerten sich Grundstücke im Stadtgebiet allein im vergangenen Jahr um 25 Prozent, erläuterte Matthias Kredt, der den Gutachterausschuss leitet.

Einerseits hätten die Zahlen etwas Positives, kommentierte Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne). „Sie zeigen, dass Leipzig als Stadt für Arbeit, Leben, Wohnen und Kultur nach wie vor hohen Zuspruch erfährt.“ Andererseits verdeutliche die Entwicklung zugleich, dass „Politik und Verwaltung ihre Möglichkeiten voll ausnutzen müssen, um Leipzigs bezahlbaren Wohnraum zu erhalten“, sagte er.

Baubürgermeister sieht Gefahr für bezahlbare Mieten

Dienberg verwies darauf, dass die Zahl der Milieuschutzgebiete in Leipzig bald von sechs auf zehn anwachsen soll. Er hoffe stark, dass der Freistaat Sachsen in diesem Jahr eine Mietpreisbremse und ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnraum in Leipzig ermöglicht. Die Stadt selbst wolle 2022 ihr wohnungspolitisches Konzept runderneuern, mehr Flächen für die Kommune sichern und bei Eigenheimsiedlungen besser mit dem Umland zusammenarbeiten. Angesichts der Preisexplosion in den vergangenen Jahren hätten Normalverdiener kaum noch Chancen, sich im Stadtgebiet Wohneigentum zuzulegen und damit fürs Alter vorzusorgen, räumte der Bürgermeister ein.

Konkret wechselten 2021 in Leipzig rund 7200 Grundstücke den Besitzer. Der Umsatz von 4,1 Milliarden Euro toppte alles, was es seit Beginn der Erfassung im Jahr 1991 gab. Umsatztreiber waren diesmal die schon bebauten Flächen (vor allem Mehrfamilienhäuser), für die insgesamt 2,5 Milliarden Euro hingeblättert wurden – 750 Millionen Euro beziehungsweise 44 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Verkäufe ging dabei leicht zurück. Schon länger habe sich die Entwicklung der Kaufpreise abgekoppelt von der Entwicklung der Kaltmieten, erläuterte Kredt. Letztere seien in den 2021 verkauften Häusern um vier Prozent gestiegen und hätten am Ende durchschnittlich 6,08 Euro pro Quadratmeter betragen. „Aber natürlich werden viele Neu-Eigentümer versuchen, ihre Ausgaben für den Kauf früher oder später über die Mieten zurückzuholen.“

Wohnungspreis im Waldstraßenviertel bei 8000 Euro

In Leipzig traditionell besonders wichtig für den Immobilienmarkt sind die Eigentumswohnungen. Auch 2021 kamen drei von vier Kauffällen sowie ein Drittel des Gesamtumsatzes aus diesem Segment. Die Preise legten dabei um im Mittel sieben Prozent zu. Der durchschnittliche Preis sanierter Eigentumswohnungen im Erstverkauf (ohne Stellplatzanteil) stieg auf 5450 Euro pro Quadratmeter. Das Maximum mit gut 8000 Euro wurde im Waldstraßenviertel, das Minimum mit 3276 Euro in Altlindenau registriert. Beim Wiederverkauf gebrauchter Eigentumswohnungen (ebenfalls ohne Stellplatzanteil) lag der Mittelwert bei 2500 Euro pro Quadratmeter und damit 18 Prozent über dem Vorjahresniveau.

In neu errichteten Häusern (inklusive Stellplatzanteil) waren im letzten Jahr 5317 Euro pro Quadratmeter für eine Eigentumswohnung zu bezahlen – ein Anstieg um neun Prozent. Noch am günstigsten schnitt Thekla mit 3276 Euro pro Quadratmeter ab, am teuersten die Südvorstadt mit 6655 Euro. Im Erstverkauf gingen 21 Prozent der Neubau-Eigentumswohnungen sowie fünf Prozent der frisch sanierten Objekte an Erwerber mit Wohnsitz in Leipzig. Im Wiederverkauf gebrauchter Eigentumswohnungen lag die Quote bei 38 Prozent.

Im Mittel 210 000 Euro für eine Eigenheim-Parzelle

Freie Baugrundstücke im Bereich von Eigenheimen, Mehrfamilienhäusern sowie bei Gewerbeflächen verteuerten sich nochmals um etwa 18 Prozent. Ein baureifes Einfamilienhausgrundstück im Stadtgebiet kostete 2021 im Mittel 210.000 Euro bei einer Durchschnittsgröße von 700 Quadratmetern. Die Preise für freistehende Einfamilienhäuser (Neubau) lagen bei fast 600.000 Euro und für Reihenhäuser der Baujahre 1991 bis 2009 (Bestandsobjekte) bei 350.000 Euro.

Die Kauffallzahlen bei den Gewerbeimmobilien sind 2021 etwas gesunken. Der Geldumsatz legte jedoch um 400 Millionen auf deutlich über eine Milliarde Euro zu, was laut Baubürgermeister Dienberg auf Büro- und Logistikobjekte zurückzuführen war. Hingegen befinde sich der Markt für Hotel-Grundstücke noch wegen der Corona-Pandemie in einer schwierigen Lage.

Die aktualisierten Bodenrichtwerte können im Internet unter https://bodenrichtwert.leipzig.de abgerufen werden, ebenso der Grundstücksmarktbericht unter www.gutachterausschuss.leipzig.de.

Von Jens Rometsch