Technisches Rathaus als Zocker-Denkmal?
Baulöwe Schneider, Aubis, Licon, Dolphin: Leipzig sah schon viele Schneeballsysteme von Immobilienfirmen zusammenstürzen, erinnert sich Reporter Jens Rometsch angesichts der Entwicklung der Adler Group. Dennoch glaubt er nicht, dass das frühere Technische Rathaus langfristig als Zocker-Denkmal dienen wird.
Leipzig. Der Leipziger Schriftsteller Clemens Meyer hatte mal vorgeschlagen, das frühere Technische Rathaus zum Denkmal für jene Dinge auszurufen, die nach der Deutschen Einheit nicht so toll gelaufen sind. Tatsächlich stehen die Baugerüste an dem riesigen Betonskelett in der Prager Straße nun seit drei Jahren leer.
Doch offenbar gibt es eine Art höhere Gerechtigkeit. Denn die dafür verantwortliche Adler Group hat zuletzt 95 Prozent ihres Börsenwertes eingebüßt. Die Geldanleger haben sich also gewaltig verzockt. Der Name der Gruppe stammte von einem alten Werk für Fahrräder und Schreibmaschinen. Nach der Umwandlung zum Immobilien-Konzern 2012 wurde er zum Synonym für ein undurchschaubares Finanz-Konglomerat.
Adler begann einen aberwitzigen Höhenflug. Für Milliarden Euro wurden Wohnungen, Baugrundstücke und Firmen hin und her geschoben, gern auch über Steueroasen und ohne lokale Kompetenz.
Baulöwe Jürgen Schneider, Aubis, Licon, Dolphin: Leipzig sah schon viele Schneeballsysteme
Leipzig sah schon öfter solche kometenhaften Aufstiege von Baulöwen, deren Stern schnell wieder sank. Ob Mega-Pleitier Jürgen Schneider, die Grünauer Firma Aubis, die Ganoven der Leipzig-West AG, der Projektentwickler Licon oder zuletzt der Dolphin-Immobilien-Skandal: Irgendwie zieht die Stadt immer wieder neue Formen von Schneeballsystemen an. Einziger Trost: Auf die Glücksritter und Spekulanten folgten noch immer seriösere Firmen, die deren Scherben weggefegt haben. Auch das Technische Rathaus wird deshalb nicht dauerhaft ein Zocker-Denkmal sein.
11.12.2020
Dubiose Millionen-Geschäfte mit Immobilien in Leipzig
Die Milliarden-Pleite der Immobilienfirma Dolphin hinterlässt Spuren auch im Leipziger Raum. In der Messestadt besaß das Unternehmen aus Hannover etliche Grundstücke. Recherchen offenbaren nun, wie die dubiosen Geschäfte abliefen.
Leipzig. Eine Milliarde Euro soll das deutsche Immobilien-Unternehmen Dolphin bei ausländischen Investoren eingesammelt haben – auch für Objekte im Raum Leipzig. Erst 2008 in Langenhagen bei Hannover gegründet, meldete es in diesem Sommer Insolvenz an. Nun ist ein Großteil des Geldes nicht mehr auffindbar, ermitteln Staatsanwälte.
Offenbar hatten die Anleger aus Asien oder Großbritannien zu sehr auf vermeintlich strenge Kontrollen in Deutschland vertraut. Und auf die Sicherheiten, die ihnen durch Einträge von Grundschulden angeboten wurden. Jedoch standen die Grundschulden oft in keinem Verhältnis zum Wert der Objekte. Der aktuell verbliebene Immobilien-Bestand der Pleitefirma wird auf nur noch 150 Millionen Euro geschätzt.
Zum Beispiel kaufte Dolphin 2018 das ruinierte Schloss Dwasieden auf Rügen für 18 Millionen Euro – und ließ auf die Fläche 117 Millionen Euro Grundschulden eintragen.
Areal in anderthalb Jahren viermal verkauft
Nach Recherchen des MDR-Magazins „Exakt“, das am Mittwochabend über den Fall berichtete, besaß Dolphin auch im Raum Leipzig etliche Grundstücke. Zur Insolvenzmasse gehört beispielsweise eine dreieckige Brache zwischen der Wundt- und Dufourstraße in Leipzig: direkt vor dem Sitz der Landesdirektion Sachsen. Dieses Filetgrundstück im Zentrum-Süd erwarb Dolphin im Dezember 2016 für 10,5 Millionen Euro. Laut „Exakt“ ließ man dort später über 47 Millionen Euro Grundschulden eintragen. Bis heute dient die Fläche aber nur als Parkplatz. Ursprünglich sollten mal sechs Wohnhäuser, Läden, Büros und eine Tiefgarage entstehen.
2,2 Millionen Euro Aufschlag in nur zwei Wochen
Immer wieder akzeptierten die Hannoveraner hohe Preissteigerungen der Immobilien in kurzer Zeit. So hatte die „Dufourspitze“ noch im Sommer 2015 für lediglich 1,3 Millionen Euro den Besitzer gewechselt. Drei Monate später folgte der nächste Verkauf für 3,2 Millionen Euro, bald darauf noch einer für 5,15 Millionen Euro. Wenig später langte Dolphin bei 10,5 Millionen Euro zu.
Ähnlich ging es bei einer früheren Gärtnerei in Leipzig-Wahren. Die einen Hektar große Fläche an der Damaschkestraße erwarb Dolphin am 26. Januar 2017 für 6 Millionen Euro. Dabei hatte sie der Besitzer selbst erst rund zwei Wochen zuvor für 3,8 Millionen Euro gekauft. Dolphin ließ auf dem Areal 7 Millionen Euro Grundschulden eintragen.
Über 15 Millionen Euro Grundschulden wurden es bei einem alten Gutshof in Gröbers (gehört zu Kabelsketal in Sachsen-Anhalt). Diesen denkmalgeschützten Hof erwarb Dolphin im Februar 2018 für 2,5 Millionen Euro – dabei hatte ihn der Verkäufer selbst erst zwei Monate zuvor für 130 000 Euro gekauft.
Allen drei Beispielen ist gemein, dass es sich bei dem Verkäufer stets um Firmen aus der Immobiliengruppe IKS handelte. Deren Kopf Vasyl Senyuk stammt aus der Ukraine, ist seit Langem als Bauunternehmer in Leipzig aktiv. So hat IKS gerade den letzten historischen Altbau im Leipziger Thomaskirchhof (Ecke Dittrichring) denkmalgerecht saniert, ebenso einen schicken Neubau in der Dufourstraße 21 errichtet. 2018 erwarb IKS das Schloss Schönwölkau (Landkreis Nordsachsen) und begann dort – nach 20 Jahren Verfall – eine aufwendige Dachsanierung. Diesen Sommer wurde das Schloss aber an eine Berliner Firma weitergereicht, die die Arbeiten fortsetzt.
116 Millionen Euro für Brikettfabrik kalkuliert
Im Gegensatz dazu hatten Dolphin und deren aus Großbritannien stammender Chef Charles Smethurst in den letzten Jahren im Leipziger Raum offenbar keinen Stein mehr bewegt. Das galt für das ruinierte Leipziger Polygraph-Werk in Anger-Crottendorf (erworben 2014 für 2,65 Millionen Euro) ebenso wie für die alte Brikettfabrik in Neukirchen bei Borna (ersteigert 2010 für 0,5 Millionen Euro). Beide Objekte wurden jüngst an Firmen aus Leipzig und Süddeutschland verkauft.
Dolphin legte seit 2015 keine Geschäftsbilanzen mehr vor. 2019 benannte sich das Gebilde aus 200 Einzelgesellschaften um in German Property Group. Dem MDR liegen Dolphin-Prospekte auf Englisch vor, die suggerieren, durch den Verkauf von Wohnungen und Stellplätzen ließen sich in der Brikettfabrik Borna 116 Millionen Euro einnehmen, in Gröbers 73 Millionen Euro und im Schloss Schönwölkau (das Dolphin aber nie gehört hat) 76 Millionen Euro. Falls diese Prospekte genutzt wurden und Anleger das glaubten, dürften sie viel Geld verloren haben.
29.04.2019
„Die Zeit der Feste ist vorbei“ – Ex-Baulöwe Jürgen Schneider wird 85
Mit der Sanierung der Leipziger Innenstadt, einer Milliardenpleite und anschließender Flucht in die USA sorgte der frühere Baulöwe Jürgen Schneider für Schlagzeilen. Heute berät er kleine Baufirmen.
Sein Name steht für eine der größten Pleiten in der deutschen Nachkriegsgeschichte: Der Ex-Baulöwe Jürgen Schneider wird am Dienstag 85 Jahre alt. Einst dirigierte der Bauingenieur in seinem Schlösschen im reichen Königsstein im Taunus ein Immobilienimperium. Heute führt er „ein normales, bescheidendes Leben“ in Kronberg, wie er sagt. „Ich fühle mich glücklich mit meinem augenblicklichen Leben.“ Vor 25 Jahren hatte er mit einer Milliardenpleite und seiner spektakulären Flucht in die USA für Schlagzeilen gesorgt.
Geld von mehr als 50 Banken
Mehr als 5,5 Milliarden D-Mark hatte sich Dr. Utz Jürgen Schneider mit meist frisierten Projekt-Unterlagen von mehr als 50 Banken zusammengepumpt und in seine Altbau-Sanierungen gesteckt. Den Frankfurter Fürstenhof, das Kurfürsteneck in Berlin sowie die Mädler-Passage und ganze Straßenzüge in Leipzig ließ er im alten Glanz erstrahlen.
Im April 1994 setzte sich Schneider, der gemeinsam mit seiner Frau Claudia persönlich haftete, in die USA ab. Ein Jahr später wurde das Paar in Miami gefasst. Vor dem Frankfurter Landgericht folgte der bis dahin spektakulärste Wirtschaftsprozess des Landes, bei dem häufig die kreditgebenden Banken den Schwarzen Peter zugeschoben bekamen.
„Blühende Landschaften traten nicht ein“
Schneider sagt im Rückblick: „Die Banken haben mit mir spekuliert, ich konnte nicht alle 55 Banken über den Tisch ziehen. Ich habe da natürlich eifrig mitgewirkt.“ Er räumt ein, dass er hätte früher regieren müssen. „Die blühenden Landschaften im Osten traten nicht ein. Die Werte sind verfallen. Die Bankschulden waren nicht mehr gedeckt“. Er hätte auch nicht so viele Projekte machen dürfen. „Das war nicht in Ordnung. Das würde ich, wenn ich es noch einmal machen dürfte, völlig anders machen.“
Große Liebe zu Leipzig
Allein in Leipzig hatte Schneider über 70 Gebäude aufgekauft. In die Stadt hatte er sich offenbar verliebt. Auch später zeigte er in Interviews immer wieder seine Zuneigung zur Stadt. Im LVZ-Interview von 2013 sagte er: „Ich fühle mich mit meinen Häusern in Leipzig verbunden. Ich sage immer noch meine, auch wenn sie mir nicht mehr gehören. Aber Leipzig ist mein Lebenswerk. Für mich hat die Stadt etwas ganz Besonderes, für sie hatte ich eine Vision. Leipzig hat einen inneren Kern, den es nirgendwo sonst gibt. Mir schwebte vor, die alten Messestadt-Strukturen schneller wiederherzustellen als auf der grünen Wiese neue Kaufhäuser entstehen. Daher habe ich ganze Quartiere aufgekauft.“
„Peanuts“ von 2,4 Milliarden Mark
Am Ende blieben die Gläubiger auf Forderungen von rund 2,4 Milliarden D-Mark (1,23 Mrd. Euro) sitzen. Die offenen Handwerkerrechnungen in zweistelliger Millionenhöhe im Zusammenhang mit der Schneider-Pleite tat der frühere Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper als „Peanuts“ (Erdnüsse) ab.
Der Ex-Baulöwe Schneider wurde zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und neun Monaten wegen Betrugs, Kreditbetrugs und Urkundenfälschung verurteilt. Seine nach der U-Haft verkürzte Haftstrafe verbrachte er bis Ende 1999 meist als Freigänger: als Buchhalter in einer Bauschreinerei. „Die Zeit im Gefängnis war eine sehr harte Zeit, aber sie war notwendig, um wieder Boden unter den Füßen zu kriegen“, berichtet des Sohn eines hessischen Bauunternehmers.
„Sollte aufs Kreuz gelegt werden“
Einige Jahre später drohte Schneider erneut ein Prozess. Die Staatsanwaltschaft Bonn erhob Anklage wegen Betrugs. Schneiders Sicht auf die Vorwürfe: „Da sollte ich von anderen aufs Kreuz gelegt werden. An der ganzen Sache ist nichts dran.“ 2015 stellte das Bonner Landgericht das Verfahren gegen den damals 81-Jährigen wegen Verhandlungsunfähigkeit ein.
Der einstige Baulöwe lebt nach eigenen Angaben davon, dass er kleine Firmen im Baubereich berät – bei Problemen mit Behörden und mit Banken. „Ich muss ja Geld verdienen“, sagt Schneider. „Und wenn ich den ganzen Tag zuhause sitzen würde, würde ich ja nur meiner Frau auf den Wecker gehen.“
Geburtstag bei der Tochter
Seinen Geburtstag will Schneider im kleinen Kreis mit der Familie in Königswinter bei Bonn feiern, wo seine Tochter lebt und er häufig mit seiner Frau zu Gast ist. „Viele meiner besten Freunde sind leider nicht mehr da. Die Zeit der großen Feste ist vorbei.“
26.06.2020
Nobelquartier Siebengrün: Baufirma wartet seit Jahren auf Geld
Wer durch das neue Quartier Siebengrün in Leipzig-Gohlis spaziert, sieht idyllische Seen, sanierte Gründerzeithäuser und eine Kita. Doch eine wesentlich beteiligte Baufirma wartet seit Jahren auf ihr Geld. Weil die Stadt nicht zahlt, droht sie nun, eine Brücke abzureißen.
Leipzig. Vielleicht wäre es besser für die Baufirma Ezel gewesen, wenn sie auch schnell das Weite gesucht hätte. Diese Frage stand 2014 im Raum – damals ging der Investor des größten Wohnungsbauprojektes in Leipzig pleite. Doch von der nunmehr insolventen Licon-Gruppe hatte das mittelständische Unternehmen aus Süptitz bei Torgau bereits Aufträge im Gesamtumfang von 4,2 Millionen Euro angenommen. Meist ging es um Erschließungsarbeiten für die Umwandlung einer früheren Bundeswehrkaserne in Gohlis zum noblen Wohnquartier Siebengrün. „Zu 70 Prozent hatten wir die Aufträge schon abgearbeitet“, erinnert sich ihr Technischer Leiter Peter Rott.
Probleme schon vor der Insolvenz
Die Baufirma Ezel entschloss sich, nicht wegzulaufen. „Wenn wir das getan hätten, würde es Siebengrün bis heute nicht geben“, meint Rott. Man habe sich gegenüber den Käufern der etwa 400 Wohnungen verpflichtet gefühlt, deshalb den Bau von Straßen, Wegen und einer künstlichen Gewässerlandschaft mit zwei Brücken fortgesetzt. Da Licon bereits vor der Insolvenz Zahlungsschwierigkeiten hatte, trat der Investor mehrfach Bürgschaften bei der Stadt Leipzig für die Erschließungsleistungen an die Firma Ezel ab. Je nach Bautenstand wurden Teilbeträge davon freigegeben.
Trotzdem traf die Licon-Insolvenz die Baufirma aus Torgau hart. Einerseits reichten die Bürgschaften nicht annähernd für die beauftragten Leistungen aus, so Rott. Andererseits stellte sich später heraus, dass beim Verkauf der Parzellen an weit über 100 Eigentümer nicht selten von den Verträgen mit der Stadt abgewichen worden war. So gelangten Teilflächen, die für Wege, einen Spielplatz oder Bäume vorgesehen waren, in Privatbesitz. Für die Brücken hatte Licon keinen Bauantrag gestellt. Bei einem der Regenwasserbecken fehlte die Teichfolie und so weiter.
Leipziger Wasserwerke zahlten zügig
2015 stimmten sich der Insolvenzverwalter, die Firma Ezel sowie das Leipziger Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) gemeinsam ab, wie die Probleme zu lösen sind, erzählt Rott weiter. „Obwohl der Insolvenzverwalter seinen Nichteintritt in die Verträge gemäß Paragraf 103 Insolvenzordnung erklärte, machte das VTA immer neue Forderungen auf.“
Trotzdem habe das Torgauer Unternehmen zur Stange gehalten. Zum Beispiel habe es die Arbeiten zur Schmutz- und Regenwasserableitung vollendet und von der Leipziger Wasserwerken „ohne Probleme“ aus deren Bürgschaften bezahlt bekommen. Nach Vorgaben des Denkmalschutzes wurden Zaun und Mauer an der Olbricht-/Tresckowstraße fertiggestellt – und von Einbehalten aus den Kaufpreisen für die Seegrundstücke finanziert.
„Ausflüchte und Lippenbekenntnisse“
Nur mit dem VTA beziehungsweise Leipziger Rathaus klappe die Zusammenarbeit seit nunmehr fünf Jahren im Zweifel überhaupt nicht. Zum Beispiel sei die durch Ezel ausgebaute Martin-Drucker-Straße von dem Amt schon 2015 abgenommen worden. Die Straßenlaternen seien bis heute in Betrieb, aber noch immer nicht bezahlt. Für die beiden längst fertigen Brücken habe das Torgauer Unternehmen nachträgliche Baugenehmigungen initiiert und finanziert – trotzdem bezahlte die Stadt erst eine Brücke.
So gehe das mit anderen offenen Punkten weiter. „Allein zu Siebengrün habe ich 27 Aktenordner im Regal“, berichtet Rott. Der Firma Ezel würden „für unsere komplett erbrachten Erschließungsleistungen“ aus den Bürgschaften bei der Stadt noch weit über 250 000 Euro zustehen. Auch die Eigentümer vor Ort und der Insolvenzverwalter unterstützten die Forderungen. Doch aus dem Rathaus gebe es nur „Ausflüchte und Lippenbekenntnisse“.
Beschwerde beim Leipziger OBM
Beispielsweise kündige die Stadt seit Jahren Prüfungen an, ob sich in dem Quartier nicht doch noch Platz für mehr Bäume und einen Spielplatz finde. „Dabei kann dort jeder sehen, dass dieser Platz nicht da ist.“ Weil ein Nachweis für die Altlastenfreiheit des Erdreichs unter der Martin-Drucker-Straße fehlte, wolle das Amt in fünf Metern Entfernung zur Straße Probebohrungen vornehmen lassen. „Damit wird nur Zeit und Geld verschwendet, weil es bei diesem Abstand nicht zu konkreten Aussagen für den Straßenbereich kommen kann. Für uns ist das Maß voll.“ Im Juni habe sich die Firma mit einem Protestschreiben an Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) gewandt. Zudem habe sie Dienstaufsichtsbeschwerde gegen eine VTA-Mitarbeiterin eingereicht und gedroht, die nicht bezahlte Brücke wieder abzubauen.
Laut VTA-Chef Michael Jana ist der Fall insgesamt leider recht kompliziert. Auch die Stadt sei sich der „drängenden Zeitschiene“ sehr bewusst, könne die von Licon auf Verwahrkonten eingezahlten Sicherheitsleistungen aber nicht nach Gutdünken auszahlen. Vielmehr gehe das erst, wenn wirklich alle Leistungen aus den öffentlich-rechtlichen Erschließungsverträgen für den jeweils besicherten Bereich erbracht sind. Im konkreten Fall komme erschwerend hinzu, dass für einige Maßnahmen (wie das Betreten von Flächen) immer erst die Zustimmung aller – also weit über 100 – Eigentümergemeinschaften vorliegen muss, die sich selbst oft nur einmal im Jahr treffen.
Vielleicht zahlt die Stadt niemals
Laut dem Amtsleiter sollen die Probebohrungen in diesem Juli stattfinden. Zu weiteren Bäumen und Spielflächen nehme das Amt für Stadtgrün und Gewässer gerade Vorschläge der Eigentümer auf. Derzeit könne die Stadt noch nicht einschätzen, ob „am Ende der Abarbeitung der offenen Vertragspunkte überhaupt ein Betrag übrig bleibt“, so Jana. Falls ja, fließe das Geld aber keineswegs direkt an die Firma Ezel, sondern an den Insolvenzverwalter. Mit den beteiligten, privaten Baufirmen habe die Stadt Leipzig gar keinen Vertrag.
22.05.2015
Landgericht lässt Gesundheit von WBG-Manager Jürgen Schlögel prüfen
Muss sich der Hauptanteilseigner der insolventen Wohnungsbaugesellschaft Leipzig-West AG (WBG) nie mehr vor Gericht für die Millionenpleite des Unternehmens verantworten? Das Landgericht lässt derzeit prüfen, ob Jürgen Schlögel (51) tatsächlich dauerhaft verhandlungsunfähig ist.
Leipzig. Beim vorerst letzten WBG-Prozess im November 2013 hatte sich der Nürnberger krank gemeldet. Ein neurologisches Gutachten aufgrund seiner Alkoholkrankheit ließ bei der Wirtschaftsstrafkammer Zweifel an seiner Verhandlungsfähigkeit aufkommen.
Ein Amtsarzt aus Dessau-Rosslau bestätigte vor einem halben Jahr diesen Befund. Dort hielt sich Schlögel zuletzt auf, dort ist auch eine Firma aus der Nähe von Nürnberg tätig, die im Auftrag Schlögels für die WBG Sanierungsarbeiten durchgeführt hatte. Jetzt hat das Landgericht einen weiteren Amtsarzt eingeschaltet: Er soll untersuchen, ob Schlögels Verhandlungsunfähigkeit anhält und vielleicht von Dauer ist. Wenn dem so sei, würde man das Verfahren womöglich ganz einstellen müssen, räumte Landgerichtssprecher Volker Sander ein. Dann wäre auch die letzte Chance vertan, herauszufinden, wo die hundert Millionen Euro der WBG gelieben sind.
Schlögel gilt als Hauptdrahtzieher des Finanzskandals, bei dem bundesweit 38 000 Gläubiger rund 360 Millionen Euro verloren haben. Allein an Schlögel sollen über 99 Millionen Euro geflossen sein. Doch bis heute musste sich der Franke dafür nicht verantworten – als einziger der ehemals zehn angeklagten WBG-Funktionäre.
21.10.2010
Verdacht auf bandenmäßige Untreue: Drei Leipziger Immobilien-Manager in Haft
Wegen mutmaßlicher Gaunereien mit Millionenschaden sind drei Manager des Leipziger Bau-Projektentwicklers Licon verhaftet worden. Ihnen werde gewerbs- und bandenmäßige Untreue sowie Steuerhinterziehung vorgeworfen, sagte Wolfgang Klein, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Dresden, am Donnerstag.
Leipzig/Dresden. Am Vortag hatte Sachsens Antikorruptionseinheit Ines die Licon-Firmenzentrale sowie die Wohnungen der Verdächtigen durchsucht. Ein Ermittlungsrichter erließ Haftbefehl.
Die Manager sollen über Scheinrechnungen mindestens fünf Millionen Euro ergaunert haben. Nach Kleins Darstellung hielten sie Firmen über Strohleute, die Licon Rechnungen stellten über gar nicht erbrachte Leistungen. Licon habe ahnungslos gezahlt. Das Geld sollen sich die Manager in die eigenen Taschen gesteckt haben.
Die Firma Licon selbst habe mit den Betrügereien nichts zu tun. „Licon ist in unseren Augen die Geschädigte“, sagte Klein. Ein Mitgesellschafter und Geldgeber hatte Anfang September Anzeige erstattet und so die Ermittlungen ins Rollen gebracht. Offen ist, ob die Verdächtigen noch mehr betrügerische Geschäfte machten. „Wir sind erst am Anfang der Ermittlungen“, sagte Klein.
Licon hat sich auf die Entwicklung und Sanierung hochwertiger Baudenkmäler spezialisiert. In Leipzig hat das Unternehmen zahlreiche Gründerzeithäuser modernisiert. Der Geschäftsbetrieb der Firma soll weiterlaufen.