Polizist muss Foto mit Neonazi-Abzeichen auf Uniform hinnehmen

Ein Bundespolizist, der auf einem rechtsextremen „SS-Festival“ umstrittene Abzeichen auf seiner Uniform trägt, muss Presseberichte mit unverpixeltem Foto hinnehmen. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden. Der Polizist habe selbst zur Berichterstattung beigetragen durch das private Tragen der Abzeichen.

Ein Pressefoto eines auf einem Neonazifestival eingesetzten Bundespolizisten mit umstrittenen privaten Abzeichen auf seiner Dienstuniform ist zulässig. Weisen die Abzeichen auf mögliche Sympathien von Polizisten mit rechten Gruppierungen hin, handelt es sich bei der Fotoveröffentlichung um ein zulässiges „Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte“, entschied der Bundesgerichtshof in einem am Montag veröffentlichten Urteil. (AZ: VI ZR 22/21) Die Karlsruher Richter gaben damit dem Verlag Axel Springer recht.

Hintergrund des Rechtsstreits war das „Schild- und Schwertfestival“ („SS-Festival“) im sächsischen Ostritz am 22. Juni 2019. Dort war der Kläger als Bundespolizist im Einsatz. Im April 2018 wurden auf dem gleichnamigen Festival Hitlergrüße gezeigt.

Foto zeigt Polizist mit privaten Abzeichen auf Uniform

Die Initiative „Rechts rockt nicht“ veröffentlichte auf Twitter ein unverpixeltes Foto des Polizisten. Das Foto zeigte ihn erkennbar von der Seite mitsamt zweier privater Abzeichen auf der Uniform. Ein Aufnäher zeigte ein Schwert mit Schild und Flügeln sowie den vom Templer-Orden während der Kreuzzüge auf lateinisch propagierten Spruch „Tue Recht und scheue niemand“.

Das zweite Abzeichen zeigte einen Spartanerhelm mit gekreuzten Schwertern und den griechischen Slogan „Komm und hol sie dir“. Der Spruch geht auf die Worte des spartanischen König Leonidas gegenüber seinen Feinden zurück, seine Waffen niederzulegen.

Polizist sieht Recht am eigenen Bild verletzt

„Bild.de“ und „bz-berlin.de“ nahmen dies zum Anlass, in einem Artikel der Frage über mögliche Sympathien der Polizei mit der rechten Szene nachzugehen. Dazu zeigten sie das unverpixelte Foto des Beamten. Der Spruch „Komm und hol sie dir“ werde bei Waffen-Fans in den USA verwendet, ergaben die Bild-Recherchen.

Der Polizist sah sein Recht am eigenen Bild verletzt. Die Abzeichen seien nicht strafbar. Es werde der Eindruck einer rechten Gesinnung erweckt, klagte der Beamte.

Pressebericht dem Verhalten des Polizisten zuzuschreiben

Der Bundesgerichtshof hält die Fotoveröffentlichung jedoch von der Pressefreiheit gedeckt. Die Veröffentlichung gehöre zur zulässigen Bildberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis. Der Berichterstattung komme ein „erheblicher Informationswert“ zur Frage zu, inwieweit Polizisten mit rechtsnationalen oder rechtsradikalen Gruppierungen sympathisieren.

Es sei zudem dem eigenen Verhalten des Klägers zuzuschreiben, dass über ihn berichtet wurde. Denn er habe die neutrale Uniform bewusst mit privaten Abzeichen verändert und damit zur Diskussion beigetragen.


Focus 25.06.2019

In Ostritz – Am Rande von Neonazi-Festival: Wirbel um Kreuzritter-Abzeichen an Polizei-Uniform
Beim Rechtsrock-Festival „Schild und Schwert“ im sächsischen Ostritz haben sich am Wochenende Hunderte Neonazis versammelt. Begleitet wurde das Festival von einem massiven Polizeieinsatz. Doch ein Beamter der Bundespolizei sorgte wegen zweier fragwürdiger Abzeichen an seiner Uniform für reichlich Irritationen – und Erklärungsnot bei der Polizei.

Die Initiative „Rechts rockt nicht!“ hatte am Samstag ein Foto auf Twitter gepostet, das einen Beamten der Bundespolizei in Uniform zeigt. Doch zwei kleine Details an dessen Uniform sorgten dabei für reichlich Wirbel, so dass das Bild schnell tausendfach kommentiert und retweetet wurde.

Zu sehen ist, dass der Beamte an seiner Dienstkleidung ein Abzeichen trägt, das das Templerkreuz, ein Abzeichen der Kreuzritter darstellt. Zudem trug der Beamte ein Abzeichen, auf dem der altgriechische Spruch „Molon labe“ stand – was übersetzt so viel bedeutet wie „Komm, hol sie dir“. Das Abzeichen wird vor allem von rechtsgerichteten Anhängern des Rechts auf Waffenbesitzes in den USA verwendet.

Polizist trägt Kreuzritter-Abzeichen – Polizei sieht keinen strafrechtlich relevanten Verstoß

„Was sollen denn diese Abzeichen bedeuten?“, fragte die Initiative via Twitter. Die Polizei Sachsen ging auf den Tweet ein und erklärte, dass es sich bei den beiden Patches, die der Bundespolizist getragen hatte, nicht um strafrechtlich relevantes Material handelte.

„Zur Klarstellung, die Patches sind strafrechtlich nicht relevant. Sie wurden nach Rücksprache entfernt. Bezüglich eines möglichen Verstoßes zu Bekleidungsvorschriften liegt die Verantwortung bei der Bundespolizei, die diese auch wahrnimmt“, teilte die Polizei Sachsen weiter mit.

Ein Twitter-User kommentierte die ungewöhnliches Dienstkleidung des Bundespolizisten mit den Worten: „Polizisten, die sich an der Einsatzkleidung auf historische christliche Feldzüge gegen muslimisch bevölkerte Länder beziehen?“

Insgesamt 32 Straftaten in Ostritz verzeichnet

Insgesamt hatte die Polizei nach Abschluss des Neonazi-Treffens und zahlreicher Gegenproteste im ostsächsischen Ostritz eine positive Bilanz gezogen. Alle Versammlungen und Veranstaltungen seien friedlich verlaufen, sagte der Leitende Polizeidirektor Holger Löwe am Sonntag. Insgesamt sind von Freitag bis Sonntag 32 Straftaten und 5 Ordnungswidrigkeiten festgestellt worden. Schwerpunkte bei den Straftaten waren 16 Verstöße gegen das Versammlungsgesetz sowie 10 Fälle des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

An den Protesten gegen das rechtsextreme „Schild und Schwert Festival“ beteiligten sich nach Polizeiangaben rund 2000 Menschen. Die Polizei war mit bis zu rund 1400 Beamten im Einsatz.