Protest und Predigt von Ex-ZDF-Moderator Peter Hahne auf dem Ankerberg in Oberlungwitz geplant

Enttäuschte Landwirte machen am Sonntag mit fundamentalen Christen gemeinsame Sache. Der bekannte evangelikale Prediger Peter Hahne hält einen Gottesdienst.

Auf dem Ankerberg in Oberlungwitz ist für gewöhnlich während des Moto-GP eine Partyzone sondergleichen aufgebaut. Motorradsportfans aus aller Welt feiern auf dem Hügel, was der Kreislauf hergibt. Am Sonntag werden dort Hunderte Menschen in etwas weniger Partystimmung erwartet, wenn die Arbeitsgemeinschaft Weltanschauung (AG Welt), die von der Heinrich-Böll-Stiftung als christlich fundamentalistische Gruppierung eingeordnet wird, und der Zusammenschluss von Landwirten „Land schafft Verbindung“ ab 14Uhr zu einer „gottesdienstlichen Veranstaltung“ laden, bei der der ehemalige ZDF-Journalist und -Talker Peter Hahne einen Gottesdienst abhalten soll.

Auch Nicht-Christen sollen angesprochen werden

Von Thomas Schneider, dem ehemaligen CDU-Kreisrat aus dem erzgebirgischen Breitenbrunn, ist zu erfahren, dass es sich um einen Erntedankgottesdienst handeln soll. Man wolle mit dem Verzicht auf diesen Titel aber auch nicht-christliche Besucher ansprechen. Auf dem Plakat, das er über die von ihm vertretene AG Welt zur Verbreitung anbietet, ist Hahnes Auftritt mit „Warum Deutschland hungert“ überschrieben. Untertitel: „Nur die Wahrheit zählt!“. Die Frage der „Freien Presse“, auf welche Fakten dieser Titel Bezug nimmt, beantwortete Schneider bislang nicht.

„Land schafft Verbindung“ organisiert mit

Georg Stiegler, Chef bei der Waldenburger Agrar GmbH, ist im Verein „Land schafft Verbindung“ aktiv, der mehr oder weniger ein Auffangbecken für von unwirtlichen und unwirtschaftlichen Bedingungen frustrierte Landwirte ist und an der Organisation des „Protest-Erntedankgottesdienstes“ (O-Ton Stiegler) beteiligt ist. Er sagt, dass das Motto von Hahnes Auftritt metaphorisch gemeint sei, in Deutschland leide kaum jemand physischen Hunger. „Es ist die geistige Einfältigkeit, die damit gemeint ist“, sagt Stiegler. „Heutzutage weiß doch jeder, wie es geht, zuhören tut niemand mehr.“

Einladung von Peter Hahne ist kein Zufall

Dass Peter Hahne von der AG Welt eingeladen wird, liegt einerseits an der Bekanntheit des Eingeladenen, andererseits gilt es, Anhänger für die Fundamentalchristen der AG Welt zu rekrutieren. „Hahne spricht Klartext. Nicht nur zu Corona, Klima, Gender und Co.“ wird der Auftritt von den Veranstaltern angekündigt. Zudem raunen die Macher, dass sich Christen bald möglicherweise „nur noch im Geheimen treffen können“. Die Frage, wo AG-Welt-Sprecher Thomas Schneider die Meinungsfreiheit und das Recht auf freie Religionsausübung in Gefahr sieht, ließ er bislang ebenfalls unbeantwortet.

Stühle sollen mitgebracht werden, Zelt wird aufgebaut

Die AG Welt wirbt derweil damit, dass man am Sonntag bei sächsischen Landwirten zu Gast sei. Und das darf man durchaus wörtlich nehmen, denn laut den Mitveranstaltern von „Land schafft Verbindung“ zahlt für die Veranstaltung niemand Miete oder Pacht für die Fläche, die die Agrargenossenschaft Lungwitztal bewirtschaftet. Dort wollte der für die Flächen verantwortliche Mitarbeiter der „Freien Presse“ keine Fragen zu der Veranstaltung beantworten. Die Plakate der AG Welt besagen, dass man mögliche Sitzgelegenheiten selber mitbringen möge. Die Landwirte von „Land schafft Verbindung“ sagen derweil, dass man nun doch entschieden habe, ein Zelt aufzubauen. Es könne rund 600 Besucher fassen.

Kommentar: Große Symbolik 

Protest und Erntedank passen für mich irgendwie nicht ganz zusammen. Aber am Sonntag passt ziemlich viel nicht ganz zusammen. Die Landwirte, die in „Land schafft Verbindung“ schon viele öffentlichkeitswirksame Aktionen gestartet haben, fühlen sich von der Politik so sehr im Stich gelassen, dass sie sich nun mit den christlichen Fundamentalisten der AG Welt zusammentun. Die wiederum agieren zumeist im sogenannten Bible Belt des Erzgebirges und freuen sich über unzufriedene Mitstreiter, zumal von leicht außerhalb ihrer Kernregion. Sie freuen sich über jeden, der mit ihren Ideen konfrontiert wird.

Der Ankerberg ist am Sonntag damit ein hoch symbolischer Ort für alle Akteure. Er ist in der Region bei Groß und Klein bekannt. Das Erzgebirge ist von dort aus weithin sichtbar, dort wird zugleich hoch technisierte, durchrationalisierte und zudem mit hohen Subventionen ausgestattete Landwirtschaft betrieben, es ist zudem nicht der erste Erntedankgottesdienst an dieser Stelle.

Aber es ist aus meiner Warte keine gute Idee, Protest von Landwirten gegen harte Rahmenbedingungen und Missionierungsbemühungen christlicher Fundamentalisten zu vermischen. Und ob es eine gute Idee ist, die ehemalige TV-Koryphäe Peter Hahne als rechts-konservative und evangelikale Schlagwortschleuder einzuladen, müssen die Macher selber wissen. Ich wette, dass er einfache Antworten auf sehr viele und sehr komplexe Fragen anbietet. Aber ich bin auch gespannt, was von seinem Auftritt bleibt.