Mohammad K. aus Leipziger Uniklinikum nach Dresden in Abschiebehaftanstalt überführt

Am Montagmittag haben Polizeibeamte den 26-jährigen Jordanier Mohammad K. aus dem Leipziger Uniklinikum abgeholt. Er wurde in die Dresdner Abschiebehaftanstalt überführt. Auch deshalb gab es den Tag über weitere Demonstrationen gegen Abschiebungen.

Am Mittwoch wird Mohammad K. seinen 27. Geburtstag feiern – vermutlich in einer Zelle der Abschiebehaftanstalt in Dresden-Friedrichstadt.

Am Montag hatte die Polizei den Mann, der vor sieben Jahren aus Jordanien nach Deutschland kam, aus dem Universitätsklinikum Leipzig (UKL) abgeholt. Das bestätigte sein Anwalt Robin Michalke gegenüber der LVZ. „Die Landesdirektion hat mich soeben darüber in Kenntnis gesetzt“, teilte er am frühen Abend mit.

Die Anstalt im Dresdner Stadtteil Friedrichstadt ist nach LVZ-Informationen seit dem 5. September wieder in Betrieb. Am Montagnachmittag zogen Demonstranten deshalb vor das Gebäude in der Hamburger Straße. Neben Mohammad sind derzeit ein Mensch aus Afghanistan, ein Mensch aus Pkaistan und drei aus Georgien in der Anstalt.

Landesdirektion will Verfahren nicht kommentieren

Nach Angaben einer Leipziger Sympathisantin namens Yasemin Şahin habe Mohammads Bruder Mustafa ihn am Montag gerade besucht, als Polizisten in ziviler Kleidung das Krankenzimmer betraten. „Sie haben ihn mitgenommen, Mustafa musste im Zimmer bleiben“, berichtete sie. Mohammad K. sei seither nicht zu erreichen gewesen, auch nicht für seinen Anwalt. Sein Handy sei ausgeschaltet.

Die Sächsische Landesdirektion mit Sitz in Chemnitz, die für Abschiebungen zuständig ist, wollte den Vorgang mit Verweis auf ihre Geheimhaltungspflichten nicht kommentieren. Man könne „keine Auskünfte zu Planung, Organisation und Absicherung konkreter aufenthaltsbeendender Maßnahmen erteilen“, so ein Sprecher.

Grüne: Einsatz „absolut unverhältnismäßig“

Vor dem Krankenzimmer von K. im Leipziger UKL standen bis zuletzt immer vier Polizeibeamte Wache. Rechtsanwalt Michalke hatte bei der Stadt Leipzig einen Antrag auf eine amtsärztliche Untersuchung seines Mandanten gestellt. Auch, um zu verhindern, dass K. in ein Haftkrankenhaus überführt wird. „Mohammad K. ist kein Verbrecher, aber er wird gerade wie einer behandelt“, sagte er gegenüber der LVZ.

Am Montag erreichte der Fall K. auch die sächsische Landespolitik. Petra Cagalj Sejdi, asyl- und migrationspolitische Sprecherin der Grünenfraktion, erklärte: „Das rücksichtslose Vorgehen der Vollzugsbehörden im Fall Mohammad ist für uns Bündnisgrüne unverständlich.“ Der Einsatz von Spezialkräfte sei „absolut unverhältnismäßig“.

Am Sonntag hatte sich K. noch in einer Videobotschaft erstmals selbst zu Wort gemeldet. „Ich bin der Mensch, der abgeschoben werden sollte“, sagte er, bekleidet mit einem hellblauen Patientenhemd. Dunkle Augenringe, tiefe Stirnfalten – die Erschöpfung der vergangenen Tage stand K. ins Gesicht geschrieben.

Erneut Demonstrationen vor Uniklinikum

K. erzählte von sich und seinem Leben in Deutschland. Wie er ganz allein Deutsch gelernte habe – und beim Lukas-Bäcker am Leipziger Augustusplatz einen Job annahm. Als ihm 2020 die Aufenthalts- und damit auch die Arbeitserlaubnis entzogen wurde, verlor er die Anstellung wieder. „Ich habe mein Leben einfach hier in Deutschland aufgebaut“, sagt er in dem Video auf Instagram. „Ich will und ich hoffe, dass ich hier in Deutschland bleiben kann.“

Bereits am 13. September hätte K. nach Willen der Behörden abgeschoben werden sollen. Doch als Polizeieinheiten in seiner Wohnung in der Leipziger Südvorstadt eintrafen, fügte er sich selbst Verletzungen am Unterarm zu und drohte, sich das Leben zu nehmen. Die Abschiebung wurde daraufhin vorläufig ausgesetzt. Nach einigen Stunden Verhandlung kamen Beamte in die Wohnung. K. wurde in einem Krankenwagen ins UKL gebracht.

Mohammad K. war seit 2020 ausreisepflichtig. Sein Asylantrag war abgelehnt worden, was statistisch gesehen keine Besonderheit ist. Von den 99 Menschen, die beispielsweise im Jahr 2021 aus Jordanien nach Deutschland flohen, erhielten nur fünf einen positiven Asylbescheid. K., der aus einer palästinensischen Familie stammt, kam mit Eltern, seinem Bruder und seiner Schwester nach Deutschland.

Videobotschaften von Freunden und Unterstützern

Und er reiste 2020 trotz des negativen Asylbescheids nicht aus. Er wurde auch nicht abgeschoben – und baute sich stattdessen ein Leben in Deutschland auf. Dass seine Abschiebung auf sich warten ließ, ist nach Ansicht der Sächsischen Landesdirektion den langsamen Behörden geschuldet. „In nicht wenigen Fällen wird die Ausreisepflicht (…) gehemmt. Die Gerichte sind überlastet, bis zu den abschließenden Gerichtsentscheidungen können Jahre vergehen“, erläuterte ein Sprecher. Daher verblieben „Asylbewerber nicht selten mehrere Jahre in Deutschland, bis eine endgültige Entscheidung (…) vorliegt oder mangels freiwilliger Ausreise eine Abschiebung vollzogen werden muss.“

Unter dem Nutzernamen @Mohammadbleibt macht ein Unterstützernetzwerk seit einer Woche über soziale Netzwerke auf den Fall K. aufmerksam. In Videobotschaften teilen Freunde kleine Statements, in denen sie fordern, dass K. in Deutschland bleiben soll. Vor dem Leipziger Universitätsklinikum und vor der Ausländerbehörde wurde am Montagnachmittag erneut gegen Abschiebungen demonstriert. Am Abend soll ein solidarisches Konzert auf der Sachsenbrücke stattfinden.