Baut anarchistische Boxgruppen auf!
Als Anarchist*innen brauchen wir Selbstverteidigung. Wie wir gerade unter anderem an der stötteritzer Naziszene sehen, ist es nötig, dass wir uns im Ernstfall selbst verteidigen können (wenn die Verhältnisse sich zuspitzen). Wir brauchen Selbstvertrauen, Kampferfahrung und funktionierende Zusammenhänge. Wir müssen uns dazu organisieren und uns gegenseitig Skills vermitteln. Das Training soll einen Beitrag dazu leisten. Wir brauchen aber noch viel mehr kostenlose anarchistische Skillsharing bspw. Erste Hilfe Workshops.1
Da wir uns nicht auf den Staat verlassen, ist Kampftraining auch in unserem Alltag sinnvoll. Egal ob bei der Bedrohung durch Faschos oder pöbelnden Sexisten, wir müssen uns selbst beschützen können. Es ist aber auch für unser Selbstbewusstsein und Körperwahrnehmung nützlich, Kampfsport zu betreiben. Oft haben wir zu viel Angst vor Konfrontationen, was sich auch auf unsere politische Arbeit auswirkt. Wir lernen durch Sport auch unsere Grenzen besser abschätzen zu können. In vielen Situationen trauen sich Menschen nicht z.B. sexistische Arschlöcher von breit beworbenen Soli-Partys oder offenen Treffen zu schmeißen. In der Folge davon finden solche Veranstaltungen oft nicht statt. Wir hoffen, dass wir mit mehr Selbstbewusstsein unsere Szene öffnen und anderen schneller Grenzen aufzeigen können.2
Sport ist außerdem wichtig für die mentale Gesundheit. Kapitalismus produziert durch den Zwang ständig seine Arbeitskraft zu verkaufen und der Ausbeutung in der Arbeit Leistungsdruck, Konkurrenzkampf und Angst (vor Verlust Arbeitskraft und sozialen Abstieg). Psychische Überbelastungen sind die Folge. In unserer gewalttätigen, hierarchischen und diskriminierenden Gesellschaft haben viele Personen außerdem oftmals mehrere Traumata. Sport kann hier (in Zusammenhang mit anderen Maßnahmen) zu Stressabbau, Stärkung des Selbstvertrauens und dem Abbau von Ängsten führen. Während Drogenkonsum im Kapitalismus oftmals in Sucht und Psychosen endet, kann Sport uns stärken. (Nichts gegen Drogen. Nicht Drogen sind das Problem, sondern der Kapitalismus macht Drogen ungenießbar, durch die oben erwähnten psychischen und materiellen Belastungen. Auch ist Sport nicht unbedingt von Grund auf emanzipatorisch.) Wir glauben, aktuell brauch die anarchistische Szene in Deutschland mehr Sport.3
Sporttrainings sind auch gute Mittel, um unsere Ideale zu vermitteln. Menschen, die nicht gerne zu Plena gehen, haben hier Anknüpfpunkte. Während Nazis sogar schon eigene Kampfsportfestivals abhalten, hinken wir bei der Organisierung von Menschen abseits unserer Szene noch weit hinterher. Unsere Trainings können die Vorteile des Anarchismus aufzeigen und Orte gelebter Anarchie werden. Wie Crimethinc es schon sagte, „es soll sich lohnen Anarchist zu sein“. Mit kostenlosen Trainings auf Basis von Freiwilligkeit und Gegenseitiger Hilfe setzten wir dies um.
Anmerkung: Wir sind alle keine professionellen Trainer*innen. Wir geben in erster Linie Kampfsport-Trainings und keine Selbstverteidigungskurse. Wenn ihr dahingehend Erfahrung habt, können wir diese aber gerne einbauen.
Baut offene anarchistische Boxsportgruppen auf!
Organisiert den antifaschistischen Selbstschutz!
1 Crimethinc: „Russland: Anarchist*innen gegen die Invasion der Ukraine“.
2 METADISKURSIV: Linke (Kampf-)Sportvereine in Deutschland –
https://metadiskursiv.noblogs.org/post/2019/08/25/linke-kampf-sportvereine-in-deutschland/
3 METADISKURSIV: Die Linke als Konsumraum –
https://metadiskursiv.noblogs.org/post/2019/07/13/die-linke-als-konsumraum/
Trainingsrichtlinien
Die Richtlinien haben sich aus eigenen Erfahrungen und Kritik mit traditionellen Boxvereinen und Trainings in Hausprojekten entwickelt. Oftmals sind gerade linke Sportgruppen unangenehm mackrig, spaß-befreit und ungeordnet/ineffektiv. Weiter unten ist der Ablauf unseres ersten Trainings, um eine Vorstellung von einem Training zu bekommen und (bei vorhandener Kenntnis) auch selbst ein Training anbieten zu können.
Unsere Prinzipien sind: 1. Antifaschistisch, 2. Anarchistisch, 3. Feministisch, 4. Diszipliniert und 5. Spaßig.
- Antifaschistisch: Wir trainieren natürlich ohne Faschist*innen.
- Anarchistisch: Kritik, Verbesserungen und Feedback von Teilnehmer*innen ist immer möglich und auch die Übernahme einzelner Einheiten oder ganzer Trainings von verschiedenen Personen. Die Trainings laufen darauf hinaus, dass sich die Gruppen später selbst verwalten können. Um Hierarchien abzubauen, trainiert der*die Trainier*in mit, auch wenn dies oftmals ein wenig chaotisch ist. Für das Problem haben wir noch keine richtige Lösung gefunden. Die Trainier*innen werden natürlich auch nicht bezahlt.
- Feministisch: Es gibt keine Diskriminierung von Frauen, Lesben, Inter, Nonbinary, Trans, Agender und keine sexistischen Sprüche, kein Angeber Scheisz, kein Einschüchtern durch Blicke oder Körperhaltung, kein aggressives Verhalten. Wir haben uns gegen Awareness-Personen entschieden. Es hat sich gezeigt, dass es praktisch nicht funktioniert, wenn nur eine Person ansprechbar ist und auf alle Menschen achten soll. Insbesondere die Trainingsdynamik mit festen Einheiten und Teams erschwert die gezielte Kommunikation mit nur einer ansprechbaren Person. Wir sehen hier auch die anarchistische Kritik der Rigaer, dass alle aufeinander achten sollen. Wir wollen eine Atmosphäre schaffen, in der alle aufhören, wen sie nicht mehr können, alle ansprechbar sind und alle sagen wenn sie etwas stört. Wir haben diese klaren Grundsätze, damit alle darauf achten und aware sind. Wir wollen also keine weitere (nicht in einem Training umsetzbare) Spezialisierung und Hierarchisierung, sondern alle Menschen sollen Awareness Personen sein. Sprecht Sachen vor, bei und nach dem Training an, wenn ihr euch unwohl fühlt!
- Diszipliniert: Das Training findet als Team und ohne Grüppchenbildung statt. Keine Person ist gut genug um nicht an den gleichen Übungen teilnehmen zu können. Es ist klar strukturierte mit 30 min Erwärmung & Dehnung, 30 min Technik, 30 min Boxen, 30 min Krafttraining/Sparring und Dehnung.
- Spaßig: Oft existiert bei Boxtraining in Hausprojekten eine gezwungene Atmosphäre. Bei uns steht dagegen der Spaß steht im Vordergrund, dadurch werden Trainings auch effektiver.
Wir Linke und Anarchist*innen haben einen Hang zu -Ismen und didaktischen Konzepten. Im Endeffekt ist das hier auch nur viel heiße Luft. Am Ende wollen wir eigentlich nur Training wie sie sein sollten: Effektiv, Spaßig und auf Augenhöhe.
Ablauf 1. Training – Gerade
- Erwärmung
2 Min Hampelmänner (Arme/Bein vor und zur Seite)
2 Min Springen + locker Schlagen
1 Min Knie Hebellauf (vor und zurück)
1 Min Knie locker kicken
2 Min Arm Kreisen (Vor, Zurück, 2x Entgegengesetzt)
1 Min Kopf
1 Min Schulter Kreisen
1 Min Hüfte
1 Min Hände Kreisen
2 Min Beine eindrehen +
1 Min Füße
10 Liegestütze
>Timer Einstellen: 1:30 + 15 Sekunden Pause (für Erklärung)
1:30 Min Kicks
1:30 Min Liegestütze Spiel – gegenseitig auf die Hände schlagen
1:30 Min Ausfallschritt Dehnung
1:30 Min Sit Ups mit Gegenüber Abklatschen
1:30 Min Sparring Spiel – Finger auf Schulter oder Brust tippen
- Technik
1:30 Min Laufen mit Deckung
1:30 Links Schlagen langsam
1:30 Links Schlagen normal
1:30 Rechts Schlagen langsam
1:30 Rechts Schlagen normal
1:30 Kombi Schlagen langsam
1:30 Kombi Schlagen normal
1:30 Kombi Schlagen + Laufen
1:30 Antäuschen
- Schlagen mit Pratzen
> Timer: 1:30 Übung – 45 Sekunden Pause
1:30 Min Links Langsam
1:30 Links Langsam (Pratzen – Wechsel)
1:30 Rechts Langsam
1:30 Rechts Langsam (Wechsel)
1:30 Links Normal
1:30 Links Normal (Wechsel)
1:30 Rechts Normal
1:30 Rechts Normal (Wechsel)
1:30 Kombi
1:30 Kombi (Wechsel)
- Sparring/Kraftsport und Dehnung
Sparring wer will – andere Menschen fangen nach 5 min mit Kraftsport an
1:30 Schattenboxen (letzten 20 Sekunden- 10 Liegestütze: 5 am Körper – 5 normal)
1:30 Kicken
1:30 Sit Ups
1:30 Schattenboxen (letzten 20 Sekunden – 10 Liegestütze)
1:30 Kicken
1:30 Sit Ups
1:30 Schattenboxen (Liegestütze so viele wie geht)
1:30 Kicken (letzten 30 Sekunden – Übung Bergsteiger)
1:30 Sit Ups
Dehnung
Kopf
Schulter
Arme (Kreisen, Strecken=
Hüfte
Hände
Beine (Drehen, Ausfallschritt, Zehen berühren, Knie anziehen)
Füße