Kripo Leipzig ermittelt: Was ist bei Röthas Jugendfeuerwehr-Camp in Kitzscher passiert?

Polizei und Staatsanwaltschaft gehen einer Anzeige wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen nach. Der Vorfall soll sich bei einem Camp in Kitzscher innerhalb der Feuerwehr Rötha abgespielt haben. Dort gibt es bereits heftige Konsequenzen.

Rötha. Die Ortsfeuerwehr Rötha ist in schwere Turbulenzen geraten. Anders kann man es nicht bezeichnen, wenn es fast über Nacht einen neuen Ortswehrleiter gibt, Führungskräfte suspendiert werden, die bisherige Chefin zurücktritt und mit ihrem Mann die Feuerwehr gleich ganz verlässt.

Hinter der dramatischen Entwicklung steckt ein Vorfall, der sich schon vor mehr als einer Woche bei einem Zeltlager von Jugendfeuerwehren in Kitzscher ereignet haben soll. Nachwuchs-Brandschützer und Betreuer aus Kitzscher, Rötha und Bad Lausick hatten im Johannes-Oberscheven-Sportpark ihre Zelte aufgebaut.

Eltern stellen Strafanzeige

Das Wochenende mit Spiel, Spaß und Ausbildung, an dem rund 50 Kinder und Jugendliche sowie etwa 20 Erwachsene teilgenommen hatten, nahm ein unschönes Ende. Der dafür maßgebliche Vorfall soll sich am Sonntag kurz vor Ende des Camps zugetragen haben.

Dabei sollen mehrere erwachsene Feuerwehrangehörige eine Jugendliche gefesselt haben, möglicherweise an einen Baum, wie von verschiedener Seite gesagt wird. Die Polizei, bei der von der Familie des Mädchens Anzeige erstattet wurde, will sich zum möglichen Hergang der Tat auf Anfrage nicht äußern.

Von der Polizeidirektion Leipzig bestätigt wird lediglich der Eingang der Anzeige noch an dem fraglichen Sonntag. Die Kriminalpolizei führe ein Ermittlungsverfahren „wegen des Verdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen“, teilt Polizeisprecherin Dorothea Benndorf mit.

Staatsanwaltschaft will Geschädigte schützen

Was genau sich an jenem Tag ereignet hat, bleibt daher noch weitgehend im Dunkeln. Auch die Staatsanwaltschaft lehnt es ab, „Angaben zu den beteiligten Personen, zu weiteren Einzelheiten des mutmaßlichen Geschehensablaufs und zu den bereits durchgeführten und noch durchzuführenden Ermittlungen“ preiszugeben. Staatsanwältin Jana Friedrich begründet das mit laufenden Ermittlungen und „schutzwürdigen Interessen der noch minderjährigen Geschädigten“.

Augenzeugen gab es offenbar nicht sehr viele, denn zu der Zeit sollen die meisten schon damit beschäftigt gewesen sein, das Lager abzubauen. Zudem soll sich der Vorfall ausschließlich unter Mitgliedern der Röthaer Feuerwehr abgespielt haben.

Für die Truppe sind die Konsequenzen jetzt schon enorm. Bürgermeister Pascal Németh (Röthaer Land) hat umgehend drei Mitglieder der Feuerwehr suspendiert. Ohne sich zu den Details des Vorgefallenen zu äußern, begründet er sein Vorgehen der LVZ gegenüber mit den Worten: „So etwas ist unter keinen Umständen tolerierbar.“

Feuerwehr Rötha verliert fünf Mitglieder

Besonders wer mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, so Németh, muss wissen, wie man mit ihnen umgeht, und in der Lage sein, in bestimmten Situationen zu deeskalieren. Er erwarte, dass die Strafverfolgungsbehörden im Rahmen der Gesetze für eine Aufarbeitung des Falles sorgen, betont der Bürgermeister.

Die Freiwillige Feuerwehr Rötha verliert nach dem Vorfall in Kitzscher nicht nur die drei suspendierten Kameraden, sondern mit der bisherigen Ortswehrleitern Manuela Brandl und ihrem Mann zwei weitere. Sie gehörte seit 14 Jahren zur Führungsriege. Erst hatte sie die Jugendfeuerwehr geleitet, später die Ortswehr.

Der LVZ bestätigt Brandl, dass sie dem Bürgermeister ihren Rücktritt angeboten und die Feuerwehr auch ganz verlassen hat, weil sie die politische Verantwortung für den Vorgang übernimmt. Zu dem Vorfall selbst, den sie nicht gesehen habe, will sie sich nicht äußern.

Schwierig: Einsatzbereitschaft am Tag

Zum kommissarischen Leiter der Ortsfeuerwehr ernannte Bürgermeister Németh Klaus Schömann. Der war von 2016 an der erste Leiter der nach der Eingemeindung von Espenhain neu gebildeten Stadtfeuerwehr Rötha gewesen. Bei der Neuwahl 2021 hatte Schömann aber keinen Leitungsposten mehr bekommen.

Für die vorläufige Besetzung der vakanten Stelle, sagt der Bürgermeister, habe er sich vor allem von der langjähriger Erfahrung, dem Know-how und der Führungsqualität des gestandenen Brandschützers leiten lassen.

Schömanns Aufgabe ist es jetzt, so Németh, „die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr zu strukturieren“. Was so einfach nicht sein dürfte. Schon bisher, das sagt auch der amtierende Chef, ist es mit der Einsatzbereitschaft der Röthaer am Tage schwierig gewesen, unter anderem weil etliche Mitglieder auswärts arbeiten.

Aufarbeitung mit Eltern und Kindern

Die jetzigen fünf Abgänge verringern den Personalbestand noch weiter. Wobei sich unter den Ausgeschiedenen zwei Zugführer und ein Gruppenführer befinden. Also gut ausgebildetes Personal, das bei Einsätzen und bei der Ausbildung zur Führung benötigt wird. „Ich muss jetzt dafür sorgen, dass der Dienstbetrieb weiterlaufen kann“, sagt Schömann. Außerdem müsse er das Geschehene mit Kindern und Eltern aufarbeiten.

Was die Einsätze anbelangt, wünscht sich Stadtchef Pascal Németh ein engeres Zusammenrücken der Ortsfeuerwehren. In einer ersten Reaktion auf die personelle Schwächung ist zwischen Bürgermeister und Wehrleitungen bereits entschieden worden, das vorläufig bei Einsätzen für die Röthaer Ortswehr die Espenhainer Floriansjünger immer gleich mit alarmiert werden. Németh: „Damit die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet ist.“