Wieder Prozess gegen rechten Intensivtäter in Dresden

Die Justiz hat sich lange Zeit gelassen mit einem 25-jährigen Dresdner Neonazi. Doch auch diese Chance hat er nicht genutzt. Jetzt droht ihm eine lange Haft.

Felix F. ist ein junger Neonazi aus der Kategorie „unbelehrbar“ mit einem bemerkenswerten Hang zum Rüpeln und Prügeln. Seit Freitag steht er wieder vor dem Amtsgericht Dresden, wo die Staatsanwaltschaft sechs Anklageschriften verlesen hat. Gesammelte Werke aus dem vergangenen Jahr: gefährliche Körperverletzung, Beleidigung, Volksverhetzung.

Und als wäre das allein nicht schon genug, übergab der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts dem Verteidiger die Akten von zwei weiteren Anklagen mit der Bitte, auch diese Vorwürfe jetzt mitzuverhandeln. Felix F., der seit Mai eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten absitzt, wird sich auf eine weit längere Zeit in staatlicher Obhut einstellen müssen.

Flammen und zerstörte PKW

Laut Anklage hat er im März dieses Jahres bei einer Querdenker-Demo auf mehrere Gegendemonstranten eingeschlagen. Bei einer anderen Querdenker-Demo zuvor im Februar im soll F. antisemitische Parolen gebrüllt haben. Am Neujahrsmorgen dieses Jahres habe er seine Freundin mehrfach geschlagen, sodass sie stationär ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Schon Mitte 2021 soll Felix F. nachts das Auto der Frau in Brand gesteckt haben. Die Flammen zerstörten den alten BMW 318 und einen zweiten Pkw daneben.

Der Angeklagte räumte über seinen Verteidiger Mario Thomas einen großen Teil der Taten ein, darunter die Prügelei am Wiener Platz und die Übergriffe auf die Freundin. Andere Vorwürfe wie das Abfackeln des Autos, bestreitet F. Das Gericht hat mehrere Sitzungstage geplant.

Der 25-jährige war schon als Jugendlicher in der NPD-Jugendorganisation Junge Alternative engagiert und sammelte ab 2013 erste praktische Erfahrungen mit dem Strafrecht. Doch die erzieherischen Maßnahmen von sechs Jugendverfahren verfehlten ihre Wirkung komplett.

2015 prügelte F. mit der rechtsextremen „Freien Kameradschaft Dresden“ und randalierte mit mehr als 200 anderen Neonazis und Hooligans im Leipziger Stadtteil Connewitz. Dafür und für weitere Taten wurde er Ende 2016 zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, die er bis auf den letzten Tag absaß. Im März 2020, gerade ein halbes Jahr wieder draußen, prügelte F. in der Neustadt auf Ausländer ein. Erst im September 2021 wurde er dafür zu eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.

Diese Strafe und ein weiteres Urteil sitzt F. seit Mai ab – insgesamt ein Jahr und acht Monate. 2020 war auch sonst kein gutes Jahr für ihn. Im Juni wurde er von Unbekannten zu Hause überfallen und zusammengeschlagen, angeblich eine Racheaktion für Connewitz. Wenige Tage später wurde er bei einem Motorradunfall lebensgefährlich verletzt und lag mehrere Wochen im Koma.


19.03.2022 Alexander Schneider

Rechtsextremer Impfgegner verletzt Mann auf Demo in Dresden

Ein Neonazi hat vor einem Corona-Protestmarsch in Dresden Gegendemonstranten verletzt. Nun hätte der Mann wegen einer anderen Tat eigentlich vor Gericht stehen sollen.

Dresden. Mindestens einmal im Jahr macht Felix F. öffentlich von sich reden. Leider sind es selten positive Schlagzeilen. Diese Woche war es wieder so weit: Am Montag soll er am Rande einer Demonstration gegen die Coronapolitik herumgerüpelt haben, und am Mittwoch ließ er sich als Angeklagter vor Gericht entschuldigen – wegen Verdachts einer Corona-Infektion, wie ein Sprecher des Landgerichts Dresden bestätigte.

Eigentlich sollte sich der 24-jährige Rechtsextremist schon am Montagmorgen um 9 Uhr in einem Berufungsprozess verantworten. Es ging um tätliche Angriffe auf mehrere junge Männer und Frauen teilweise mit Migrationshintergrund vor einem Club in der Neustadt. Das Amtsgericht Dresden hatte den 24-Jährigen erst im September 2021 dafür zu eineinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt.

Der Täter ist in Dresden bekannt

Eine Strafaussetzung zur Bewährung hatte bei der Urteilsfindung nicht zur Disposition gestanden, denn Felix F. habe die Taten nur fünf Monate nach seinem letzten Gefängnisaufenthalt begangen. Offensichtlich hatte F. versucht, in der nächsten Instanz eine Bewährung zu erhalten, denn die Berufung war auf die Rechtsfolgen beschränkt. Für das Gericht ging es also nicht um die Frage, ob sich F. schuldig gemacht hatte, sondern lediglich um das Strafmaß.

Nachdem die Berufungskammer also morgens vergeblich auf den Angeklagten gewartet hatte, soll sich Felix F. wenige Stunden später schon wieder als Tatverdächtiger in den Vordergrund gespielt haben. In einem laufenden Prozess ist das die denkbar dümmste Verhaltensweise. F. soll am Wiener Platz vor dem Beginn einer Querdenker-Demo, an der er wohl teilnehmen wollte, einen Gegendemonstranten angegriffen haben.

Laut Polizei wurde der 47-Jährige mit einem Kugelschreiber leicht verletzt. Die beiden Männer seien „im Vorfeld der Protestaktion“, wie die Polizei die unangemeldeten Versammlungen bezeichnet, miteinander in Streit geraten. Gegen F. werde nun wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Rechte Tatdelikte häufen sich in Dresden und Umgebung

Felix F. stammt aus Heidenau und ist schon als Jugendlicher nicht nur bei der NPD-Jugend aufgefallen, sondern auch mit dem Gesetz in Konflikt gekommen: Im August 2015 hatte er etwa an den Krawallen vor einer Erstaufnahme-Einrichtung in Heidenau mitgewirkt, bei denen Dutzende Polizeibeamte verletzt wurden.

Im Januar 2016 war er unter den mehr als 215 Hooligans und Rechtsextremisten, die im Leipziger Stadtteil Connewitz randalierten. Bei den geplanten Ausschreitungen in dem alternativen Kiez wurden mehrere Menschen verletzt und hohe Sachschäden verursacht.

Unter anderem für diese beiden Taten wurde F., der auch zum Umfeld der rechtsextremen „Freien Kameradschaft Dresden“ (FKD) gehörte, am Amtsgericht Dresden zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, die er bis auf den letzten Tag abgesessen hat – auch das ist ungewöhnlich.

Im Juli 2020, vier Monate nach der Prügel-Orgie vor dem Neustädter Club, soll F. nach SZ-Informationen von Linksextremen, die sich als Postzusteller ausgegeben hatten, zu Hause überfallen und verletzt worden sein. Einige Tage später wurde er bei einem selbst verschuldeten Moped-Unfall schwerst verletzt.

Am Mittwoch hat F. seine Berufung zurückgenommen. Die Gefängnisstrafe von eineinhalb Jahren ist nun rechtskräftig.


07.09.2021 Alexander Schneider

Der Schläger mit der kurzen Lunte

Ein 23-jähriger Rechtsextremist hat in einem Dresdner Club Ausländer geschlagen. Nun muss er wieder ins Gefängnis.

Dresden. Zwei Monate dauerte der Prozess gegen den 23-jährigen Felix F. und man kann schon deswegen nicht behaupten, dass es sich das Amtsgericht mit dem Fall leicht gemacht hätte. Durch penible Zeugenvernehmungen kamen allerlei Mängel des Ermittlungsverfahrens ans Licht, die man der Polizei angesichts dieses Tatverdächtigen nicht zugetraut hätte.

Felix F. ist ein mehrfach vorbestrafter Rechtsextremist, der zum gewalttätigen Umfeld der rechtsextremen „Freien Kameradschaft Dresden“ (FKD) zählte. Für seine Beteiligung an Ausschreitungen in Heidenau im August 2015 und im Leipziger Alternativ-Stadtteil Connewitz im Januar 2016 wurde er zu einer Jugendfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, die er bis auf den letzten Tag abgesessen hat.

Nach seiner Entlassung Ende 2019 dauerte es nur fünf Monate, bis der Täter wieder zuschlug. Am 15. März 2020 lieferte er sich zwei Auseinandersetzungen mit mehreren Geschädigten im und vor dem „Lobo“, einem Club in der Louisenstraße. Doch auch in dem zweimonatigen Prozess blieb offen, was der Neonazi dort eigentlich zu suchen hatte oder ob schon der Besuch allein eine Provokation war.

Am Montag wurde der 23-Jährige unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach Überzeugung des Gerichts hatte der Angeklagte nach seinem Rauswurf vor dem Club auf zwei Syrer eingeschlagen und zwei weitere junge Frauen, die einem Verletzten zur Hilfe gekommen waren, mit einer Gürtelschnalle geschlagen. Die vorangegangene Tätlichkeit im Club hatte der Richter im Hinblick auf die Verurteilung für die anderen Taten eingestellt. F. soll sich mit einem Leutnant aus Kolumbien angelegt und ihn geschlagen haben, der dort mit Kameraden von der Offiziersschule des Heeres seinen bestandenen Lehrgang gefeiert hatte.

Keine Hinweise auf Notwehr-Lage

Verteidiger Mario Thomas hatte zum Prozessauftakt erklärt, sein Mandant habe in beiden Fällen aus Notwehr gehandelt, er sei angegriffen und mit Messern bedroht worden. Diese Behauptung ließ sich nicht nachweisen. Vielmehr betonte der Richter, die Zeugen hätten ohne erkennbaren Belastungseifer geschildert, was in und vor dem Club vorgefallen sei. Der Angeklagte verließ einmal aus Wut über einen Zeugen den Saal, und fiel anderen ins Wort. Das zeige, dass F. leicht erregbar und aggressiv sei. „Sie haben eine kurze Lunte“, sagte der Richter.

Obwohl die Polizei noch vor Ort alle Geschädigten bekannt gemacht hatte, stockten die Ermittlungen, sodass etwa einer der verletzten Syrer erst ein halbes Jahr nach der Tat geladen wurde – und dann nicht zu seiner Vernehmung kam. Eine weitere Kontaktaufnahme hatte es offenbar nicht gegeben. Der 21-jährige Geschädigte sagte nun erstmals im Gerichtssaal aus und erkannte F. sofort wieder. F. habe ihm mit einem Schlag die Nase gebrochen. Angeblich habe er die Ladung zur Polizeivernehmung nicht erhalten.

Es gibt wohl auch ein Vermerk in der Ermittlungsakte, dass das Verfahren gegen F. wegen „Urlaub“ und „starker Vorgangsbelastung“ in Verzug geraten sei. Eine Ermittlerin gab nun als Zeugin an, dass die Akten unvollständig gewesen seien. Schließlich sei die Akte von der Staatsanwaltschaft Pirna angefordert worden, wahrscheinlich wegen eines weiteren Strafverfahrens gegen F. wegen einer Körperverletzung vom 26. April 2020. Dafür wurde F. angeblich im Mai 2020 am Amtsgericht Pirna zu einer Geldstrafe von 1.350 Euro (90 Tagessätze) verurteilt. Der Dresdner Richter versuchte am Montag noch vergeblich zu klären, worum es dabei gegangen war und warum das angeblich rechtskräftige Urteil noch nicht im Vorstrafenregister zu finden war.

Felix F. war ein großer, gut trainierter Rettungsschwimmer und Kraftsportler. Im Juli 2020 verursachte er einen schweren Moped-Unfall auf der Pirnaer Landstraße, bei dem er schwerste Verletzungen erlitt und seitdem unter Betreuung steht. Weil er keinen Führerschein hatte, wurde er in diesem Prozess neben den Körperverletzungen auch wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt und erhielt eine Fahrerlaubnis-Sperre von einem Jahr.

Hausbesuch von linksextremen Gewalttätern?

Offenbar wegen seiner Beteiligung an den Ausschreitungen in Connewitz wurde er im Sommer 2020 Opfer eines Anschlags linksextremer Gewalttäter, die ihn in seiner Wohnung überfallen hatten. Dieser Angriff spielte in dem Prozess keine Rolle, auch wenn sie sich möglicherweise nur wenige Tage vor dem folgenschweren Unfall ereignet hatte.

Nach SZ-Informationen soll F. von mehreren Tätern, die sich als Postzusteller ausgegeben hatten, aufgesucht worden sein. In einem Bekennerschreiben ist von einem „Hausbesuch“ die Rede, angeblich am 11. Juli 2020. Die Tat selbsternannter „Antifas“ hat demnach nur wenige Tage vor F.s folgenschwerem Moped-Unfall stattgefunden. F. war nicht das erste Opfer solcher Gewaltexzesse gegen Täter, die sich am 11. Januar 2016 an den Krawallen in Leipzig-Connewitz beteiligt hatten, berichten Staatsschutzermittler.

Fünf Monate mehr als die Staatsanwaltschaft

Mit seinem Urteil ging der Richter fünf Monate über das von der Staatsanwältin geforderte Strafmaß hinaus: Das Gericht habe nicht die Aufgabe, einen Angeklagten von seiner Schuld zu überzeugen, sondern sich eine Überzeugung von dessen Schuld zu verschaffen. F. sei unbeherrscht, jähzornig und aggressiv, er habe auch keine Skrupel, Frauen zu misshandeln.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. F.s Verteidiger Thomas hatte einen Freispruch für die Körperverletzungen gefordert und eine geringe Geldstrafe für die Fahrt auf dem Moped. Das Verfahren wird wohl am Landgericht Dresden überprüft werden.