Besuch von Politiker: Was will die AfD in Leipzig-Connewitz?

Leipzig. Wie viel Zeit braucht man, um einen Stadtteil kennen zu lernen? Geht es nach Jan Wenzel Schmidt, dann reichen wenige Minuten. Schmidt ist AfD-Abgeordneter im Bundestag, stammt aus Sachsen-Anhalt und war in der vergangenen Woche in Connewitz. Die Polizei begleitete seinen Besuch am letzten Donnerstag mit mehreren Beamten, darunter auch sächsische Bereitschaftspolizisten. Nach wenigen Minuten, so eine Sprecherin der Polizei Leipzig, sei alles vorbei gewesen. Der Politiker Schmidt veröffentlichte kurz darauf Fotos von sich in den sozialen Netzwerken. Zu sehen ist er unter anderem auf dem Basketballfeld am Connewitzer Kreuz, das Hemd in der Jeans, die Mine streng. „Wir müssen reden: über Linksextremismus“, schreibt Schmidt dazu. „Es darf in Deutschland keine No-Go-Areas geben, wo sich linke Terroristen als rote Sheriffs aufspielen.“

In Leipzig hat der Besuch für Aufregung gesorgt. „Lösch dich und verpiss dich aus unserer Stadt“, lautete ein Kommentar auf Schmidts Abstecher nach Connewitz im sozialen Netzwerk Twitter. In rechten Kanälen wurden Schmidts Fotos mit Applaus geteilt, dem rechtsextremem Magazin „Compact“ gab der Politiker ein Interview. Die Provokation ist ihm also geglückt. Steckt abgesehen davon mehr hinter seinem Besuch in Connewitz?

Vorerst dienen Schmidt die Umstände seines Besuches aber vor allem als Beweis für seine These: In bestimmten Stadtteilen Berlins und Leipzigs seien manche Menschen so sehr nicht erwünscht, dass es Polizeischutz brauche, um sich dort zu bewegen. „Ich habe vor dem Besuch beim Bundeskriminalamt angefragt und die haben mich gewarnt“, sagt Schmidt. Die Polizei Leipzig kommentiert den Grund für die Begleitung Schmidts nüchterner: Ihr obliege der Schutz von Politikern, mögliche Gefahren für diese Personen müssten minimiert werden.

Schmidt unterstützte rechtsextremen „Flügel“ der AfD

Einer, der sich öffentlich über den Connewitz-Abstecher des AfD-Politikers aufgeregt hat, ist der Leipziger Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek. Er hält die ganze Aktion für reine Inszenierung, ernsthafte politische Arbeit sei das nicht. „Mit dem großen Polizeiaufgebot wird nur wieder das Märchen vom bösen Connewitz neu erzählt“, sagt er. Es hätte kein Problem gegeben, wenn sich der in Leipzig unbekannte Schmidt im Stadtteil ganz normal bewegt, vielleicht auch mal abends in die Kneipe gegangen wäre – wenn er also, so Kasek, ein echtes Interesse gehabt hätte.

Schmidt hält auf Nachfrage dagegen und berichtet unter anderem von Schmierereien an seinem Wahlkreisbüro. In Sachsen-Anhalt ist der Politiker als Unterstützer des rechtsextremen und inzwischen formal aufgelösten „Flügels“ innerhalb der AfD bekannt. Er war Vorsitzender der „Jungen Alternative“ in dem Bundesland, der eine enge Verquickung mit der Identitären Bewegung nachgesagt wird. Diese gilt dem Verfassungsschutz als rechtsextrem. Einige Jahre vor dieser Einstufung trat Schmidt bei einer Veranstaltung der Identitären Bewegung in Wernigerode auf. Darauf heute angesprochen, distanziert er sich nicht von der Organisation. Er sagt nur, dass die Identitäre Bewegung im „vorpolitischen Raum“ agiere und er für sich die parlamentarische Arbeit als AfD-Abgeordneter gewählt habe. „Ich rede aber grundsätzlich mit jedem“, sagt Schmidt, das gelte auch für die Antifa. Zeit für derlei wäre bei seinem Besuch in Connewitz allerdings ganz sicher nicht gewesen.