Das paradoxe Verhalten so mancher Autonomer

In Leipzig existiert eine mäßig bekannte autonome Website knack.news. In ihrem Selbstverständnis heißt es: „Dieses autonome Medienprojekt versteht sich als Teil eben jener Kämpfe vor Ort. Gruppen, Kollektive und Einzelpersonen haben die Möglichkeit, über das openposting eigene Konflikte, Projekte und Kämpfe sichtbar zu machen und miteinander in Austausch zu treten.“
Von Jörg Weidemann

Auf dieser Seite kann man oder frau ganz konspirativ, verschlüsselt und anonym Texte posten. Was daraus werden kann, durfte die MLPD jetzt erleben.

Am 28. März 2022 erscheint anonym ein „antifaschistischer“ Aufruf auf knack.news unter dem Titel „Am Samstag: Rechte aus der Stadt jagen“. Ohne jeden inhaltlichen Zusammenhang zum eigentlichen Anliegen erfolgt darin ein für die Sache völlig unnötiger Seitenhieb auf die MLPD und andere Gruppen mit revolutionärem Anspruch. So heißt es dort: „Auch andere Akteure … wie DKP, MLPD und das Solidaritätsnetzwerk fallen in den letzten Wochen mit kruden Positionen zum Krieg in der Ukraine auf.“ Worin diese „kruden Positionen“ bestehen sollen, kein Wort! So kann man die Anonymität natürlich auch nutzen. Aus dem Dunkel mit Dreck werfen.

Nun sind die Aussagen der MLPD zum Krieg in der Ukraine alles andere als krude und vor allem öffentlich bekannt. Bereits am 24. Februar erschien eine Erklärung des Zentralkomitee der MLPD unter der Überschrift „Aktiver Widerstand gegen jede imperialistische Aggression – ob von USA/NATO oder Russland! Kampf der Weltkriegsgefahr! Um 18.00 Uhr weltweit auf die Straße“. In der Praxis arbeitet die MLPD an vorderster Front mit an der Entwicklung des aktiven Widerstands gegen Militarismus und Weltkriegsgefahr. Was soll daran „krude“ sein? Ein Mitglied der MLPD Leipzig postete also ganz unanonym eine Kritik an den substanzlosen Vorwürfen von knack.news, nebst einer inhaltlichen Klarstellung des MLPD-Standpunkts zum Ukraine Krieg.

Tagelang geschieht nichts. Die Gegendarstellung wird nicht veröffentlicht. Eine Nachfrage wird dann nach einigen Tagen gnädig von den knack.news Moderatoren beantwortet: „Bei der Entstehung des Projektes haben wir ein kurzes gemeinsames Selbstverständnis formuliert. In diesen steht unter anderem: ‚knack.news soll dabei keinen Raum für Parteien, Gewerkschaften, NGOs bieten.‘ Da die MLPD eine Partei ist, haben wir uns nach Diskussion entschieden, deinen Artikel nicht hochzuladen.“

Man könnte sich darüber wundern, warum Organisationen unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, ob sie sich selbst als Partei oder etwas anderes definieren. Aber was sollen die Spitzfindigkeiten! Besagtes MLPD-Mitglied schlägt nunmehr vor: Wenn ihr nun schon den tatsächlichen Standpunkt der MLPD nicht veröffentlicht wollt, dann streicht doch einfach den sinnfreien Passus über die MLPD und die anderen Organisationen aus dem Aufruf. Zumal es ja ohnehin gegen euer eigenes Verständnis verstößt, Parteien Raum zu geben. Außerdem ist die Aktion, um die es bei diesem Aufruf ging, nun auch schon wochenlang vorbei.

Seitdem hüllen sich die knack.news-Akteure – trotz Nachfragen – in digitales Schweigen. Das lässt nur den Schluss zu: Man will dort zwar Parteien keine Plattform gewähren, ihrer anonymen Diffamierung aber allemal! Es ist nicht bekannt, ob knack.news die Autoren des Textes kennen, ob sie ihn selbst geschrieben haben oder sich ihn anonym aus der Feder des strikt antikommunistisch ausgerichteten Inlandsgeheimdienstes unterjubeln ließen.

Klar ist nur, dass man bei den ach so libertären Autonomen noch nicht einmal das bürgerliche Presserecht der Gegendarstellung nutzen kann. Offensichtlich halten sie Ihre Leserinnen und Leser für zu unmündig, selbst zu entscheiden, ob eine Position „krude“ ist oder nicht. Insgesamt ein peinlicher Vorgang für Leute, die sonst den lieben langen Tag damit verbringen, über die angeblich unterdrückerischen Strukturen marxistisch-leninistischer Parteien und Organisationen herumzulamentieren.