Angeklagte müssen nach rechtem Exzess zu Himmelfahrt Geld zahlen
Mehrere Rechtsextreme sollen 2020 in Pfaffendorf „gefeiert“ haben, einige gingen auf Polizisten los. Drei Männer standen nun vor Gericht – verurteilt wurden sie nicht.
Es war ein mehrtägiger und zäher Prozess, der an diesem Montag zu Ende ging. Drei Tage lang verhandelte das Schöffengericht in Pirna gegen Markus L. (41), Patrick L. (38) und Lutz K. (49). Die drei Männer sollen im Mai 2020 an rechtsextremen Ausschreitungen in Pfaffendorf bei Königstein beteiligt gewesen sein.
An jenem Himmelfahrtabend vor zwei Jahren rückten zunächst vier Polizisten nach Pfaffendorf aus. Nachbarn hatten sie wegen zu lauter Musik und Gegröle gerufen. Auch Naziparolen seien skandiert worden, hieß es am Telefon. Im Mai 2020 galten wegen der Corona-Pandemie zudem strenge Kontaktbeschränkungen.
Als sich die Beamten vor Ort selbst ein Bild von der Situation machen und deeskalierend vorgehen wollten, wurden sie von einer Gruppe von etwa zehn Männern unvermittelt angegriffen, beschimpft, bedroht und geschubst. Ein Beteiligter hatte laut Zeugenaussagen eine Holzlatte in der Hand, ein weiterer ein Metallrohr. Ein Mann bewarf die Beamten mit einem Bierkrug.
Die Polizisten konnten vor der gewaltbereiten Horde flüchten. Sie forderten über Funk Verstärkung an. Gemeinsam mit Kollegen der Bereitschafts- und Bundespolizei konnten sie später insgesamt 30 Rechtsextremisten auf dem Grundstück in Pfaffendorf umzingeln und erkennungsdienstlich erfassen: Darunter Markus L., Patrick L. und Lutz K.. Sie sollen zu der zehnköpfigen Gruppe gehört haben, die auf die vier Polizisten losging und einen der Beamten verletzt hatte. Wegen Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Körperverletzung und weiteren Delikten mussten sich die Männer vor dem Pirnaer Gericht verantworten.
An den ersten beiden Verhandlungstagen traten unter anderem die vier angegriffenen Polizisten als Zeugen auf. Fast zwei Jahre nach dem Vorfall konnten sie jedoch nicht mehr eindeutig sagen, ob die Brüder Markus und Patrick L. sowie Lutz K. zu den Angreifern gehörten. Die drei Angeklagten bestreiten, auf die Polizisten losgegangen zu sein. Die Beweislage ist entsprechend dünn. Das änderte sich auch am dritten Prozesstag kaum, an dem ein weiterer wichtiger Zeuge gehört werden sollte.
Zeuge fehlt Erinnerung vor Gericht
Dabei handelt es sich um einen Anwohner, der die Polizei alarmiert hatte. Vor Gericht gab sich dieser wortkarg und verschlossen, wohl auch aus Angst vor den Angeklagten. Aus welchem Grund er damals die Polizei angerufen hätte, wollte Richter Andreas Beeskow von dem Mann wissen. „Wegen sehr lauter Musik und Geschrei“, äußerte der Zeuge. Laute Musik und Gegröle – zu Himmelfahrt sei das nicht unbedingt ungewöhnlich, meinte Beeskow. Ob er denn etwas strafrechtlich Verbotenes wahrgenommen habe, hakte der Richter nach. „Mit Strafrecht kenne ich mich nicht aus“, entgegnete der Mann.
Eine Antwort, mit der sich Beeskow nicht zufriedengab. Denn in einer ersten Vernehmung hatte der Zeuge gegenüber der Polizei noch angegeben, deutliche „Sieg Heil“-Rufe gehört zu haben. Ein Ausruf, der in Deutschland verboten und strafbar ist. Als der Richter ihn damit konfrontierte, wurde der Zeuge in seinen Aussagen wieder vage. „Ob die Rufe von der lauten Musik oder den Teilnehmern vor Ort kamen, kann ich nicht sagen“, erklärte er lediglich.
Die Staatsanwaltschaft schlug aufgrund der dünnen Beweislage vor, die Anklagen gegen Markus L., Patrick L. und Lutz K. wegen Landfriedensbruch, tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, gefährliche und versuchte gefährliche Körperverletzung fallen zu lassen.
„Kein Zeuge kann sagen, ob sie in dem Pulk tatsächlich dabei gewesen sind“, fasste Richter Beeskow zusammen. Fest stehe nur, dass die drei Angeklagten bei der späteren Einkesselung dabei waren. Das belegen Videos, die von den hinzugerufenen Polizisten gemacht wurden. Ob die Männer zuvor auch auf die vier Polizisten losgegangen sind, bleibt dagegen unklar. Das wäre der schwerste Vorwurf.
Landfriedensbruch nicht mehr nachweisbar
Markus und Patrick L. müssten sich damit nur wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte verantworten. Markus L. habe sich bei der erkennungsdienstlichen Erfassung nicht fotografieren lassen wollen und widersetzte sich deshalb. Patrick L. wollte unbedingt zu seinem Bruder und habe deshalb eine Rangelei mit Polizisten begonnen. Lutz L. könne nur nachgewiesen werden, dass er eine Polizistin beleidigt habe. „Du wirst schon sehen, was du davon hast“, soll er ihr gegenüber gesagt und eine Halsabschneider-Geste gemacht haben. Das kann als Bedrohung aufgefasst werden.
Der Vorschlag der Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen die drei Männer gegen eine Geldbuße einzustellen, wurde am Ende von allen Beteiligten akzeptiert. Markus L. muss 500 Euro zugunsten der Staatskasse zahlen. Lutz K., der unter anderem wegen Beleidigung und Körperverletzung bereits mehrere Vorstrafen hat, muss 800 Euro zahlen. Auch gegen Patrick L. soll eine Geldbuße in Höhe von 800 Euro zahlen.