Acht Jahre nach der Tat: Baumarkt-Einbruch überführt Vergewaltiger aus dem Rosental

Es war ein beispiellos brutales Verbrechen: Im August 2017 wurde eine Joggerin im Leipziger Rosental vergewaltigt und lebensgefährlich verletzt. Jetzt fasste die Kripo einen Verdächtigen. Er soll weitere Sexualstraftaten begangen haben.

Es war eines jener Verbrechen, das in der Stadt besonders großes Entsetzen und auch Angst auslöste: Am 31. August 2017 fiel ein Sexualstraftäter im Leipziger Rosental, unweit des bekannten Zooschaufensters, über eine 69-jährige Joggerin her. Brutal vergewaltigte er die Frau, verletzte sie lebensbedrohlich. Das Opfer musste notoperiert werden.

Der unfassbare Gewaltexzess ereignete sich am helllichten Tag, gegen 9.20 Uhr. Und doch fehlte von dem Täter acht Jahre lang jede Spur. Bis jetzt: Am Freitag gab die Kripo bekannt, dass ein 33 Jahre alter Tatverdächtiger gefasst ist. Auf das Konto des deutschen Staatsbürgers gehen laut Polizei vier weitere Sexualstraftaten.

Es war ein banaler Einbruch, der die Polizei auf die Spur des seit Jahren gesuchten Täters brachte. Am 9. Februar 2025, 22.50 Uhr, ging die Alarmanlage in einem Baumarkt in Leipzig-Seehausen los. Ein Mann hatte Grillreiniger, ein Küchenmesser und einen Bolzenschneider geklaut. Revierpolizisten entdeckten den Einbrecher, versteckt zwischen Paletten. Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung gab er neben Fingerabdrücken auch freiwillig eine Speichelprobe ab. Diese Spur sorgte für einen Treffer in der DNA-Analysedatei – und letztlich zur Aufklärung von insgesamt fünf Sexualdelikten.

Unterschiedliche Phantombilder und Zeugenaussagen

„Das Rosental war sein Jagdgebiet“, sagte der Leiter der Kriminalpolizeiinspektion, Lutz Mädler. Allein hier gab es innerhalb weniger Tage drei Fälle. Die Vergewaltigung der Joggerin am 31. August 2017 in der beliebten Parkanlage ist der schwerwiegendste und letzte bekannte Übergriff. In der Nähe dieses Tatorts soll der Verdächtige am frühen Morgen des 14. August einer Läuferin (43) von hinten in den Schritt gefasst haben. Wenig später habe er eine 84-jährige Rentnerin von hinten angegriffen und zu Boden gestoßen. Womöglich wurde er beide Male gestört. Aber auch zwei weitere Fälle ordnet die Kripo dem 33-Jährigen zu: Am 20. April 2016 wurde eine 37-Jährige am Cospudener See sexuell genötigt. Am 1. März 2017 kam es zur versuchten Vergewaltigung einer 59 Jahre alten Frau im Stadtteil Eutritzsch.

Bis Ende 2019 arbeitete eine spezielle Ermittlungsgruppe „Rosental“. Doch weder eine Rasterfahndung noch eine DNA-Reihenuntersuchung führten zu einem konkreten Tatverdacht. Dabei hatte die Polizei auf diesem Weg fast 100 Männer überprüft. Ein Grund dafür: Angaben zum möglichen Täter ließen sich kaum verwerten. So lagen sechs unterschiedlich aussehende Phantombilder vor.

Das Rosental war sein Jagdgebiet. Lutz Mädler – Leiter der Kriminalpolizeiinspektion

Die Täterbeschreibung der zuletzt überfallenen Joggerin: südländischer Typ, 25 bis 35 Jahre alt, 1,70 bis 1,75 Meter groß, stämmige Statur, dunkle Haare und kurzer, dunkler Bart. Im August 2019 meldete sich ein neuer Zeuge bei der Polizei, der den mutmaßlichen Vergewaltiger am Tag nach der Tat gesehen haben will: Demnach war der Vergewaltiger ein Mann aus Vorderasien oder Afghanistan im Alter zwischen 35 und 40 Jahren mit wuseligem, ungepflegtem Bart. Wie sich herausstellte, war der von Zeugen angenommene Migrationshintergrund unzutreffend. Weil das aber ein Kriterium bei der Rasterfahndung war, rutschte der mutmaßliche Täter durchs Netz.
Rasterfahndung und Operative Fallanalyse

Im Jahr 2022 prüfte das mittlerweile zuständige Kommissariat für Sexualdelikte mögliche Parallelen zu einem Diebstahl und einer Sachbeschädigung im Leipziger Norden. Doch auch das führte nicht zu einem Tatverdacht. Ab 2024 übernahm die neu gebildete Kommission für Altfälle die Ermittlungen. Diese Cold Case Unit habe bis in den Mai hinein im Rosental-Fall ermittelt, so Kripo-Chef Mädler. Doch letztlich überführten weder eine Operative Fallanalyse noch der Einsatz von Hunden und verdeckte Ermittlungen den gesuchten Vergewaltiger, sondern ein simpler Einbruch.

Am 21. Mai wurde gegen den Mann aus dem Norden der Stadt Haftbefehl erlassen, einen Tag später nahmen Beamte ihn fest. Wie sich herausstellte, ist er ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Aktenkundig ist lediglich eine Geldstrafe wegen Ladendiebstahls. Erkenntnisse auf weitere versuchte oder vollendete Sexualdelikte – über die fünf ihm bereits zugeordneten Taten hinaus – liegen nach Angaben der Polizei zumindest bislang nicht vor. „Aber das wird natürlich jetzt weiterhin geprüft“, sagte Mädler.

Nach der schockierenden Tat hatte die Polizei ihre Streifentätigkeit im Rosental massiv ausgeweitet. Bis Ende Oktober 2017 patrouillierten Beamte des Polizeireviers Zentrum und der Fahrradstaffel sowie Außendienstleiter, der Fachdienst Einsatzzüge, die Diensthundestaffel, die Operative Fahndungsgruppe, die Polizeireiterstaffel der Bereitschaftspolizei und der Stadtordnungsdienst. Frauen wurde geraten, in Wäldern und Parks besondere Vorsicht walten zu lassen, selbst tagsüber. Für Aufsehen sorgte etwa die polizeiliche Empfehlung, bis auf Weiteres nicht mehr allein joggen zu gehen.