Eine lange Odyssee endet: Sanierung von Leipziger Kulturhaus naTo beginnt

In dieser Woche steigen die vorerst letzten Veranstaltungen im Leipziger Kulturhaus naTo, dann wird das Gebäude saniert. Damit endet eine Odyssee für die Kulturmacher, die jahrelang von platzenden Finanzierungen und einem heftigen Streit geprägt war.
In seiner Hülle aus Folie könnte der Klavierflügel der naTo ein Projekt von Verpackungskünstler Christo sein. Am Donnerstagmittag ist das Instrument symbolträchtig aus dem Saal des Leipziger Kulturhauses gehievt worden: Die Kunst zieht aus, die Immobilie wird saniert.
Bis Jahresende sind Flügel und Programm der naTo ausgelagert, um das Gebäude fit für die Zukunft zu machen. Die Schwerpunkte der Arbeiten bilden Schallschutz, Erhöhung der Energieeffizienz und Barrierefreiheit der Bühne. „Damit gehen wir einen riesigen Schritt“, sagt Tine Zeiler, die im Januar die Geschäftsführung von Torsten Hinger übernahm.
„Mit ihrer wertvollen soziokulturellen Arbeit ist die naTo für die Stadt imageprägend und identitätsstiftend“, betont Bürgermeisterin Skadi Jennicke (Linke). „Die räumlichen und technischen Bedingungen waren über viele Jahre schwierig, das wird sich nun ändern.“
Diese Bedingungen haben mit der Errichtung im Jahr 1955 zu tun. „Die Baugenehmigung wurde nur unter Widerrufsvorbehalt erteilt, weil eine längere Nutzung nicht vorgesehen war“, erläutert Ansgar Scholz, Sachgebietsleiter Bauinvestition im Kulturamt. „Deshalb hat das Gebäude keine eigene Giebelwand, was zu Lärmproblemen mit der angrenzenden Immobilie führte.“
Dass die Sanierung mit 1.006.000 Euro Fördermitteln aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisation der ehemaligen DDR (PMO-Mittel) finanziert werden kann, verdanken Stadt und Kulturhaus dem Einsatz von Landtagsmitglied Dirk Panter (SPD), seit Dezember Sächsischer Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz. Die Kommune unterstützt die Baumaßnahme mit 50.000 Euro.
So lange es möglich ist, wird die Kneipe im Objekt weiter betrieben, „temporär kann es natürlich zu Schließzeiten kommen“, so Tine Zeiler. Noch unberücksichtigt bleibt das ebenfalls erneuerungsbedürftige Dach, „doch das Innenleben hat hier klar Priorität.“
Zum Schluss die Queer Music Night
Die letzten Veranstaltungen sind nach dem Donnerstag-Konzert von Katharina Franck am Freitag der Talk- und Konzert-Mix „Kluge Köpfe rollen gut“ sowie die Queer Music Night am Samstag.
Die Geschäftsführerin hofft, dass nach der geplanten Fertigstellung Ende des Jahres der Kulturbetrieb spätestens im Februar wieder aufgenommen werden kann. Bis dahin gastiert die naTo mit ihren Veranstaltungen unter anderem im UT Connewitz, im Westbahnhof, der Galerie Kub und der Cinémathèque.
Mehrere Umzugspläne gescheitert
Mit Beginn der Bauarbeiten endet eine Odyssee früherer Jahre, denn über Veränderungen wird in der naTo seit den späten 90ern geredet. Mehrere Umzugspläne scheiterten: 1998 sollte das Naundörfchen nahe der Feuerwache als neues Kulturzentrum ein Zuhause werden, kurz darauf kam das alte E-Werk am Floßplatz ins Spiel.
Beide Entwürfe machten nicht zu stemmende Sanierungskosten zunichte. Anfang der 2000er gab es Überlegungen, ins Stelzenhaus zu ziehen oder die Schaubühne Lindenfels zu übernehmen. 2004 reifte das Vorhaben, sich mit der Genossenschaft auf der Feinkost zur Interessengemeinschaft zusammenzuschließen.
Heilloser Streit zwischen naTo und Feinkost
Auch das Theaterhaus Lofft und das Leipziger Tanztheater sollten aufs Gelände geholt werden. Doch dann konnten sich die Geschäftsführer von naTo und Genossenschaft nicht auf ein Nutzungskonzept einigen. Sie zerstritten sich heillos, Ende 2005 war das Thema durch.
In einem LVZ-Interview von 2015 sagte der damalige naTo-Chef Falk Elstermann, man befinde sich nicht mehr auf der Suche. „Für den jetzigen Standort reifen Ideen, ihn zukunftsfähig zu machen.“
Nun, zehn Jahre später, ist es endlich so weit. Zu einem Zeitpunkt, an dem die Karl-Liebknecht-Straße ohnehin umfangreich umgebaut wird. Ach so, und was wird mit dem Dach? „An dem Thema bleibe ich dran, das kriegen wir auch noch hin“, sagt Dirk Panter.
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Matthias Puppe
10.12.2024
DDR-Vermögen macht‘s möglich: Sanierung der Leipziger Nato kann beginnen
Im kommenden Jahr soll das beliebte Soziokulturzentrum Nato in der Leipziger Südvorstadt umgestaltet werden. Erweiterungen im Veranstaltungssaal und verbesserter Schallschutz stehen im Plan.
Im Leipziger Soziokulturzentrum Nato können im kommenden Jahr lange geplante Sanierungsarbeiten beginnen. Wie die Stadtverwaltung am Dienstag mitteilte, wurden dafür nun Fördermittel in Höhe von einer Million Euro beim Freistaat akquiriert. Im kommenden Jahr soll mit dem Umbau begonnen werden. Inwieweit es zu Einschränkungen im Betrieb kommt, ist noch unklar.
Konkret geht es um mehr Barrierefreiheit im Veranstaltungssaal sowie um verbesserte Schall- und Wärmedämmung im historischen Gebäude in der Leipziger Südvorstadt. Auch Teile der Technik und der Zuschauerpodeste sollen erneuert werden. Ursprünglich war geplant, zusätzliche Räume durch eine Art „Ufo“ auf dem Dach zu schaffen, diese Pläne wurden aufgrund der Denkmalschutzvorgaben aber bereits 2022 verworfen.
Fördergeld aus DDR-Vermögen – Ursprünge vor der Wende
Das beim Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWK) für den Umbau eingeworbene Geld stammt aus dem Vermögen der DDR-Parteien und Massenorganisationen. Noch vor der Wiedervereinigung 1990 wurde dies per Gesetz für eine spätere Verwendung eingefroren. Die Stadt Leipzig selbst will zur Millionenförderungen des Freistaates einen Eigenanteil von 50.000 Euro beisteuern.
Das markante Gebäude an der Karl-Liebknecht-Straße war zu DDR-Zeiten ein sozialpolitisches Zentrum der sogenannten „Nationalen Front“ der DDR-Blockparteien. Es wurde von Polizei, Staatssicherheit, Versorgungseinrichtungen, aber auch für Kulturveranstaltungen und Konzerte genutzt. Bereits vor der Wende hieß es die Institution umgangssprachlich bei Leipzigerinnen und Leipzigern „die Nato“.
Nach dem Fall der Mauer und dem Untergang der DDR blieb die kulturelle Ausrichtung in der Nato durch viel Eigenengagement erhalten. Der seit 1990 von einem Verein betriebene Ort avancierte in den vergangenen 30 Jahren zu einem überregional bekannten Kulturhaus, mit Konzerten, Lesungen, Theater- und Filmvorführungen. Unter anderem wurden auch das Seifenkistenrennen „Prix Tacot“, das Badewannenrennen „Régates de Baquet“ sowie das Fußballturnier „Paul Fröhlich Cup“ hier erdacht und organisiert. Als eines von 13 Leipziger Soziokulturzentren wird die Nato seit Jahren von der Kommune unterstützt, zuletzt mit institutioneller Förderung in Höhe von 228.000 Euro.
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Christian Neffe
20.06.2022
naTo, Unikatum und Co.
5,5 Millionen Euro für vier Leipziger Kultureinrichtungen – naTo wird für Umbau schließen
Insgesamt 5,5 Millionen Euro aus ehemaligem SED-Vermögen sollen naTo, Scheibenholz, Unikatum und Erich-Zeigner-Haus für neue Projekte und Umbaumaßnahmen erhalten. Besonders umfangreich sollen sie in der naTo ausfallen.
Vier Leipziger Kulturstätten können sich über weitere Fördermittel freuen: Insgesamt rund 5,5 Millionen Euro gehen an die naTo, das Scheibenholz, das Kindermuseum Unikatum und das Erich-Zeigner-Haus. Es handelt sich um Mittel aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der damaligen DDR (PMO), für die sich der Leipziger Landtagsabgeordnete Dirk Panter (SPD) eingesetzt hat.
Beim Unikatum fließen circa 400.000 Euro in eine neue Wanderausstellung namens „Hand.Werk.Stadt“, mit der man junge Menschen für Handwerksberufe begeistern will. Im Scheibenholz sollen 2,5 Millionen Euro sowie beim Erich-Zeigner-Haus 1,6 Millionen plus 340.000 Euro von der Stadt in Sanierungsmaßnahmen fließen. Und auch die naTo plant umfangreiche Baumaßnahmen: Die eine Million aus den PMO-Mitteln sei die Anschubfinanzierung für ein insgesamt 2,5 Millionen Euro teures Vorhaben, so naTo-Chef Falk Elstermann am Montag im Gespräch mit Panter, für den die naTo eine „Institution aus meiner eigenen Jugend“ sei.
Neue Pläne nach Denkmalschutz-Einwänden
Ursprünglich sollte die naTo dafür Teile der rund 23 Millionen Euro von Bund und Land erhalten, die nun vor allem dem geplanten Filmkunsthaus und dem Haus der Festivals in der Gottschedstraße zugutekommen. Den Plänen für einen 1000 Quadratmeter großen Aufbau – einer Art „Ufo auf dem Dach“, wie Elstermann sagt – machte jedoch der Denkmalschutz einen Strich durch die Rechnung.
Nun steht ein neuer Vorentwurf, der unter anderem einen größeren Saal (30 Plätze mehr), einen größeren Gastronomiebereich, ein Lager und eine Werkstatt im Hof sowie einen dreistöckigen Teilüberbau vorsieht. Insgesamt 450 Quadratmeter mehr. Bis Ende 2025 sollen die Pläne umgesetzt werden – im Zuge dessen werde der Betrieb im Haus wohl bis zu einem Jahr brachliegen, so Elstermann. Es soll jedoch weiterhin naTo-Projekte außerhalb des Hauses geben.