Muss man aus allen Rohren feuern? Eine Kritik an Soulèvements de la Terre, um eine autonome Position zu verteidigen.

Eine überfällige Übersetzung der inhaltlichen Auseinandersetzung in Frankreich mit den ‘Soulèvements de la Terre (SdT)’, die im deutschsprachigen Raum idealisiert und unkritisch glorifiziert werden, ebenso wie jeder historische Materialismus in den “ökologischen Kämpfen” (jenseits militanter Kleingruppen) scheinbar völlig verschwunden zu sein scheint, was beileibe nicht immer so war, mensch denke nur an die Thematisierung der Triangel Umwelt, Kapital, militärische Nutzung in der AKW Bewegung. Und die Fragen, die dieser Text stellt, stellen sich genauso hierzulande, darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass die Soulèvements de la Terre “militanter” daherkommen, in dem was hierzulande so schön “AktionsKONSENS” genannt wird (und dabei komischerweise immer ‘von oben’ und in ‘Abgrenzung’ beschlossen wird), wobei der Text eben die Zentralität der Position und nicht der Form betont, die Warenförmigkeit des Erscheinungsbild des ‘Schwarzen Blockes’ durch die postautonomen Gruppen spricht davon Bände, ebenso wie das ‚militante Eventhopping’ per EasyJet quer durch Europa eben keine autonome Politik abbildet, der es immer um Verortung im konkreten Kampf ging, sondern das autistische Junkytum der Beliebigkeiten unserer Zeiten, dem es letztendlich egal ist, wie die eigenen regressiven Bedürfnis nach ‘Rausch’ befriedigt werden. Im Kern geht es bei jeder Kritik an den SdT ebenso wie bei den Kritiken an den postautonomen Eventmanager*innen hierzulande im Kern um das ‘eigene Lager’, die Frage, was (und in welcher Form) autonome und anarchistische Praktiken heutzutage sind, bzw. sein könnten.

Die Übersetzer

Wir haben beschlossen, uns die Zeit zu nehmen, um zu versuchen, die Gründe für unsere Weigerung, an der Dynamik der Soulèvements de la Terre (SdT) teilzunehmen, zu artikulieren. Nicht so sehr wegen der Neuheit unserer Überlegungen, denn etwas Neues in dieser ganzen Geschichte gibt es nicht. Niemand hat in letzter Zeit das Rad neu erfunden, und man kann sagen, dass alles schon zu anderen Zeiten gelebt, gesagt oder reflektiert worden ist. Selbst in der Geschichte der Anarchisten oder Autonomen, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt, vielleicht aus Perspektivlosigkeit oder eher aus einem Bedürfnis nach Anerkennung, von der Idee der vertikalen Organisation mit Zentralkomitees angezogen finden, die sich als selbsternannte Gesprächspartner mit der herrschenden Macht projizieren. Das ist nichts Neues, und auch die politische Vereinnahmung radikaler Ränder durch linke Organisationen und Parteien ist nichts Neues. Warum also sollte man sich damit beschäftigen und sich die Mühe machen, diese Kritik zu formulieren? Ganz einfach, weil es manchmal helfen kann, ein für alle Mal zu etwas Interessanterem und Anregenderem überzugehen.

Wir schreiben dies aus einer Position heraus, an der wir seit verschiedenen Erfahrungen festhalten: der Autonomie als Schutz vor Delegation und Repräsentativität. Als eine Möglichkeit, das, wofür man kämpft und wie man es tut, nicht an eine Partei, eine Gewerkschaft oder eine Organisation zu delegieren. Eine Position, die es einem ermöglicht, an Kämpfen festzuhalten, die nicht nach Legitimität seitens des Staates oder der herrschenden Klasse suchen. Die sich die Möglichkeit offen lässt, verschiedene Gruppen und Tendenzen zu treffen und sich auszutauschen, die keine Mauer vor dem errichtet, was uns beim ersten Kontakt politisch anders erscheint. Deren Absicht es nicht ist, ein Programm anzubieten, sondern einen politischen Ausdruck, der sich sowohl in der Praxis als auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen niederschlägt. Die versucht, eine wiederaneignehmbare Position zu verbreiten, in der jede/r ihr/sein eigenes politisches Subjekt ist, anstatt hinter Parolen massenhaft das richtige revolutionäre Subjekt zu benennen.
Dies ist kein Mantra, an dem wir im Laufe unserer Erfahrungen festgehalten hätten, sondern eine Position, die umso mehr trägt, wenn sie unsichtbar ist. Wenn wir uns in einer gemeinsamen Abneigung gegenüber der Hegemonie der Soulèvements de la Terre und ihrer Erzählung wiederfinden, hoffen wir, uns noch mehr in gemeinsamen Positionen wiederzufinden, die uns Lust machen, sie zu schärfen und zu bestärken.

Von dieser Position aus erklären wir, warum wir mit den Soulèvements de la Terre nicht einverstanden sind, und zwar weniger, um eine Diskussion mit den Soulèvements de la Terre zu eröffnen, als vielmehr mit den Menschen, denen wir uns nahe fühlen und die auf ihre Events reagieren.
Da wir selbst nicht daran teilgenommen haben, basiert unsere Kritik auf den begeisterten, enttäuschten und traumatisierten Berichten jener, die von den Events zurückkehrten, und auf dem, was sie selbst über ihre Organisation sagen. Wir gehen auch von einem seltsamen Gefühl aus, dass wir unsere Kritik nicht mit einigen Genossinnen und Genossen teilen können, die noch immer dorthin zurückkehren, weil „es nichts anderes gibt“.

Aus politischen Gründen haben wir uns in ihr Buch „Première secousse“ (Erste Erschütterung) vertieft, in dem ihre Positionen erläutert werden, insbesondere um klarer zu sehen, was sie verteidigen und welche Kritik daran geübt wird.
Was in dem Buch vertreten wird, ist ziemlich unverblümt: „[…] Die Zeit der Kompromisse, der Vermittlungen und des sozialen Dialogs“ wird betrauert und ihr Ende als Verlust bezeichnet, als ob „die Regierungslinke und die Gewerkschaften der Mitbestimmung“ vor ihrem Niedergang in den späten 1970er Jahren Es ist notwendig, dass Revolutionäre hier und überall in Solidarität bekräftigen, dass die Verteidigung einer Nationalflagge noch nie jemanden auf dieser Welt emanzipiert hat und dass der Kampf nicht zwischen Nationen, zwischen Religionen, zwischen „Völkern“ verläuft, sondern gegen diejenigen geführt wird, die uns ausbeuten und unterdrücken, ob sie nun Soldaten, Religiöse, Demokraten oder Kapitalisten sind!nicht kritikwürdig gewesen wären. Und als ob ihre Hauptrolle damals nicht die der sozialen Friedensstifter gewesen wäre. Indem sie annehmen, dass sie sich anstelle oder neben den repräsentativen Gewerkschaften als legitimer Gesprächspartner zwischen der Macht und einem Gefühl der Wut etablieren wollen, haben die Soulèvements de la Terre zumindest das Verdienst, klar Stellung zu beziehen. Nämlich, dass sie letztlich nur die von ihnen organisierten politischen Diskussionsräume existieren lassen, wodurch sie lokale Gruppen und andere Initiativen in ihrer Organisation und Agenda verschlingen und eine verlogene Zusammensetzung erzwingen, in der sich die verschiedenen Positionen nicht selbst benennen können. Denn die Zusammensetzung, an die wir glauben, ist nichts anderes als die, die es in den Kämpfen schon immer gab, d. h. Gruppen mit unterschiedlichen politischen Hintergründen, die mit ihren eigenen Ausdrucksformen koexistieren, was sich die SdT als innovatives Konzept wieder aneignen, indem sie es in den Dienst ihres Programms und dessen reibungslosen Ablauf stellen. Für sie darf es keinen Konflikt zwischen den kämpfenden Personen geben, da die Agenda der SdT Vorrang hat und voranschreiten muss.

Diese Tendenz zur Befriedung spielt sich in der Sache selbst ab, die von den SdT vertreten wird. Wie ihr Name schon sagt und wie in ihrem Buch näher erläutert wird, ist ihr Hauptinteresse die Verteidigung des Landes und des Lebendigen. Als Zugang zu Grund und Boden, als Zugang zu bebaubarem Land und als ökologisches Anliegen, als Verteidigung der Biodiversität oder gegen die Betonierung. Aber es gibt mehrere Dinge, die uns daran stören. Zunächst einmal bleibt es oft bei der Verteidigung des Privaten. Wo eine Autobahn, eine Eisenbahnlinie oder ein Teich gebaut wird, möchten sie, dass der Landwirt das Eigentum behält oder dass die Stadtverwaltung, die Gemeinde, die Verbandsgemeinde etwas anderes mit diesem Land macht. Es geht nicht darum, dieses Land zu entprivatisieren, sondern nur darum, zu beeinflussen, was der neue oder der bereits vorhandene Eigentümer damit machen wird. Dies wird einfach auf einem ‘zu verteidigen Feld’ angesiedelt. Und es ist eindeutig einfacher, mit Gewerkschaften oder Parteien zusammenzuarbeiten, wenn es um die Verteidigung von Land, Leben und Grundbesitz geht, als wenn es darum geht, den Staat und das kapitalistische System anzugreifen. Es ist jedoch nicht so, dass es in den Kämpfen, die nun von den SdT unterwandert werden, nicht schon früher andere Themen und Stimmen gegeben hätte.

Im Sommer 2021 veröffentlichte die okzitanische Regionalzeitung L’Empaillé einen Artikel über das A69-Projekt. Darin wurde die Erzählung von der Modernisierung und Zivilisierung des ländlichen Raums durch die Geschwindigkeit der Verkehrsströme, die Kosten, die die Maut für Menschen, die in Toulouse arbeiten und in Castres leben (oder umgekehrt), verursachen würde, und die Industrielobby, die hinter dem Projekt steht, kritisiert. Auch wenn die Umweltfrage präsent war, war sie nicht zentral, wie sie es jedoch seit dem Auftreten der SdT in diesem Kampf geworden ist. Und das ist etwas, das immer wieder vorkommt, wenn sie auftauchen, indem sie die soziale Realität, die prekarisierten Menschen oder die Menschen, die es leid sind, für dumm verkauft zu werden, ausradieren, um stattdessen verschiedene Eichhörnchen, Reiher oder sabotierende Otter zum Reden zu bringen. Hier zeigt sich auch das Zielpublikum der SdT, die Mittelschicht, die versucht, ihren Komfort und ihre Vorstellung von Leben und Natur zu verteidigen. Denn der Schutz der biologischen Vielfalt und der Kampf für die Umwelt kann in diesem Rahmen nur eine Nostalgie für ein Bild hervorrufen, das wir einst hatten oder das wir uns von Wäldern, Land, Eisfeldern usw. machen (wie das Konzept der Solastalgie in Erinnerung ruft), gepaart mit einem szientistischen Diskurs, der dazu dient, etwas zu rechtfertigen, was letztlich nur unsere eigene Erhaltung ist. Denn wenn wir realistisch sind, ist es dem Lebenden egal, was passiert, es wird überleben und vor allem uns überleben, in anderen Formen. Der Motor ihrer Organisation beinhaltet also die Möglichkeit eines Arrangements, eines Kompromisses und eines Zusammenschlusses vieler verschiedener Positionen, um hinter dem abstrakten Banner der Verteidigung der Erde zu marschieren. Unsererseits geht es uns jedoch nicht darum, uns einen bequemen Spielraum zu verschaffen oder auf der Grundlage der aktuellen Klimakrise Druck auf Staaten auszuüben. Die Ökologie kann kein revolutionärer Hebel sein und das Soziale nicht ersetzen, denn unser Leid ist – im Gegensatz zu dem, was in den Soziale Bewegungen propagiert wird – nicht die Auswirkung der Erde, die wir verletzen, sondern die Folge von Ausbeutungs- und Herrschaftssystemen, die uns zermürben.

Und wenn sich die SdT als radikale Umweltbewegung bezeichnen, kann man sich fragen, wo die Radikalität liegt, wenn ein Aufstand so vorhersehbar ist, dass er keine Umwälzung hervorruft, außer dass man traumatisiert ist. Es wird nicht das erste und nicht das letzte Mal sein, dass wir das sagen, da wir dieses Gefühl hatten, als wir (jene) Demonstrationen erlebt haben, und jetzt, wo wir die SdT aus der Ferne betrachten. Aber man kann sich das weiterhin fragen, ohne deshalb aufzugeben, wo der Konflikt liegt, wenn man alle Gesten eines Aufstandes für ein Event übernimmt, der nur darauf wartet, die dahinter stehende Organisation zu stärken. Wo manche von der Radikalisierung eines Teils der außerparlamentarischen Linken schwärmen, sehen wir eher eine Auslöschung der Bedeutung der politischen Radikalität.

Der schwarze Block ist nicht an sich radikal, sondern an dem Ort und zu dem Zeitpunkt, an dem er auftaucht. Sein Auftauchen markiert oft den Willen zu polarisieren, zu verhindern, dass ein politischer Ausdruck in einem Dialog mit der Macht gefangen wird, und um einen Bruch zu signalisieren. Heute sind es keine zeitgenössischen Künstler, die einen schwarzen Block in der Vitrine eines Museums für zeitgenössische Kunst eingefroren haben, sondern diese Menschen, die selbst aus diesen Kämpfen hervorgegangen sind. Was wir damit sagen wollen, ist, dass es durchaus Anlass zu Zweifeln gibt, wenn eine ursprünglich subversive Position, eine Art zu Handeln, zu einer Sache wie jede andere wird, die man aus dem großen Werkzeugkasten des Kampfes herauspicken kann.

Achtung, die 80er Jahre haben die Orgas infiziert! Nach den berühmten Büchern, in denen Sie der Held sind, servieren uns die SdT eine wunderbare Demo, in der Sie der Held sind! Der Höhepunkt ist ihre Aktion „Notbremse“ gegen die Hochgeschwindigkeitsstrecke, die zu einem großen Spiel umschrieben wurde, bei dem jeder das finden konnte, was ihn bewegte, indem er aus verschiedenen Minispielen auswählte, die verschiedene Umzüge und/oder Aktionsarten symbolisierten und verschiedene klassische Spielzüge durch Wortspiele aufgriffen (tausend Bremsklötze gegen die Hochgeschwindigkeitsstrecke, giga kapla, dixit naturaliste usw.). Wir wollen nicht darauf verzichten, Spaß in den oft harten und tristen Alltag von Aktivisten zu bringen, aber diese Tendenz, Praktiken auf Werkzeuge zu reduzieren und jede auf einen individuellen Wunsch zu reduzieren, als ob es nicht von politischen Positionen abhinge, die kollektiv getragen werden müssen, hinterlässt einen bitteren Geschmack im Mund.

Ein kleines Intermezzo in der Geschichte des Marketings. Vor einiger Zeit richtete sich die Werbung an bestimmte Bevölkerungsgruppen, indem sie stereotype Figuren darstellte, die Lebensstile und Konsumgewohnheiten repräsentierten, wobei die Hausfrau, der man einen Staubsauger oder eine Waschmaschine verkaufen wollte, das typischste Beispiel war. Mit dem Internet und den Algorithmen war es dann möglich, ein individuelles Werbeprofil zu erstellen, das auf Konsumgewohnheiten (Käufe, digitale Inhalte, Daten usw.) basiert und sich selbst weiterentwickelt. Es ging also darum, jeder Person zu zeigen, dass sie ein vollwertiges Individuum mit eigenem Geschmack ist, dessen glorifizierte Individualität man aufwertet, indem man ihr Produkte und Inhalte anbietet, die speziell auf sie zugeschnitten sind. Diese Kommunikationsstrategie nährt die Social-Media-Organisationen, die jedem Einzelnen einen Teil einer Demonstration verkaufen, der ihm speziell gefällt. Wenn man sich die Stimme eines alten Werbetexters vorstellt, der sagt: „Auch du findest den Demonstrationszug wie für DICH gemacht“, dann ist das lächerlich und kommt der Realität doch erschreckend nahe. Uns wird eine bereits vorgekaute Demo verkauft, bei der es nur noch darum geht, in die richtige Reihe zu kommen, wenn uns gesagt wird, wo wir uns aufstellen sollen. Wir müssen feststellen, dass die Idee, mit einer Position auf eine Demo zu gehen, als etwas, das uns wichtig ist und das wir für wichtig halten, aufgegeben wurde.
Vielleicht liegt das daran, dass uns gesagt wird, dass jeder willkommen ist, solange er ein kleiner Soldat sein will und sich an die vorgegebenen Rahmenbedingungen hält.

Die Praktiken werden auf einfache persönliche Wünsche reduziert: Das bedeutet, sie zu entpolitisieren, sie aus einem ursprünglichen Kontext herauszureißen und sie zu kommerzialisieren. Da dies eindeutig dem Zeitgeist entspricht, sieht man, wie Genossen immer mehr auf den individuellen Mythos setzen, sich unter den Leuten checken, die dort waren, wo man sein musste, dieser berühmte Aufstand, bei dem du dieses und jenes getan hast und bei dem es darum geht, stolz darauf zu sein, wo die Überproduktion von Bildern zu endlosen Betrachtungen führt, um jede Sekunde, in der man sich selbst auf dem Bildschirm in Aktion sieht, zu identifizieren, und wo die Sucht nach Adrenalin jeden Willen, an einer politischen Position festzuhalten, untergräbt. Das Problem ist nicht, Adrenalin zu empfinden, sich spontan zu Aktionen oder einem Aufstand hingezogen zu fühlen, sondern sich nicht bewusst zu sein oder zu akzeptieren, dass eine politische Organisation zu ihren Gunsten mit dieser Libidinösität spielt, um die Ausschreitungen unter Kontrolle zu halten.
Tatsächlich sind solche Vorschläge das Produkt eines individualistischen Kontexts im Kampf, und deshalb funktioniert es, dass ihre Events selbst unter Genossen so viele Menschen zusammenbringen, dass jede Niederlage [1] kaum die Lust auf die nächste trübt.

Schwarze Blöcke, direkte Aktionen und Sabotage sind Praktiken, die sich in die Geschichte von Kämpfen einschreiben. Wenn sie nicht bestimmten Gruppen oder einer Bewegung angehören, existieren sie in einer Situation, sie sind das Ergebnis kollektiv getragener Ideen. In ihrem Buch zitieren die SdT zahlreiche Referenzen: Sie verankern sich in der Geschichte der Sabotage, der Umweltkämpfe und der Massenbewegungen, ohne jedoch jemals eine politische Verbindung zu knüpfen. Alles ist als Werkzeug gedacht, dessen Ziel eine solide Organisation ist, die legitim erscheinen soll. Was die Geschichte der Sabotage betrifft, so wird daraus festgehalten, dass sie nützlich war und, Hobsbawm zitierend, „wahrscheinlich effektiver als jedes andere Mittel, das VOR der Ära der nationalen Gewerkschaften verfügbar war“. Eine schöne Manipulation der Geschichte. Dann wird der Begriff Sabotage gefeuert, der nun zu veraltet ist, da es darum geht, als legitimer Gesprächspartner aufzutreten, und durch den Begriff Désarmament ersetzt, einen bei den SdT beliebten Neologismus, der „die direkte Aktion in den Hintergrund drängt“. Letztere war früher offensichtlich zu radikal. Sobald sie von der damit einhergehenden Position befreit ist, von der Lesart eines Produktions- oder Reproduktionsverhältnisses, das die Leiber direkt ausbeutet und verletzt, wird sie leichter zu assimilieren sein. Aber die Wiederaneignung und Transformation solcher Referenzen ist in diesem Kontext nicht unbedeutend: Es konzentriert sich einerseits auf den Begriff des Individuums auf Kosten der Realität kollektiver Praktiken und andererseits löscht es den Konflikt zwischen sozialen Klassen, Geschlecht und ‘races’ aus.

Eine der Fragen, die man sich stellen muss, wenn man sich in eine so umfassende Geschichte der Kämpfe einreiht, wie es die SdT tun, ist, wie dieses Wissen und dieses Erbe weitergegeben werden. Sicherlich ist es schwer, einen historischen Kontext, eine Genealogie der Praktiken und eine Position wiederzugeben, wenn man von den Anti-Atomkraft-Kämpfen, dem Luddismus, dem Anarchismus von Pouget und anderen berichtet. Wenn diese Erzählungen jedoch in einen formlosen Wust verwandelt werden, der darauf abzielt, die Praxis der Abrüstung gegenüber den Mittelschichten zu rechtfertigen, die möglicherweise davor zurückschrecken, handelt es sich nicht um ein Erbe, sondern um Entschuldigungen, Appelle an einen Affekt oder Pomade. Die Grundhaltung der SdT ist die Verteidigung der Erde und die Ökologie, aber in dieser Hinsicht wird nur wenig vererbt. Die Spuren sind jedoch vorhanden, da viele Praktiken oder Referenzen von Earth First übernommen wurden, einer radikalen Umweltbewegung, deren englischer Zweig sich stark auf die Frage des Antikolonialismus, den Kampf gegen die Industrialisierung und den Schutz des Landes durch eine Vielzahl von Aktionen gestützt hat. Dieses Erbe führte zur Gründung der Extinction Rebellion, die in England aus Aktivisten um Earth First entstand, die sich auf die Legitimität ihrer Aktionen konzentrierten, indem sie ihre Strategie darauf stützten, vor Gericht gestellt zu werden und eine Verteidigung gegen den Ökozid zu vertreten. Dieser Hintergrund findet sich dann auch in der Gründung der SdT wieder, da sie weitgehend von XR-Aktivisten geprägt wurden. Dies wird jedoch kaum oder gar nicht erwähnt, da die SdT es vorziehen, sich als Erfinder der direkten Umweltaktion zu bezeichnen. Auch hier zeigt sich also eine Art und Weise, ein Erbe zu übernehmen, ohne es vollständig zur Kenntnis zu nehmen und ohne eine Kontinuität herzustellen, und es ist diese Vereinnahmung gegenwärtiger und vergangener Kämpfe und Praktiken, die wir ablehnen.

In ihrem Vorschlag katalysieren die SdT ziemlich viel von der Art und Weise, wie Kämpfe heute neu aufgebaut werden und wie man sich auf sie bezieht. Eine fein gesponnene und vermarktete Organisationsform, die von den jüngsten Tendenzen unter den Autonomen zeugt, eine Form der Vertikalität in Orgas zu suchen oder zumindest die Organisation von Events und Kämpfen bis hin zur juristischen Verteidigung zu delegieren, zu denken, dass alles nur eine individuelle Meinung und eine Form der Libidinösität oder des Konsums der Kämpfe ist, wo jeder kommt, um dort zu sein, wo er sein muss, ohne darüber nachzudenken, was ihn in den Kampf treibt.
Und im Grunde genommen zeigt ihre Ankunft in einem bereits bestehenden Kampf, indem sie ihre Kraft in dem Spektakel, das sie bieten, zentralisieren, oft auf Kosten einer eigenständigen Position, dass es nur wenige greifbare Konsequenzen aus tiefgreifenden politischen Meinungsverschiedenheiten gibt. Und es ist natürlich nicht die Aufgabe der SdT, unsere Kritik aufzunehmen und sie nach ihrem Gusto neu zu verpacken, sondern es liegt an uns, Konsequenzen aus dieser Kritik zu ziehen. Denn der Kampf ist kein Meinungsbad, in dem jede/r das Recht hat, zu sagen, was ihm/ihr missfällt, ohne dass daraus Konsequenzen gezogen werden – das ist der Unterschied zwischen einer Meinung und einer Position. Und das ist auch der Grund, warum uns in einer autonomen Position oft die Ablehnung des demokratischen Spiels der Linken in ihrer Fähigkeit, Kritik zu integrieren, um sie unhörbar zu machen, verbindet.

Natürlich werden seit einigen Jahren Texte veröffentlicht und viele Kollektive kämpfen weiterhin für das, was sie wollen, ohne sich um diese Ereignisse zu kümmern. Viele von ihnen haben sich dafür entschieden, ihren eigenen Weg zu gehen, anstatt das Angebot einer Kooperation mit den SdT anzunehmen, was bedeuten würde, ihnen die Erzählung zu überlassen. Warum aber ziehen die Soulèvements de la Terre immer noch wie ein Magnet Gruppen an, die auf den ersten Blick für etwas anderes stehen als für eine Delegierung des Kampfs? Die Zweideutigkeit, die in einer Pseudo-Zusammensetzung zwischen der Linken und der autonomen Bewegung aufrechterhalten wird, scheint mit der Zeit eine anarchistische Sensibilität zu erodieren, die jedoch oft ein Ausgangspunkt für die Konfrontation mit dieser Art von Organisation ist. Vielleicht müssen wir eine Position behaupten, wo eine Sensibilität so leicht untergeht.

Überraschend ist, dass viele Genossinnen und Genossen, die von der Gelbwestenbewegung (GJ) und einer selbstbestimmten Haltung während früherer sozialer Bewegungen begeistert waren, in den Events der SdT aufgehen, ohne darin einen Widerspruch zu den bisher vertretenen Praktiken zu sehen. Das Erbe der Gelbwestenrevolte wird im Klo runtergespült. Denn obwohl die GJ eine Bresche geschlagen haben, wurde diese nicht nur durch die Repression wieder geschlossen. Sobald sie geschwächt waren, hat die kleinbürgerliche Befriedung durch die Klimamärsche und das Spiel der Gewerkschaften ihre Dynamik schließlich weggespült. Dass diese Fähigkeit, sich jeder Vereinnahmung zu entziehen, nicht fortbesteht, liegt auch daran, dass Organisationen wie die SdT bewusst ein vertikales Modell gewählt haben, an das man getrost delegieren kann, und das aus der Herausforderung entstanden ist, politisches Engagement sexy und ästhetisch zu gestalten.

Die Gelbwestenbewegung hatte für etwas ganz anderes gekämpft. Keine Repräsentativität, keine Delegation. Seitdem sind viele verschiedene Wege eingeschlagen worden, und das Festhalten an einer autonomen Position spiegelt zwar nicht das gesamte Erbe der Gelbwesten wider, aber es bleibt dennoch ein Teil davon. Von diesem Erbe ist eine Kultur der Versammlungen geblieben, in der die Öffnung durch die Tatsache erfolgt, sich zu verorten und sich zu konfrontieren, in der die Horizontalität natürlich nicht absolut ist, aber ein Ziel bleibt. Es bleibt auch die Fähigkeit, sich als Kollektiv zu denken, ohne auf den zu warten, der es legitimiert, eine Strategie zu entwickeln, ohne sich im Begriff des Sieges zu vergessen, und die eigene Verteidigung zu tragen, selbst Jahre nach der Unterdrückung der Bewegung. Nichts ist perfekt, aber das, was in einer Kampfkultur existieren oder fortbestehen konnte, ist es wert, benannt zu werden.

Wenn die Bezugnahme lediglich darin besteht, sich an die Erinnerung an das Gefühl der Freude, der Wut und der emanzipatorischen Möglichkeiten der GJ zu wenden, ohne zu respektieren, was dies ermöglicht hat, ist dies nichts anderes als ein Köder, der für unsere Neurosen ausgelegt wird. Aber vielleicht geht es für uns darum, sie zu bearbeiten und das obsessive Objekt des selbstgenügsamen Aufruhrs zu überwinden, um die Umrisse eines revolutionären Imaginären zu zeichnen. Wenn die SdT sich ein Erbe angeeignet haben, das uns lieb und teuer ist, ist es notwendig, weiterhin andere Räume und eine andere Zeitlichkeit, die unseren Positionen eigen sind, existieren zu lassen.

Derzeit, das müssen wir uns eingestehen, fühlen wir uns wie in einer Flaute. Und diese Zeit ist daher günstig, um uns daran zu erinnern, wie wir die Bewegung zur Rentenreform im Jahr 2023 erlebt haben, und sie mit den Ereignissen der Soulèvements de la Terre zu vergleichen. Denn man kann sich fragen, was uns dazu bewegt, in Gewerkschaftsdemonstrationen zu investieren, wenn wir bei den SdT-Demonstrationen nicht anwesend sind. Die Gewerkschaftsführungen wissen, wie man Misstrauen gegenüber ihrer Fähigkeit weckt, alles zu zerschlagen, was ihnen entgleiten könnte. Oftmals markiert die Tatsache, dass bei den von ihnen organisierten Demonstrationen Ausschreitungen provoziert werden, eine Position der Selbstbestimmung, die polarisieren kann, auch wenn sie natürlich manchmal erwartet wird. Zumindest bis zur letzten Bewegung zur Rentenreform waren die Gewerkschaftszentralen nicht auf spektakuläre Bilder von Ausschreitungen aus, im Gegensatz zu den Soulèvements de la Terre, die ihren politischen Erfolg auf das Bild einer „Radikalität“ stützen, die mit Positionen komponiert, die weniger radikal wären. Wenn die Bewegung zur Rentenreform von Gewerkschaften getragen wurde, muss man auch bedenken, dass dies daran liegt, dass es eine rechtliche Abhängigkeit von ihnen gibt, um beispielsweise einen Streik auszurufen. Aber auch hier muss zwischen einer Basis- und einer Zentralgewerkschaft unterschieden werden. Die Basisgewerkschaft Sud positioniert sich oft einfach als Instrument, das Streiks mit einem Minimum an gesetzlichem Schutz ermöglicht. So gab es beispielsweise im Jahr 2023 vor der Bewegung zur Rentenreform sehr viele selbstorganisierte Streiks von Arbeitnehmerinnen. Sud stellte lediglich die Vorankündigungen aus, die den verschiedenen streikenden Kollektiven einen gesetzlichen Schutz ermöglichten. Natürlich könnte man sagen, dass wilde Streiks wie die der 70er und 80er Jahre ein größeres Potenzial hätten. Aber man darf nicht vergessen, dass es in der Zwischenzeit eine sehr konsequente kapitalistische Umstrukturierung durch die Globalisierung und die damit einhergehende Verlagerung von Arbeitsplätzen, die Automatisierung und heute die Digitalisierung gegeben hat, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer prekarisieren und in ein stärkeres Konkurrenzverhältnis bringen als vor 50 Jahren.

Etwas weiter oben war von Niederlagen die Rede, die man bei den Soulèvements sieht, und vielleicht könnte man das auch von der Bewegung zur Rentenreform sagen. Aber uns scheint, dass in diesem Punkt der Unterschied darin besteht, dass die Siegesrhetorik der SdT auf die Erhaltung ihrer Organisation abzielt, auf die Erhaltung eines Medienimages und einer Vorstellung von Glaubwürdigkeit, und dass es innerhalb dieser Proteste keine andere Rhetorik geben kann. Und wenn dieser Begriff nicht aus unseren Überlegungen verbannt werden soll, dann müssen wir uns fragen, was wir als Sieg bezeichnen, was uns bewegt und was fortbesteht, wenn die Repression und die Wolken aus Staub, Schutt und Tränengas sich langsam gelegt haben.

Für uns ist das, was wir aus der Bewegung zur Rentenreform mitnehmen und was unsere Präsenz auf den Demonstrationen motiviert hat, die Möglichkeit, den gewerkschaftlichen Rahmen in einem Kontext von Sparplänen zu überschreiten, in dem die Rente als materielle Würde charakterisiert wurde, die wieder auf das Schlachtfeld der Straße gebracht werden muss. Sicherlich ist die soziale Bewegung in ihrer Gesamtheit nicht über die Forderung nach einer Rente mit 62 Jahren, manchmal wahnwitzigerweise mit 60 Jahren, hinausgegangen. Die Möglichkeit eines sozialen Umbruchs hat sich nicht wirklich als Horizont herausgebildet. Vielleicht färbt die Epoche auf das ab, was man sich vorzustellen wagt oder nicht: In den letzten Jahrzehnten kann man sagen, dass eine revolutionäre Perspektive in Bewegungen, die sich nicht wirklich eine andere soziale Situation vorstellen können, schwer zu erspüren ist.

Aber auch wenn der Horizont während der letzten Bewegung zur Rentenreform kaum über den Rahmen einer von den Gewerkschaftszentralen aufgestellten Forderung hinausging, waren die Versuche und die Suche nach anderen autonomen Stimmen vielfältig und nicht nur von Krawallen geprägt. In mehreren Städten kam es zu Besetzungen von Universitäten, die Orte der Organisation, des Austauschs von Praktiken und Wissen, der Geselligkeit, kurz gesagt, echte Resonanzkörper für umfassendere Forderungen rund um die Frage der Arbeit, unserer Existenzbedingungen, unserer Unsicherheiten und Galeeren, aber auch rund um das, was als weitergehendes Ziel als der einfache Slogan der Rente mit 60 angestrebt wurde, und wie man dorthin gelangen kann, boten. Man hat auch gesehen, dass beispielsweise in Lyon Versammlungen ihre eigenen Demonstrationen vorschlugen und über die Bewegung hinaus fortbestanden. Zugegebenermaßen blieben diese Initiativen innerhalb der Bewegung in der Minderheit und konzentrierten sich auf die Rücknahme der Reform oder, was die Gewerkschaftsverbände betrifft, auf eine einfache Eroberung der öffentlichen Meinung, um die Zahl ihrer Mitglieder zu erhöhen. Aber auch in der Minderheit entstanden und bestehen bleibende Solidaritäten. Und aus den Diskussionen und Praktiken sind manchmal Positionen hervorgegangen. Es sind Dinge geblieben, die uns am Herzen liegen, und vielleicht haben wir gerade deshalb, weil sie uns wichtig sind und weil wir wussten, dass wir dies nicht einfach taten, um auf eine Bewegung zu reagieren, sondern weil es zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Möglichkeit gab, kollektiv mehr Einheit zu bilden, Kraft und Freude darin gefunden und es nicht vollständig als Niederlage erlebt. Denn um über Sieg oder Niederlage zu sprechen, kann man sich nicht auf ein Absolutes beziehen, auf eine Art und Weise, wie die Dinge geschehen, die grundsätzlich ein Erfolg oder ein Misserfolg wäre, sondern man muss sich zu mehreren die Frage stellen, was man sucht und was man erreichen will.

Eine andere Stimme konnte also existieren, wie uns das Beispiel der GJ-Bewegung, wie wir sie erleben konnten, gezeigt hat, aber diese Stimme ging in der Unterdrückung und Neuformierung der nachfolgenden Bewegungen durch die linken Organisationen verloren, wodurch das jüngste Erbe sabotiert wurde. Heute ist eine Allgegenwart von Soulèvements de la Terre als zentralisierende Organisation zu beobachten, die lokale Kämpfe nivelliert und mit viel Marketingspektakel einen ökologischen Diskurs durchsetzt, der sich von der Analyse der materiellen Bedingungen löst. Aber diese Abhängigkeit ist nicht neu und kann daher reflektiert werden. Durch Versammlungen, die von dem ausgehen, was uns politisch bewegt, indem wir unsere eigenen Texte schreiben oder zumindest versuchen, andere Momente zu schaffen, um uns von einer hegemonialen politischen Strategie zu verabschieden, und indem wir die Antirepression und die Erzählung dessen, wofür wir uns einsetzen, nicht delegieren. Die Herausforderung besteht also darin, eine autonome Position zu verteidigen, wenn diese für ihre Ästhetik und ihre Praktiken vereinnahmt wird. In eigenen Räumen Verbindungen zu erzeugen, wo sich die Zentralität der SdT selbst im Bedürfnis nach Geselligkeit durchsetzt. Sich an einem Imaginären zu versuchen und die Konsequenzen zur Kenntnis zu nehmen, wenn Radikalität nur als Bestandteil von Druck im Hinblick auf einen Dialog mit dem Staat eingesetzt wird.

Anmerkungen

[1] Wir sprechen hier von einer Niederlage als Antwort auf ihre Siegesrhetorik und angesichts der Menge an Verletzten, Verhafteten und der bei ihren Events eingesetzten Energie, aber wir werden in einigen Absätzen noch weiter auf diese Frage eingehen.

Dieser Text wurde am 9. März 2025 anonym auf Paris-Luttes.Info (https://paris-luttes.info/faut-il-faire-feu-de-tout-bois-une-19110?lang=fr) veröffentlicht, Bonustracks übertrug den Text ins Deutsche.