Neues Gewalthilfegesetz: Sachsen plant mehr Schutzplätze für Frauen

Jede dritte Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt. Mit dem Gewalthilfegesetz haben Frauen ab 2032 einen Rechtsanspruch auf Schutz. Doch reichen die Plätze?

Die Zahlen sind alarmierend und steigen seit Jahren: Fast jeden Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch häusliche Gewalt, im Jahr 2023 nach dem Lagebild des Bundeskriminalamtes wurden mehr als 256.000 Menschen Opfer häuslicher Gewalt – im Schnitt über 700 Menschen täglich. Mit dem Gewalthilfegesetz sollen von Gewalt betroffene Frauen und Kinder künftig einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben. Betroffene Frauen müssen künftig nicht mehr die Kosten für eine Unterbringung in einer Schutzeinrichtung tragen.

Dafür sollen die Länder mehr Plätze in Frauenhäusern und Beratungsangebote schaffen. Der Bund will sich über zehn Jahre von 2027 bis 2036 mit insgesamt 2,6 Milliarden Euro an der Finanzierung des Hilfesystems beteiligen. Der Bundestag hat das Gesetz Ende Januar nach langen und schwierigen Verhandlungen zwischen Union, SPD und Grünen noch auf den Weg gebracht. Am Freitag haben die Bundesländer, darunter auch Sachsen, im Bundesrat zugestimmt.

Frauen haben Anspruch auf Schutz und Beratung

Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) begrüßte das Gesetz. „Das ist ein Meilenstein für die Weiterentwicklung des Hilfesystems sowie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen“, sagte sie. „Künftig haben Frauen und ihre Kinder bei dieser Form von Gewalt einen Anspruch auf Schutz und Beratung.“ Mit dem Gesetz wird ein bedarfsgerechtes Netz an Schutz- und Beratungsangeboten bundesweit zur Verfügung gestellt, sodass alle Frauen, die von geschlechtsspezifischer oder häuslicher Gewalt betroffen sind, unabhängig von Wohnort, Aufenthaltsstatus oder Einkommen Hilfe erhalten, teilt das Ministerium mit.

Der Rechtsanspruch auf Schutz-, Beratungs- und Unterstützungsangebote bei häuslicher Gewalt gilt ab 2032. Bis dahin müssen die Länder die notwendigen Kapazitäten aufgebaut haben – also genügend Plätze in den Frauenhäusern und Beratungsangebote. Sachsen muss dafür bis 2027 eine Planung erarbeiten, die den tatsächlichen Bedarf festlegt. In einer Studie des Bundesfamilienministeriums von 2023 wurde für Sachsen ein Mehrbedarf von 103 Plätzen in Schutzeinrichtungen und die Ausweitung der Beratungsangebote um 28 Stellen errechnet. Sachsens Sozialministerium geht davon aus, dass der Bedarf in zwei Jahren angesichts steigender Fallzahlen höher ausfallen wird.

Derzeit gibt es 17 Frauenhäuser in Sachsen

Derzeit gibt es in Sachsen 17 Frauen- und Kinderschutzeinrichtungen mit 167 Familienplätzen – das entspricht einem Zimmer mit zwei Betten. Zuletzt kamen sechs Familienplätze in den Landkreisen Bautzen und Görlitz hinzu, auch im Vogtlandkreis gibt es nun eine Frauen- und Kinderschutzwohnung. Seit 2023 gibt es außerdem in jedem Landkreis und jeder Großstadt eine Beratungsstelle für Betroffene von häuslicher Gewalt und Stalking.

Sachsen will weiter in den Gewaltschutz investieren und die Kapazitäten ausbauen. Nach der Istanbul-Konvention braucht der Freistaat einen Schutzplatz pro 10.000 Einwohner – das wären 404 Familienplätze. Um das zur erreichen, strebt Sachsen eine jährliche Ausbauquote der Plätze von mindestens zehn Prozent an. Danach müssten pro Jahr etwa 17 neue Schutzplätze geschaffen werden. Diesen Bedarf will Sozialministerin Petra Köpping in die Haushaltsberatungen einbringen – ob das angesichts der angespannten Finanzlage umgesetzt wird, bliebt fraglich.