Erneut Rechtsextremismus-Fall bei sächsischer Polizei? – Rassistische Geste auf Dienstreise? 14 Rothenburger Kommissaranwärter in Verdacht

Angehende Kommissare von der Hochschule der Sächsischen Polizei sollen bei einer Ungarn-Reise die „White Power“-Geste gezeigt haben. Die Polizei ermittelt.

17 junge Männer und Frauen sind auf dem Bild zu sehen. Ein Gruppenfoto, das laut Medienberichten bei einer Dienstreise angehender Kommissare in Ungarn entstand. 14 der jungen Polizisten zeigen eine Handgeste, die aussieht wie das „White Power“-Zeichen – ein Symbol der rechtsextremen Szene.

Insgesamt 18 Studierende vom Rothenburger Campus der Hochschule der Sächsischen Polizei waren vom 20. bis 26. Oktober auf einer Dienstreise in Budapest, teilt Hochschulsprecher Martin Kulke auf SZ-Anfrage mit. Sie gehören zum Bachelorstudienjahrgang „Polizeivollzugsdienst“.

„Die Reise diente dem fachlichen Austausch der sächsischen Studierenden mit ungarischen Studierenden der dortigen Universität für Öffentlichen Dienst“, die eine Fakultät für Strafverfolgung hat. Es sei darum gegangen, unterschiedliche Kulturen kennenzulernen und um interkulturelle Kompetenz. Zum Beispiel stand der Besuch einer Synagoge auf dem Programm und der Austausch mit ungarischen Polizisten.

Das Foto entstand laut der „Bild“-Zeitung vor dem Ethnografischen Museum in Budapest. Bekannt wurde es der sächsischen Polizeihochschule durch eine Medienanfrage, schildert Kulke: Zuerst hatte die „Bild“ berichtet, ihr Beitrag legt nahe, dass das Foto beim Messengerdienst Whatsapp erschienen ist, mutmaßlich in einer geschlossenen, öffentlich nicht zugänglichen Gruppe.

Das „White Power“-Zeichen ist nicht verboten, aber es ist inzwischen ein in der rechtsextremen Szene bekannter Code. Es ähnelt dem Okay-Zeichen bei Tauchern. Seit einigen Jahren ist es auch zunehmend in Deutschland unter Rechtsextremen als Symbol für eine angebliche Überlegenheit der „weißen Rasse“ bekannt.

Und wird auch entsprechend genutzt: Mehrfach war es beispielsweise zu sehen, als Ende September rund 470 Rechtsextreme in Görlitz aufliefen, um gegen den CSD Görlitz/Zgorzelec zu protestieren.

Doch kein „White Power“-Zeichen?

Das Foto der Anwärter „kann aufgrund von Ort und Gestik schwere Vorwürfe gegen die abgebildeten Personen begründen“, teilt Martin Kulke mit. „Nach ersten Gesprächen deutet sich aber auch an, dass verschiedene Interpretationen wegen eines möglichen Bezugs zum 30. Jahrgang denkbar sind“, also, dass die Geste der 14 angehenden Kommissare nichts mit der „White Power“-Bedeutung zu tun haben könnte, sondern mit der Zahl 30.

In jedem Fall stehen jetzt Ermittlungen an. „Auch im Interesse der Betroffenen wird die Hochschule konsequent ausermitteln, ob und welche Pflichtverletzung in jedem einzelnen Fall gegeben sein kann“, sagt Kulke. Auch die Whatsapp-Gruppe, in der das Foto mutmaßlich gepostet wurde, werde Gegenstand der Ermittlungen sein.

Sollte sich ein rechtsextremer Hintergrund bestätigen – der erste Vorfall dieser Art wäre es nicht. 2020 wurde beispielsweise gegen drei angehende Kommissare, die im ersten Jahr an der Polizeihochschule in Bautzen studierten, ermittelt, nachdem sie verfassungsfeindliche Parolen gerufen haben sollen.

2023 soll ein angehender Kommissar in einem Dresdner Club den Hitlergruß gezeigt, Getränke anderer Gäste gestohlen und schließlich einen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma gebissen haben. Anders als das „White Power“-Zeichen ist das Zeigen des Hitlergrußes verboten. Gegen den damals 22-Jährigen wurde ein Entlassungsverfahren eingeleitet.

Vor einem Jahr wurden gegen einen weiteren Auszubildenden der Hochschule der Sächsischen Polizei beamtenrechtliche Schritte eingeleitet, nachdem er andere Personen mit sexuellen und rechtsmotivierten Äußerungen beleidigt haben soll.

SZ-Informationen nach soll er seine Kollegen schon einmal aufgefallen sein – bei der Görlitzer Club-Schlägerei im Juli vorigen Jahres.