Wegen Bedrohung durch Rechtsextreme: Open Air in Zwickau abgebrochen

Die Polizei verhinderte am Samstagabend, dass eine Gruppe Jugendlicher aus der rechten Szene auf ein Open Air in der alternativen Kunstplantage vordringt.
Zwickau.

Am Abend nach dem Auftritt des AfD-Europapolitikers Maximilian Krah in Zwickau hat die Polizei eine Gruppe Jugendlicher aus der rechten Szene daran gehindert, auf das „Tausendfüßler“-Open-Air in der Zwickauer Kunstplantage vorzudringen. Die Macher des Open Airs teilten auf Instagram mit, dass der Fahrer eines DJs, der auf dem Open Air auflegte, in seinem Wohnmobil das lautstarke Gespräch der etwa 30-köpfigen Gruppe an der Paradiesbrücke mithören konnte.

Daraus und aus weiteren Beobachtungen sei hervorgegangen, dass es sich um Rechtsextreme gehandelt habe, die geplant haben sollen, Besucher des Open Airs auf dem Nachhauseweg anzugreifen und Feuer auf dem Gelände zu legen, sobald es leer sei. Daher habe man das Open Air am Samstagabend abgebrochen, um den rund 150 Gästen einen sicheren Heimweg bei Tageslicht zu ermöglichen.

Polizei erteilt 15 Platzverweise

Die Zwickauer Polizei bestätigt, 15 Personen im Bereich der Nicolaistraße angetroffen und ihnen Platzverweise erteilt zu haben. Die jüngste angetroffene Person sei 13 Jahre alt gewesen, die älteste 20. Gegen zwei wird wegen Staatsschutzdelikten ermittelt. Es handle sich um Personen aus dem rechten politischen Spektrum. Konkrete Straftaten seien nicht registriert worden, aber die Beamten blieben vor Ort, um den Gästen die Abreise vom Open Air zu ermöglichen. Die Kunstplantage teilte mit, es sei rein um Sicherheit gegangen. Man lasse sich nicht einschüchtern.

Von einem anderen handfesten Übergriff berichtet hingegen der Zwickauer Grünen-Kreissprecher Patrick Simmel. Demnach seien sechs Teilnehmer einer Demonstration für Weltoffenheit, die gleichzeitig zum Krah-Auftritt stattgefunden hatte, im Anschluss angegriffen worden. Die Täter sollen aus dem Umfeld der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative stammen, sagt Simmel unter Berufung auf Veranstaltungsteilnehmer. Nathalie Senf, die Veranstalterin der Kundgebung für Demokratie, Menschenrechten und ein weltoffenes Zwickau, spricht von einer neuen Qualität:

„Die Junge Alternative lässt sich auf einer AfD-Kundgebung aufstacheln und zieht dann gewaltbereit durch die Stadt. Das ist nicht hinnehmbar.“ Senf fordert ein Verbotsverfahren gegen Organisationen, die als gesichert rechtsextremistisch eingestuft sind.

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Michael Stellner 26.07.2024

Vor AfD-Kundgebung mit Maximilian Krah in Zwickau: „Ein Auftrittsverbot hat es nie gegeben“

NS-Verharmlosung, Korruptions- und Spionagevorwürfe: Im Europawahlkampf tauchte AfD-Spitzenkandidat Krah ab, es war von einem Auftrittsverbot die Rede. In Zwickau heißt es nun: Das hat es nie gegeben.
Zwickau.

Der AfD-Europapolitiker Maximilian Krah hat während des Europawahlkampfs zuletzt keine öffentlichen Auftritte mehr absolviert. Seine Aussagen über Mitglieder der SS in einem Interview mit der italienischen Zeitung „La Repubblica“ wurden als Verharmlosung der NS-Verbrechen bewertet. Insbesondere die französischen Rechtspopulisten vom Rassemblement National setzten durch, dass die AfD aus der gemeinsamen rechten Fraktion im Europaparlament ausgeschlossen wurde. Zudem gab es Korruptionsvorwürfe gegen Krah selbst und Spionagevorwürfe gegen einen seiner Mitarbeiter. Bundesweit lauteten die Schlagzeilen, der AfD-Bundesvorstand habe seinem Spitzenkandidaten ein Auftrittsverbot erteilt. Zu peinlich für die EU-Wahl, aber für den sächsischen Wahlkampf gut genug? So will man das bei der AfD in Zwickau nicht sehen, wo Krah am Samstag als Stargast einer Wahlkampfkundgebung angekündigt ist.

„Massiver Schaden für die Partei im laufenden Wahlkampf“

Der Zwickauer AfD-Kreischef Jonas Dünzel betont, dass Krah, den er seit vielen Jahren gut kenne, von sich aus auf Auftritte im Europawahlkampf verzichtet habe. Ein Auftrittsverbot durch den Bundesvorstand habe es nie gegeben. Ein AfD-Sprecher bestätigt das der „Freien Presse“: Im Gespräch zwischen Bundesvorstand, Landesvorsitzenden und Krah selbst sei am 22. Mai „ein massiver Schaden für die Partei im laufenden Wahlkampf“ festgestellt worden, für den Krah „den Vorwand geliefert“ habe. Krah selbst „bis zum Wahltag an keinen weiteren Wahlkampfveranstaltungen teilnehmen“ wollen. Und weiter: „Dieser konsequente Rückzug aus der Öffentlichkeit wurde mehrheitlich begrüßt.“

Die Vorwürfe gegen Krah will Dünzel teils nicht bewerten, teils relativiert er sie. Der Europapolitiker sei ein Publikumsmagnet. „Bei unserer Veranstaltung vor einem Monat in der Uhlig-Mühle in Bernsdorf waren 200 Gäste, obwohl wir nicht einmal groß Werbung gemacht haben“, sagt Dünzel.
Protestkundgebung angekündigt

Die Veranstaltung wird von einer Protestkundgebung begleitet. Das geht aus einer Nachricht hervor, die am Freitag vom Zwickauer Demokratiebündnis verbreitet wurde. Das Bündnis selbst ist eigener Auskunft zufolge aber nicht der Veranstalter, stattdessen hätten „mehrere Privatpersonen“ die Demo angemeldet. Sie soll ebenfalls 15 Uhr auf dem Hauptmarkt stattfinden.