Prozessbeginn: Melanie Müller steht ab Dienstag in Leipzig vor Gericht

Ab Dienstag steht die Sängerin Melanie Müller in Leipzig vor Gericht. Sie soll im September 2022 auf einer Veranstaltung mehrfach den Hitlergruß gezeigt haben. Zudem geht es um den Vorwurf des Drogenbesitzes.

Die Schlagersängerin Melanie Müller muss sich ab Dienstag vor dem Leipziger Amtsgericht verantworten, weil sie im Rahmen eines Auftritts einen Hitlergruß gezeigt haben soll. Zudem wird der früheren RTL-Dschungelkönigin Drogenbesitz vorgeworfen. Ein weiterer Termin in dem Verfahren ist für den 2. Juli angesetzt, dann könnte ein Urteil in dem Prozess fallen.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig hatte im Mai Anklage gegen Melanie Müller erhoben, weil sie öffentlich mehrfach den Hitlergruß gezeigt haben soll. Die Vorwürfe der Ermittler gehen auf einen Auftritt Müllers in der Nacht zum 18. September 2022 in Leipzig zurück, zu dem den Behörden ein Video vorliegt.

Entstanden sein soll es beim Oktoberfest des Leipziger Motorradclubs „Rowdys Eastside“, wo der Reality-TV-Star auftrat. Der Club hat seinen Sitz im ehemaligen KZ-Außenlager „HASAG Leipzig“ im Leipziger Stadtteil Schönefeld, das heute als Szenetreffpunkt rechtsextremer Gruppen gilt. Müller soll von der Bühne aus mehrfach den Hitlergruß Richtung Publikum gezeigt haben.

Eine Anklage wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln habe die Staatsanwaltschaft bereits im November vergangenen Jahres erhoben. Bei einer Razzia im August 2023 waren im Wohnhaus der Sängerin im Leipziger Stadtteil Wahren Kokain und Ecstacy gefunden worden.

Die gebürtige Oschatzerin erlangte durch ihren Sieg in der achten Staffel des RTL-Dschungelcamps „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ größere Bekanntheit und war danach noch in zahlreichen Realtiy-TV-Formaten präsent. Als Schlagersängerin tritt sie unter anderem auf Mallorca auf.


Fabienne Küchler 02.02.2024

Neue Anklage gegen Melanie Müller: Ermittler finden Kokain und Ecstasy

Partysängerin Melanie Müller muss sich womöglich bald wegen Drogenbesitzes vor Gericht verantworten. Das ist nicht das einzige offene Verfahren gegen die Leipzigerin.

Sängerin Melanie Müller muss sich erneut juristisch verantworten. Neben dem Vorwurf, im Jahr 2022 bei einem Auftritt den Hitlergruß gezeigt zu haben, wird ihr nun Drogenbesitz zur Last gelegt. Das berichtete zuerst das Online-Portal Tag24. Bei der im August 2023 in ihrer Wohnung in Leipzig durchgeführten Razzia entdeckten die Behörden verbotene Substanzen, wie nun bekannt wurde.

Im Wohnhaus der ehemaligen Dschungelkönigin seien 0,69 Gramm eines Kokaingemisches sowie ein Cliptütchen mit einer blauen Ecstasy-Pille gefunden worden, berichtete ein Sprecher des Leipziger Amtsgerichts am Freitag der LVZ. Eine Anklage wegen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln habe die Staatsanwaltschaft bereits im November vergangenen Jahres erhoben.

Damit reiht sich ein weiterer Tatverdacht in die Liste der Vorwürfe gegen Müller ein. Ob die Anklage zugelassen wird und es wegen der Drogenvorwürfe zu einem Prozess kommt, sei noch nicht entschieden, so der Gerichtssprecher. Gegen die gebürtige Oschatzerin besteht bereits ein offenes Verfahren wegen des Verwendens verfassungswidriger Symbole, für das noch kein Hauptverhandlungstermin festgelegt sei. Möglich wäre, dass beide Fälle zusammen verhandelt werden, hieß es.

Melanie Müller: Mehrere Durchsuchungen in 2023

Das Leipziger Finanzamt und die Polizei durchsuchten am 16. August Müllers Wohnhaus im Stadtteil Wahren. Die 35-Jährige war an jenem Tag nicht zuhause, sondern befand sich auf Mallorca. Nach LVZ-Informationen handelte es sich bei dem Einsatz um die Vollstreckung eines Bescheids durch das Finanzamt. Diesbezüglich sei dem Gerichtssprecher derzeit allerdings kein offenes Verfahren bekannt.

Das war nicht die erste Razzia bei Müller: Im Oktober 2022 veranlassten die Ermittler wegen der Vorwürfe, auf einem Konzert einen Monat zuvor den Hitlergruß gezeigt zu haben, eine Durchsuchung bei ihr.


Ilka Fischer 16.05.2024

Mike Blümer übernimmt Strandkneipe: Nach Mallorca zieht es ihn nach Eilenburg

Mit Mike Blümer steht an der Strandklause an der Kiesgrube ein Mann hinter dem Tresen, der mit Reality-Star Melanie Müller liiert und ihr Manager war. Was hat der 59-Jährige ausgerechnet in Eilenburg vor?

Zwei Tage vor der Eröffnung am Pfingstsonnabend erinnert die Strandklause an der Eilenburger Kiesgrube noch eher an eine Baustelle. Die Terrasse hat zwar bereits einen Holzboden, und Sonnensegel bieten Schatten. Doch noch liegen nicht nur Holzreste herum, auch in der Küche werden noch Bohrmaschine und Putzlappen und nicht der Kochlöffel geschwungen. Das neue Strandklausen-Paar sieht das gelassen.

Katharina Kahmann, die für den Pachtbetrieb den Hut auf hat, erklärt: „Spätestens am Sonnabend ist alles fertig. Dann gibt es hier, in Ergänzung zu der kleinen Strandoase am Dauercampingplatz, das für ein Freibad typische Angebot mit Pommes für 3,50 Euro, Currywurst für vier Euro, aber auch Eis und Kaffee. Das Bier, das aus Hahn und Flasche kommt, gibt es ab drei Euro.“ Hinzu komme ein täglich wechselndes Mittagsgericht.

Mike Blümer und die zweimal verflixten sieben Jahre

Die 32-jährige Kahmann, die einst Lebensmittelverkäuferin gelernt hat und später auch in der Konzertgastronomie tätig war, sagt aber auch: „Ich trau mir das nur mit meinem Partner Mike Blümer an meiner Seite zu.“ Bei dem Namen Mike Blümer werden einige aufhorchen. Ist das nicht der Manager und Ex von Dschungelkönigin und Ballermann-Sängerin der in Grimma aufgewachsenen Melanie Müller?

„Darauf werde ich leider immer noch überwiegend reduziert“, sagt der 59-Jährige auch etwas resignierend. Dabei möchte er die zweimal verflixten sieben Jahre, (sieben Jahre vor der Hochzeit und sieben Jahre als Ehepaar) hinter sich lassen. „Meine Mallorca-Zeit und die als Musikmanager ist definitiv vorbei.“

Manager und Ehemann von Ballermann-Sängerin Melanie Müller

Insbesondere Leipzigern wird Mike Blümer vielleicht auch als Betriebsleiter der Diskotheken Leipzig Markt 1 und der Russendisko bekannt sein. „Bis 2005 war das“, erzählt er. Doch dann wollte er weg aus Deutschland. Durch die Erfahrung in der Freisitzgastronomie am Markt 1 lag die Saisongastronomie auf Mallorca nahe. Und dort habe er dann 2008 auch Melanie Müller kennengelernt. Später hat er die heute 35-Jährige nicht nur gemanagt, sondern sie auch 2014 in den USA geheiratet.

Doch seitdem sie mit dem Schießen des Eheringes in den Silvesterhimmel 2021 die Trennung öffentlichkeitswirksam eingeleitet hat, läuft ein Rosenkrieg auch wegen der gemeinsamen Kinder, der sechsjährigen Tochter Mia und dem vierjährigen Sohn Matty. Zuletzt geriet Müller mit dem Gesetz in Konflikt. Es gab unter anderem Drogenvorwürfe und ein noch offenes Verfahren wegen des Verwendens verfassungswidriger Symbole.

Wie entstand die Verbindung nach Eilenburg?

Doch was macht Mike Blümer nun ausgerechnet in Eilenburg? Diese Geschichte erzählt er gern. „Als Jugendlicher bin ich mit meinen Eltern immer von Leipzig auf dem Weg zur Datsche in Falkenberg durch Eilenburg gekommen. Immer wenn die Rohrbrücke mit der Aufschrift Decelith aus Eilenburg auftauchte, war das erste Etappenziel geschafft. Eilenburg war für mich definitiv nur eine Stadt, durch die man eben durchmusste.“

Doch aufgrund des größeren Mietangebotes für die Patchworkfamilie mit insgesamt vier Kindern und einem Hund habe Katharina dann auch mal Eilenburg erwähnt. „Was soll ich denn da?“, habe er noch gefragt. Doch sie wollten sich zumindest ein Bild machen, haben das Stadtfest 2023 besucht. „Und da haben wir zufällig Bekannte getroffen. Und diese haben dann von einem See da draußen geschwärmt. So sehr, dass wir noch am gleichen Wochenende hin sind.“

Blümer verbrachte Sommer an der Kiesgrube

In der Folge hätten sie fast den ganzen Sommer als Kurzeitcamper hier verbracht. „Und dabei“, so kommt Mike Blümer regelrecht ins Schwärmen, „haben wir entdeckt, dass Eilenburg einfach eine beeindruckende Infrastruktur hat. Es gibt hier nicht nur wirklich jeden Supermarkt. Wir haben mit den Kindern auch das Geheimnis der Heinzelmännchen auf dem Schlossberg erkundet, waren in der Sternwarte und im Tierpark.“ „Und meine neunjährige Tochter“, so will Katharina Kahmann unbedingt erwähnt wissen, „kann von hier aus sogar allein die zwei Kilometer mit dem Fahrrad zum Reiterhof Sambleben fahren.“

Und natürlich ist dann auch noch der schöne See selbst. Das Paar, das nach wie vor zwischen der Wohnung im Leipziger Norden und dem Wohnwagen am Eilenburger See pendelt, hat jedenfalls schnell festgestellt: „Die Eilenburger Kiesgrube ist für uns näher als der Cospudener See und nicht so überlaufen wie die Schladitzer Bucht.“ Zudem biete er mit dem bewachtem Nichtschwimmerbereich, FKK, Hundestrand, den Spielplätzen und später vielleicht auch mal Wasserski alles, was die Patchworkfamilie lockt.

Das Juwel des Goldschmiedes

Doch das erklärt noch immer nicht, wie aus begeisterten Camper nun Strandklausen-Pächter wurden.„Wir hatten mit den Betreibern schon während unserer Camperzeit einfach viele tolle Gespräche“, erzählt Mike Blümer. Dabei sei es gar nicht um die Strandklause gegangen. Als der bisherige Pächter aufgab, habe sie Holger Millermann dann gefragt, ob sie sich nicht genau das vorstellen könnten. Katharina Kahmann schätzt heute ein: „Das Angebot kam genau zur richtigen Zeit.“ Das Gesamtparket stimme einfach. Sie freuen sich nun auf die arbeitsreiche Saison, bei der sie für die Badegäste täglich und verlässlich von 11 bis 20 Uhr da sein wollen und am Wochenende für die Camper sicher auch mal bis 22 Uhr aufhaben werden.

Nur etwas anderes wollen die beiden definitiv nicht. „Es wird hier keine spanische Cocktailbar geben, und es werden auch keine Mallorca-Künstler auftreten“, sagt Mike Blümer. Scheint so, als meint er es ernst mit dem Abschluss seiner Mallorca-Zeit. Der gelernte Goldschmiedemeister hat jetzt in Eilenburg sein zu ihm passendes Juwel gefunden, dem er nun gastronomisch mit seiner Partnerin Katharina den Feinschliff verpassen will.


Imre Grimm 30.09.2022

„Wie tief steckt Melanie Müller im Nazi-Sumpf?“ – eine Art Hitlergruß und seine Folgen

Hat Trash-Sternchen Melanie Müller auf einem Konzert den Hitlergruß gezeigt? Der Staatsschutz ermittelt, der Boulevard empört sich künstlich. Am Ende profitieren in der Erregungsindustrie aber wieder mal alle.

Es gibt in Deutschland kaum ein tauglicheres Mittel zur Erregung von Aufmerksamkeit als das ruckartige Anheben des gestreckten rechten Armes mit flacher Hand in einem Winkel von 45 Grad zur Körperlängsachse im öffentlichen Raum. Denn Paragraf 86a des Strafgesetzbuches verbietet die „Benutzung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ und damit auch den sogenannten Hitlergruß. Es sei denn, es geht dabei um „staatsbürgerliche Aufklärung, Kunst oder Wissenschaft, Forschung oder Lehre“.

Hitlergruß oder „Zicke zacke“?

Nun weiß man nicht ganz genau, ob der seltsame Broterwerb der Melanie Müller (34) die Prädikate Kunst oder Wissenschaft verdient. Ist es Wissenschaft, sich die eigene Vulva bei RTL II als Silikonabdruck nachgießen zu lassen? Ist es Kunst, wenn man als noch ziemlich junge Sünderin unter dem Pseudonym Scarlet Young Erwachsenenfilme drehte, die durchaus auch Sprechtext enthielten?

Sicher ist: Die Trash-Mehrzweckwaffe Müller, seit elf Jahren erfahrene Rampensau für alkoholinduzierte Feierbiesterei und Fernsehfremdscham, hat bei einem Konzert in Leipzig den rechten Arm in hitlergrußverdächtiger Weise mehrfach ruckartig angehoben. Ein Handyfilmchen zeigt das. Der Staatsschutz ermittelt. Sicher ist aber auch: Niemand weiß, warum sie das tat.

Sie habe doch nur „Zicke zacke, zicke zacke“ machen wollen, beteuerte Müller selbst. Eben nicht „Heil, heil, heil!“, sondern nur „hoi hoi hoi“. So wie sie das immer tue auf der Bühne, seit elf Jahren. Leider gibt es von früheren Beispielen ihrer angeblich harmlosen Choreografie bisher keine Aufnahmen. Das vorliegende Video wirkt, gelinde gesagt, merkwürdig. „Ich habe mit Rechtsradikalen oder nationalistischem Gedankengut nichts am Hut“, sagt sie. „Ich verurteile das aufs Schärfste.“ Auch habe sie das fragliche Konzert später abgebrochen und das Publikum aufgefordert, rechtsradikale Äußerungen zu unterlassen. Videos von ihrem angeblichen heldenhaften Einsatz für die Grundwerte von Freiheit und Menschlichkeit freilich sind bisher ebenfalls nicht aufgetaucht.

Das Gesellschaftsspiel „Hat sie oder hat sie nicht?“

Doch das Gesellschaftsspiel „Hat sie oder hat sie nicht?“ ist schon in vollem Gange. Immerhin waren auf dem Konzert zuvor auch „Sieg Heil!“-Rufe zu hören. Melanie Müller zwischen Nazis. Zufall? Sie bittet um Nachsicht. „Wir sind Künstler“, versuchte sie sich zu verteidigen. „Die ziehen sich an, werden meistens gefahren und werden auf der Bühne wachgerüttelt und haben einen Auftritt. Was da für Leute manchmal vor einem stehen, das wissen wir manchmal nicht.“

Man kennt das: Da kommst du als Sängerin in eine Location, guckst nicht links oder rechts, nimmst dein Mikrofon, gehst auf die Bühne und stellst plötzlich fest: Huch – alles Nazis!? Müllers neuer Freund Andreas Kunz jedenfalls soll kein gänzlich Unbekannter in der rechten Szene sein. Das zumindest kolportierte ihr Nochehemann Mike Blümer, Vater der gemeinsamen Kinder, einer 2017 geborenen Tochter und eines 2019 geborenen Sohnes.

Er erkenne „den Menschen Melli Müller nicht wieder“ und sei „geschockt, ratlos, sprachlos“, sprach Blümer in eine RTL-Kamera. Seine Nochehefrau sei durch ihren neuen Lebensgefährten in rechte Kreise abgerutscht: „Ich habe sie diverse Male gewarnt. Aber sie ist momentan führungslos.“ Was man so sagt, wenn man gerade die Scherben einer Ehe zusammenfegt.

„Unser Au-pair-Mädchen kommt aus Kolumbien“

Die Verteidigungsstrategie von Müller trägt Züge des Tragikomischen. So könne sie ja gar nicht rechtsradikal sein, barmt sie in einem Social-Media-Post, denn schließlich habe sie „sehr, sehr viele Ausländer im Freundeskreis, mein Personaltrainer ist ein Farbiger, unser Au-pair-Mädchen kommt aus Kolumbien. Wir haben ein ukrainisches Kindermädchen, also da besteht überhaupt kein rechtsradikales Gedankengut bei mir“. Natürlich. Bekanntlich macht Privatkontakt zu Ausländern direkt immun gegen die Verlockungen des Rassismus. Ironie off.

Wer ist Melanie Müller? Die Blondine kommt seit einem dritten Platz beim „Bachelor“ und dem „Gewinn“ des RTL-Dschungelcamps 2014 als eine Art Discounterversion von Marilyn Monroe ganz gut zurecht im Reality-TV-Paralleluniversum, wo Airtime alles und die Konkurrenz gnadenlos ist. Die 1988 im sächsischen Oschatz geborene und als „Busengeneral“ zu zweifelhaftem Ruhm gekommene Ramschfernsehhaubitze gewann zuletzt 2021 die Show „Promi Big Brother“ und verdingt sich zudem als Interpretin von Ballermannschlagerware in den Bumsdiscos von Mallorca. Wenn es etwas gäbe wie eine Mensch gewordene bunte Tüte – Melanie Müller käme ihr erstaunlich nah. Die Farbe Braun hatte in dieser Tüte allerdings bisher keinen Platz.

Die letzten Tröpfchen Aufmerksamkeit

Wie so viele hoffte auch Müller einst, dass der Dschungeltitel als Karrierebooster ihren Namen langfristig vergolden würde. Aber die Show ist kein automatischer Karriereturbo, sondern nur ein Erkenntnisbeschleuniger. Sie verstärkt bloß schon vorhandene positive und negative Karrieretendenzen. Ingrid van Bergen, Peer Kusmagk, Marc Terenzi, Melanie Müller, Joey Heindle, Menderes Bagcı, Jenny Frankhauser und andere „Gewinner“ hofften vergeblich auf eine nachhaltige Showkarriere. Der einzige echte Sieger bisher jedoch hieß RTL.

Müllers Geschäftsmodell besteht nun darin, auf dem Trittbrett fahrend auch noch die letzten Tröpfchen Aufmerksamkeit aus öffentlichen Vorgängen zu quetschen – quasi wie eine Micaela Schäfer mit Bluse. 2014 etwa versuchte Müller, zur Fußball-WM in Brasilien einen Hit zu landen, versenkte mit ihrem WM-Song „Auf geht’s, Deutschland schießt ein Tor“ aber stattdessen in nur 186 Sekunden die Ehre der hiesigen Tonsetzer- und Videoschnittkunst. Das Werk war auf vielen Ebenen gleichzeitig ein künstlerischer Meniskusriss: akustisch, optisch, grammatikalisch, kostümtechnisch und vom Feeling her. Im Video hüpfte Frau Müller auf dem Rasen herum wie ein Linienrichter bei einem Foul mit offenem Bruch, umtänzelt von einem Brasilianerdarsteller mit Ölhaar und drei attraktiv gemeinten Nichtmusikerinnen, deren Job im Kern darin besteht, ihre nagelneuen Gitarren nicht fallen zu lassen. Man sagt, wenn Kinder spielen, sind sie gesund. Aber dann doch lieber Krokodilhoden knabbern.

Doch inzwischen ist die Position der Ex-Dschungelblondine im Abklingbecken des Entertainments neu besetzt – und zwar von Evelyn Burdecki, die sich in der Dschungelshow 2019 mit ihrer entwaffnend naiven Erdmännchenniedlichkeit auch an die ganz großen Fragen der Menschheit heranwagte: „Wenn im Osten die Sonne aufgeht“, staunte Burdecki da – „was passiert dann im Norden?“ Es gibt Philosophen, die sind an dieser Frage zerbrochen.

„Ich wollte es eigentlich ‚Mein Kampf‘ nennen“

Für Müller vergrößerte Burdeckis Erscheinen und deren regelmäßiges Auftauchen in allerlei Realityformaten die Gefahr, in Vergessenheit zu geraten. Man wird ihr kaum unterstellen dürfen, den Arm aus karrieretaktischen Gründen gehoben zu haben (das wäre fast ein verzeihlicherer Grund als politische Motive). Aber schon 2014 rutschte ihr in Stefan Raabs „tv total“ ein seltsamer Hitlerwitz heraus. In der Late-Night-Show stellte sie damals ihr neues Buch vor („Mach’s dir selbst, sonst macht’s dir keiner – Vom Mauerblümchen zur Dschungelqueen“) und scherzte: „Ich wollte es eigentlich ‚Mein Kampf‘ nennen, aber ich habe mal gegoogelt – der Titel ist leider schon vergeben.“ 2017 dann zürnte sie bei Facebook, sie schäme sich für Deutschland und für „unsere Politik“, denn anders als „unsere alten Menschen“ hätten „unsere ausländischen Mitbürger ein neues Telefon und ewig finanzielle Unterstützung“.

Für Nochehemann Blümer ist der Drops gelutscht: „Ihre Karriere ist für mich vorbei“, befand er bei RTL. „Mit dem, was sie da von sich gegeben hat, kommen wahrscheinlich die wenigsten Menschen klar. Jeder Werbepartner, jeder Veranstalter wird einen großen Bogen um sie machen.“ Daran ist zu zweifeln. Das Müller-Drama spielt in einer Branche, deren Rohstoff das öffentliche Stattfinden um jeden Preis ist. Und was die Währung „Aufmerksamkeit“ angeht, läuft es seit dem Eklat ganz prima für die Müllerin.

„Wie tief steckt Melanie Müller im Nazi-Sumpf?“, fragt nun sorgenvoll N-TV. Die „Bild“-Zeitung setzt genüsslich einen Körperspracheexperten auf ihr Instagram-Sorry-Video an („Bei Minute 1:22 muss sie schwer schlucken“). Und das senegalesische Topmodel Pape Badji mit dem zauberhaften Künstlernamen „Papis Loveday“ beeilte sich zu versichern, dass die Sächsin „einer der ehrlichsten Menschen“ sei, den er „jemals kennengelernt habe“. Auch wenn die Ansprüche an wechselseitige Ehrlichkeit vielleicht nicht grenzenlos sind, wenn man sich anlässlich der gemeinsamen Teilnahme an der Sendung „Promi Big Brother“ kennengelernt hat.

Das Video von Müllers zuckendem rechten Arm jedenfalls werde nun „intensiv ausgewertet“, versichert eine Sprecherin der Leipziger Polizei. Wie auch immer man ein verwackeltes 15-Sekunden-Video „intensiv auswertet“. Messen Statiker jetzt den Winkel des Arms zum Körper? Durchsuchen Audioexperten die Tonspur nach Spuren rechtsradikalen Gedankenguts? Prüfen Extremismusfachleute, ob hinter Müllers Bühne Hitlers „Mein Kampf“ in einem Regal steht? Prognose: Die Sache wird im Sande verlaufen. Aber sie wird zu Müllers Schaden nicht sein.