Feministische Anti-Knast Kundgebung
Verspätet aber nicht vergessen: Auch in diesem Jahr fahren wir zusammen zur Frauen JVA Chemnitz, um ein Zeichen gegen Patriarchat, Kapitalismus, Faschismus, Nationalstaaten und ihre Knäste zu setzen. Wir wollen die Gefangenen fühlen lassen, dass sie nicht alleine sind.
Von Kind auf lernen wir was ein Knast ist und wofür er benötigt wird, aber kaum jemand weiß was Knast wirklich bedeutet. Denn nur wenige Menschen haben einen Knast jemals selbst gesehen, kennen Menschen die ihn schonmal von innen erleben mussten oder haben Erfahrungsberichte von Gefangenen gehört. Wir lernen, dass nur die „bösen Menschen“ in den Knast kommen, die die eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Aber in den Knast kommen vor allem diejenigen, die die Fehler unserer Gesellschaft sichtbar machen: arme und diskriminierte Menschen – besonders wenn sie von Rassismus betroffen sind -, Leute, die sich nicht anpassen können oder wollen und Personen, die gegen die gesellschaftlichen Zustände aufbegehren. Sie sollen hinter verschlossener Tür diszipliniert werden. Sobald die Tore des Knastes durchschritten sind, verlieren sie ihre Menschlichkeit. Mit einer Nummer versehen sind sie ab hier nur noch die Gefangenen. Eine undefinierte Gruppe, denen Individualität sowie Emotionen abgesprochen werden und die zur Knastarbeit gezwungen werden können. Sie verschwinden aus der Gesellschaft und werden isoliert. Niemand interessiert sich mehr für die Menschen hinter den Mauern, niemand hört ihnen zu. Sie sind Gefangene.
Wir wachsen mit diesem Schreckensgespenst als ultimative Bestrafung auf. Denn der Staat und seine Justiz braucht Knäste, um die Ordnung aufrecht zu erhalten und die eigene Macht zu sichern. Er braucht sie, um unliebsame Menschen zu kontrollieren. Was und wann sie essen, welche Kleidung sie tragen, wo und wie sie sich bewegen, wer Kontakt zu ihnen hat, wann sie schlafen, welche Schmerzen wie behandelt werden, wie sie lieben und begehren, welches Geschlecht sie haben, wann sie sich waschen, wieviel frische Luft sie haben, wieviel Himmel sie aus ihrem Fenster sehen können, wieviel Papier sie beschreiben und mit welchen Stiften, wie sie ihr Zimmer gestalten, was sie lesen schauen oder hören, ob sie alleine oder gemeinsam sein müssen usw. All das unter ständiger Überwachung.
Gleichzeitig braucht der Staat seine Knäste um die Menschen draußen zu kontrollieren. Als Abschreckung, damit sie sich auch ja an seine Regeln halten und gehorchen. Wir weigern uns dieses System zu unterstützen. Wir wollen versuchen, die Isolation im Knast zu durchbrechen. Wir wollen zeigen, dass diese Mauern keine Menschlichkeit nehmen können.
Vorallem FLINTA* werden in der Diskussion um Knäste meist vergessen, beim Gedanken an Knast denkt eins vorallem an Männerknäste. Wie auch außerhalb der Mauern werden FLINTA* und deren Arbeit vergsessen. Die Kundgebunen der letzten Jahre vor der Frauen JVA Chemnitz anlässlich des 8.März sollte generelle Knastkritik mit einer feministischen Perspektive verbinden. Die Antstehung von Knästen ist eng mit der historischen und systematischen Unterdrückung von FLINTA* verbunden. Die ersten Käste waren Frauenknäste, in denen vorallem Prostituierte/Sexarbeiter*innen, Bettelnde und Dienstangestellte, die ihre Arbeit nicht (richtig) erfüllten, saßen. Das explizite Ziel dieser Knäste war Abschreckung, nach außen und nach innen. Wer sich nicht an die gesellschaftlichen Norm hält, kam in den Knast. Dadurch wurde auch das binäre und patriarchale System im und außerhalb des Knastes vefestigt. Die Zuweisung geschah und geschieht immer noch nach strenger binärer Ordnung, je nachdem was im Perso steht. Dies war und ist für TINA* Personen besonders gefährlich.
Heute noch sind oft Gründe, warum FLINTA* im Knast landen mit dem patriarchalen System verbunden. Die isolierende Funktion von Knästen trifft FLINTA* noch härter, denn wenn FLINTA* im Knast sitzt, gibt es meist kaum support von cis männlichen Angehörigen. Wohingegen die emotionale Arbeit und Unterstützung von cis Männdern, die im Knast sitzen, vorallem von Partner*innen übernommen wird.
Dies gibt uns noch einen Grund mehr, diese Isolation punktuell durchbrechen zu wollen.
Für uns ist daher der jährliche Ausflug zur Frauen JVA in Chemnitz ein wichtiges Anliegen. Unsere Solidarität soll wenigstens sporadisch und symbolisch diese Mauern überwinden. Also kommt mit uns am 05.05.24 um 16 Uhr nach Chemnitz und sagt mal Hallo! Für all die Menschen, die sie in Gefängnisse gesteckt und in den Untergrund vertrieben haben und die Leere sowie Angst, die ihre Abwesenheit hinterlässt, wollen wir unsere Wut gegen die Mauern der JVA Chemnitz schreien.
P.S.: Wir machen die Kundgebung in erster Linie für die Gefangenen. Bitte lasst Fahnen von Organisationen, Parteien oder Nationen zu Hause und bringt stattdessen lieber Transpis mit.
Habt ihr Grußworte in oder aus dem Knast? Schreibt uns eine Mail an: noprisons@systemli.org (PGP Key auf Anfrage)
Hardfacts: Sonntag, 05.05.24, 16-18 Uhr