Bericht zur Aktion am Tag für politische Gefangene
reportaje en español en radio kurruf: https://radiokurruf.org/2024/04/13/desde-budapest-a-wallmapu-acto-solidario-con-lxs-presxs-en-leipzig-alemania/
Die Kundgebung zum Tag der politischen Gefangenen haben wir zum Anlass für ein Zeichen der internationalen Solidarität genommen. Ein Schwerpunkt vieler Redebeiträge war die Flucht von Genoss*innen, denen Angriffe auf Neonazis in Budapest vorgeworfen wird. Die Auseinandersetzung mit dem Untergrund als Option und vielleicht sogar Perspektive wird wieder mehr spürbar, während auch der Knast wieder näher an die Bewegungen in Deutschland rückt. Was politische Justiz, Knast und Flucht in anderen Ländern bedeutet ist eine Aufgabe, der wir uns als Antirepressionskoordination Internation (AKI) zukünftig annehmen werden. Bei der Kundgebung haben wir deshalb eine Perspektive aus Chile mitgebracht. In Form von Bildern, Broschüren und drei konkreten Fällen, die wir anschließend ein bisschen genauer erklären. Wir alle sind mit Kämpfen rund um die Welt verbunden, alleine schon durch die Antwort der Autoritäten, durch die Repression. Diese Verbindung müssen wir aktiv wahrnehmen und nutzen, um voneinander zu lernen, uns zu helfen und Hoffnung zu geben. Deshalb haben wir zur gemeinsamen Solidarität mit den Abgetauchten in Europa und in Abya Yala aufgerufen, woraus ein Bild entstanden ist.
Von uns werdet ihr in Leipzig zukünftig noch öfter hören und wir freuen uns auch von euch zu hören!
Schreibt uns per Mail: aki-leipzig@systemli.org
Nun möchten wir auf die Personen von dem Banner und ihre Kämpfe näher eingehen:
Luis Tranamil
Luis Tranamil gehört zum Volk der Mapuche, eine Bevölkerung, die bereits vor der spanischen Kolonialisierung und der Erfindung der Nationalstaaten in Wallmapu (Land der Mapuche) lebt. Wallmapu wurde mit der späteren Unabhängigkeit von Argentinien und Chile annektiert und ein Genozid an Mapuche begangen. Doch seit jeher gibt es Widerstand gegen dieses Unrecht.
In Chile wird dabei aktuell seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Stimmen vieler Mapuche-Gemeinden laut. Außerdem hat sich die CAM (Coordinandora Arauco Malleco) gegründet, eine Organisation die für die Autonomie der Mapuche und gegen extraktivistische Firmen wie CMPC und Arauco, kämpft und dabei aktiv Land wieder zurück erkämpft. Der Staat und die Medien reagieren mit extremer Repression und rassistischer Berichterstattung. Mit dem Antiterrorgesetz, dass seit der Diktatur besteht, werden seit den 90er Jahren fast ausschließlich Mapuche inhaftiert und können ohne jegliche Beweislast bis zu 1 Jahr in U-Haft und bei ihren Verfahren werden anonyme Zeug*innen heran zitiert.
Gemeinden wie Lof Rofue aus der Luis stammt, sind emblematische Beispiele für Gemeinden, die sich allen Ungerechtigkeiten des chilenischen Staates nicht wehrlos ergeben. Dies hat eine starke Repression zur Folge, die Luis 2020 getroffen hat. So wurde Luis der Mord an einen Polizisten angehängt. Dabei gibt es klare Indizien, die für seine Unschuld sprechen, zum Beispiel wurde anerkannt, dass es keinerlei Spuren gibt, die nahelegen, dass Luis eine Pistole gebraucht hat, der Polizist jedoch erschossen wurde. Zudem war Luis zur Tatzeit einige Kilometer von der Stelle entfernt wo der Polizist erschossen wurde. Trotzdem wurde Luis am 19 Dezember 2023 zu 32 Jahren Haft verurteilt.
Wir fordern, die Freiheit von Luis Tranamil und allen politischen Gefang*innen der Mapuche! Raus mit allen extraktivistischen Firmen aus Wallmapu! Freiheit und Autonomie für das Volk der Mapuche!
Felipe Rios
Felipe ist ein Anarchist, der sich 2016 in Valparaiso organisiert hat. Dort war Felipe Teil von einer Umweltgruppe, die sich gegen ein Megaprojekt der Stadt organisiert hat, für das neue Autobahnen gebaut werden sollten. Durch diese Arbeit sind Felipe und seine Gefährt*innen in das Blickfeld der Repression geraten und sie wurden nachweislich bei öffentlichen Veranstaltung observiert. Jeden 21 Mai kommt es in Valparaiso zu großen Protesten, da an diesem Tag von der jeweiligen Präsidentin oder Präsidenten, der aktuelle Haushaltsstand der Nation verlesen wird. Natürlich waren auch Felipe und seine Gefährt*innen an jenem Tag auf der Straße zusammen mit tausenden von anderen Personen, um ihren Unmut zur aktuellen Politik kund zutun. An jenen Tag kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei und verschiedene Gebäude der Stadt, sind an jenen Tag in Brand geraten. Dabei ist eine Wachperson verunglückt. Für dieses tragische Unglück mussten schuldige gefunden werden. Und so arbeitete der Repressionsapparat und erkannte durch die Auswertung von Handydaten, das Felipe an und fünf weitere Gefährt*innen an jenen Tag dort waren und an der Demonstration teilnahmen. Ein Umstand der der Polizei durchaus recht kam und so wurden alle 6 Personen unter großen Medienaufsehen und mit vorgehaltenem Maschinengewehr aus ihren Häusern geholt und ein Jahr später zu 10-15 Jahren Haft verurteilt. Alle 6 entschieden sich, sich der Haft zu entziehen. Felipe wurde leider am Nachmittag des 4 Juli 2020 von der Polizei in Concepcion gefasst und sitzt nun seitdem in Concepcion in Haft.
Wir fordern, die Freiheit von Felipe und allen anarchistischen und subversiven Gefang*innen in Chile und weltweit!
Der Kampf für eine Welt in der die Natur und die Bedürfnisse der Menschen über denen des Kapitals stehen ist der Kampf von uns allen!
Nicolas Piña
Im Kontext der sozialen Revolte Chiles, die im Oktober 2019 begann, kam es zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, die der chilenische Staat zu verantworten hat. So kam es unter anderen zu willkürlichen Verhaftugen zum Teil ohne richterlichen Beschluss und durch zivile Polizist*innen. So auch im Fall von Nicolas, der im Jahr 2020 festgenommen wurde und beschuldigt wurde an einem Angriff auf ein Polizeiwagen beteiligt gewesen zu sein, dass komplett ausgebrannt ist. Er wurde von Polizisten der 0S9 Einheit festgenommen, deren alleinige Existenz an die Zeiten der Diktatur erinnert, in der Menschen ohne weiteres von zivilen Polizisten der DINA entführt wurden. Ohne jeglichen richterlichen Beschluss.
Nicolas wurde am 9.10.2023 zu 10 Jahren Haft verurteilt. Er befindet sich seitdem auf der Flucht. Nicolas Fall soll in Chile Angst schüren und Menschen davor abhalten an sozialen Protesten teilzunehmen.
Die Entscheidung sich diesem Unrecht nicht zu beugen sendet ein klares Signal, wir dürfen uns trotz aller Repression nicht einschüchtern lassen für eine bessere und würdige Zukunft zu kämpfen!
Unsere Gedanken sind bei der Familie von Nicolas, die unter dieser Situation leiden muss und bei Nicolas! Wir wünschen dir alles gute! Freiheit allen politischen Gefang*innen der Revolte!