Bericht vom 85. Prozesstag – Montag, 06.02.2023

Bericht vom 85. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden am 06.02.2023

Der 85. Prozesstag, dem ersten nach einer einmonatigen Unterbrechung wegen des Urlaubs des Vorsitzenden Schlüter-Staats, aus dem er heute morgen um 00:30 Uhr zurückgekehrt sei, begann mit einer Diskussion darüber, ob ein Angeklagter mit einer Covid-19-Erkrankung und Symptomen der Verhandlung fern bleiben dürfe oder nicht und endete mit der Aufhebung der beiden Prozesstage in dieser Woche.

 

Der 85. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren begann wie gewohnt mit Verspätung um 10:05 Uhr. Die Nebenklage war vertreten durch Hohnstädter, Hentze und Kruppe, bei den Angeklagten fehlte jedoch eine Person aufgrund einer Covid-19-Erkrankung.

Der Vorsitzende Richter Schlüter-Staats erklärte gleich zu Beginn, dass er trotz seines lang andauernden Urlaubs glaubt, auf dem neuesten Stand zu sein und es demnach keine Quarantänepflicht gäbe, der Angeklagte also trotz Symptomen hätte erscheinen müssen. Die Verteidigung stellte klar, dass dies nicht in allen Bundesländern so ist und in dem, in dem der Angeklagte sich aufhält, herrscht noch eine Isolationspflicht. Zudem wurde gefragt, ob der Vorsitzende alle gefährden wolle, indem er Personen mit Covid-19-Erkrankung und Symptomen dazu zwingen wolle, am Prozess teilzuhaben.

Schon am Wochenende informierte die Verteidigung über die Covid-19-Erkrankung und gab an, einen Antrag stellen zu wollen, ohne den Angeklagten zu verhandeln. Diesen wollte der Vorsitzende nun hören und meinte, dies sei eine nicht einfach zu klärende Rechtsfrage. Die Verteidigung stellte den Antrag, den Angeklagten von seiner Verpflichtung zur Anwesenheit für den heutigen und morgigen Prozesstag zu entbinden und die Verhandlung ohne ihn fortzuführen. Der Vorsitzende sagte, dass dies nur ginge, wenn ausschließlich Dinge verhandelt werden würden, die den Angeklagten nicht betreffen. Daraufhin bemängelte die Verteidigung, dass sie das Beweisprogramm gar nicht kennt und sie nicht wissen, was die Woche verhandelt werden sollte.

Laut Schlüter-Staats hätte heute ein Zeuge der Telefónica, also von O2, kommen sollen, um zu den Indoor-Funkzellen am Hauptbahnhof Dresden zum Tatkomplex Wurzen auszusagen. Dieser Zeuge habe jedoch lang terminierte Arzttermine und könne deswegen doch nicht kommen. Ein weiterer Punkt wäre die Einführung von Bildern gewesen, welche das am 84. Prozesstag eingeführte Alibi belegen.

Die Oberstaatsanwältin der Bundesanwaltschaft (BAW), Alexandra Geilhorn, unterbrach diesen Austausch und wollte zunächst wissen, ob ein PCR-Test für den Angeklagten vorliegen würde, was der Vorsitzende bestätigte und welchen er daraufhin verlas. Er kommentierte noch, dass dies eher nach einer Selbstisolierung klinge und nicht zur Aufhebung der Quarantänepflicht passen würde. Die Vertreterin der BAW meinte, man müsse die Quarantäne- und Isolationspflichten prüfen, aber sie denke, der Angeklagte müsse, wie alle anderen auch, einen Nachweis zu Verhandlungsunfähigkeit vorbringen. Sollte eine Beurlaubung ausgesprochen werden, weise sie auf den Bezug zur Vereinigung hin und erklärte, es sei schwierig, sich mit Dingen zu beschäftigen, die nur einzelne Angeklagte betreffen würden. Im Falle des Alibis ginge es um einen Tatkomplex, der auch dem fern gebliebenen Angeklagten zur Last gelegt werden würde, selbst wenn dieser ebenso bereits ein Alibi vorgebracht hätte, wobei die Entlastungsbeweise eine andere Frage seien. Dies betreffe den Angeklagten also unmittelbar und sei ohne Not ein Revisionsgrund. Man müsse zunächst die Situation zur Krankheit aufklären und dann das Beweisprogramm diskutieren.

Der Vorsitzende sagte, er würde den Angeklagten heute noch nicht verhaften lassen und unterbrach die Sitzung für fünfzehn Minuten, um sich zum Antrag der Beurlaubung zu positionieren. Nach der Unterbrechung lehnte der Senat den Antrag ab, da es kein Beweisprogramm für die Tage gäbe, das den Angeklagten nicht betreffen würde. Eine Fortsetzung wegen unentschuldigten Fernbleibens des Angeklagten sei jedoch unverhältnismäßig. Da der Angeklagte Symptome hat, wolle er die Prozesstage heute und morgen entfallen lassen und in der nächsten Woche den Prozess fortsetzen. Dort soll dann der Zeuge zu den Indoorfunkzellen kommen, zudem habe der Senat erneut die Standorte der Funkzellen, die damals gemessen worden seien, prüfen lassen. Der Vorsitzende erklärte der Verteidigung erneut, dass wegen eines von ihr gestellten Antrags zu Bewegungsprofilen auf einem Überwachungsvideo, der laut ihm zuständige Gutachter beim Bundeskriminalamt gesagt habe, dass das Material zur Videoauswertung ungeeignet sei. In vorangegangen Prozesstagen hatte er die Verteidigung mehrmals dazu aufgefordert, den Antrag zurückzuziehen.

Bevor alle den Saal verlassen konnten, hakte die Verteidigung bei den anderen Prozessbeteiligten nach, welche Informationen bereits zu Folgeverfahren vorliegen, da die LVZ berichtete, dass vier Personen angeklagt seien. Der Vorsitzende gab an, dass man das besprechen könne, aber da der eine Angeklagte fehlen würde, bräuchte man das jetzt nicht zu diskutieren. Frau Geilhorn erklärte nur, dass sie Presseberichte nicht kommentieren würde.

Auf die Frage der Verteidigung, wie viele Prozesstage der Senat von seiner Seite aus noch benötigt, antwortete der Vorsitzende, dass sie nicht mehr viel hätten, abgesehen von der Auswertung eines Telefons, auf deren Ergebnisse es ankäme. Die beantragten Gutachten der Verteidigung seien aus seiner Sicht nicht nötig, der Senat hätte jedoch noch nicht über die Anträge entschieden.

Der nächste Prozesstag ist der 15.02.2023 um 09:30 Uhr am Oberlandesgericht Dresden. Die Verhandlung am 16.02.2023 wird voraussichtlich erst gegen Mittag beginnen.