Demonstrationen, Flüchtlinge, Rechtsextremismus: Das haben die Ost-Innenminister beschlossen
Die Ost-Innenminister hatten bei ihrer Sicherheitskonferenz eine prall gefüllte Tagesordnung. Dazu zählten die Energiepreis-Proteste, die steigenden Flüchtlingszahlen und ein gemeinsames Vorgehen gegen Rechtsextremismus.
Knapp vier Stunden haben die ostdeutschen Innenministerinnen und -minister am Freitag in Erfurt zusammengesessen – am Ende stand eine gemeinsame Erklärung, die viele heikle Punkte anspricht. Die LVZ hat die wichtigsten Beschlüsse der Sicherheitskonferenz zusammengefasst.
Die Migration
Die Ost-Innenminister verstärken den Druck auf die Bundesregierung. Angesichts der zuletzt gestiegenen Zahl von Geflüchteten müsse „der Zustrom deutlicher gebremst und unterbunden“ werden, sagte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) nach dem Treffen. Viele Kommunen seien mit ihren Aufnahmekapazitäten bereits am Limit oder müssten Notunterkünfte errichten. Verschärfend komme hinzu, dass angesichts der aktuellen russischen Angriffe in den kommenden Wochen mit einer „zusätzlich starken Fluchtbewegung“ aus der Ukraine gerechnet werde.
In einer gemeinsamen Erklärung der ostdeutschen Innenminister hieß es deshalb: „Wir gehen davon aus, dass der Bund umgehend die Maßnahmen der von ihm angekündigten Rückführungsoffensive spürbar umsetzt.“ Schuster verwies in diesem Zusammenhang auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung – dieser müsse auch in diesem Punkt endlich umgesetzt werden. Zudem wird in der Erklärung gefordert: „Es ist Aufgabe des Bundes, im engen Schulterschluss mit den europäischen Partnern den Schengen-Raum zu schützen und keine falschen Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu setzen.“
Die Demonstrationen
Auch die Energiepreis-Proteste waren ein Thema der Sicherheitskonferenz. „Menschen, die von ihrem Versammlungsrecht friedlich Gebrauch machen, dürfen nicht in Gänze pauschal als Extremisten bezeichnet werden“, stellten die Ressortchefs nach dem Treffen klar. Es sei nicht darüber gesprochen worden, „wie wir Versammlungen eindämmen und verhindern können“, stellte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) klar – sondern darüber, dass die Demonstrationen von Rechtsextremisten unterwandert und federführend organisiert werden. Sein sächsischer Amtskollege Schuster betonte: „Wir haben Versammlungen, die überwiegend friedlich verlaufen. Doch Extremisten versuchen, die bürgerlichen Proteste für sich einzunehmen.“
Deshalb wollen die ostdeutschen Sicherheitsbehörden künftig intensiver zusammenarbeiten. So soll es auch darum gehen, die rechtsextremen Vernetzungen länderübergreifend besser aufzudecken. Ein Beispiel sei Sachsen und insbesondere Ostthüringen, hieß es am Freitag. Maier bezeichnete die Demonstrationen als einen „Hort der Verschwörungstheorien“ – alle seien aufgefordert, massiv gegen „dieses Gift“ vorzugehen.
Der Rechtsextremismus
Unabhängig von den Demonstrationen haben die Ost-Innenminister eine engere Verzahnung im Kampf gegen Rechtsextremismus beschlossen. Die Sicherheitsbehörden müssten „interdisziplinär mit allen öffentlichen Stellen ein engeres Netzwerk aufbauen, um alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen zu können“, wurde in der gemeinsamen Erklärungen angekündigt. Dazu will Schuster demnächst Experten aus den beteiligten Bundesländern nach Sachsen zu einem Erfahrungsaustausch einladen, im Gespräch ist Leipzig oder Dresden. „Die Frage ist, wie wir es schaffen, dass den Rechtsextremisten nicht ein Millimeter Raum gegeben wird“, sagte der sächsische Innenminister.
Dabei soll es nicht nur um Aufmärsche von Rechtsextremisten gehen, sondern insbesondere auch um Rechtsrock-Konzerte, Immobilienkäufe und die Überwachung von Geldflüssen. „Wir haben noch Möglichkeiten, das zu unterbinden“, erklärte Schuster, „am Ende gilt das Al-Capone-Prinzip: Wir kriegen euch!“. Dazu müssten „alle Behörden“ besser zusammenarbeiten – vom Verfassungsschutz über die Polizei und die Staatsanwaltschaften bis zu den Finanz- und Gewerbeämtern. Maier sprach von einer „Strategie der Nadelstiche“ gegen Rechtsextremisten: Auf diese Weise habe Thüringen unter anderem „das Geschäftsmodell Rechtsrock kaputt gemacht“.
Der Zivil- und Brandschutz
Auf ausdrücklichen Wunsch von Sachsen haben sich die Ost-Innenminister auch mit Verbesserungen beim Zivil- und Brandschutz beschäftigt – und klare Forderungen an den Bund aufgemacht. Der Zivilschutz sei „bei Weitem“ nicht ausreichend ausgestattet, sagte Schuster, obwohl die Länder ihren Beitrag erbringen würden. Deshalb hatte die bundesweite Innenministerkonferenz bereits im Frühjahr ein Sondervermögen von zehn Milliarden Euro für insgesamt zehn Jahre gefordert. „Doch wir sehen keinerlei Bewegung in diese Richtung“, kritisierte Schuster mit Blick nach Berlin. Das Geld werde insbesondere für den Sirenenausbau, die Notstromkapazitäten und den Ausbau des Bevölkerungsschutzes dringend gebraucht.
Die ostdeutsche Sicherheitskooperation – an der in Erfurt erstmals auch Mecklenburg-Vorpommern teilgenommen hat – vereinbarte auch eine verstärkte Zusammenarbeit beim Waldbrandschutz. Brandenburg wird dazu ein gesondertes Treffen ausrichten. Darüber hinaus werde ein gemeinsamer Pool an Spezialtechnik geprüft, kündigte Sachsens Innenminister an: „Für die teure Technik können wir zusammenlegen.“ Gleichzeitig müsse der Bund seine Luftunterstützung „vor dem Hintergrund des besonderen Brandrisikos im Osten Deutschlands“ ausbauen, wurde zudem in der gemeinsamen Erklärung gefordert.