Kasek und der Titelmissbrauch: Mandanten offenbar ahnungslos

Trotz des Verlusts seiner Anwaltszulassung soll Ex-Stadtrat Jürgen Kasek weiter als Rechtsanwalt tätig gewesen sein. Frühere Mandanten waren offenbar nicht informiert. Eine Betroffene schilderte vor Gericht, wie das ablief.

Teile seiner Kundschaft wussten offenbar nichts davon: Der Leipziger Grünen-Politiker Jürgen Kasek (45) soll ohne Zulassung weiter als Scheinanwalt tätig gewesen sein – und dies zumindest einigen seiner Mandanten verschwiegen haben. Im Prozess gegen den Juristen am Amtsgericht berichtete am Mittwoch eine Leipzigerin, sie habe erst durch einen LVZ-Artikel erfahren, dass ihr Anwalt kein Anwalt mehr ist.

Sonja G. (50) war verklagt worden, weil ihr Hund eine andere Hundehalterin gebissen hatte. 10.000 Euro Schadenersatz sollte sie zahlen. Bei der Verhandlung am 19. Juli 2022 vor der 8. Zivilkammer des Landgerichts erreichte ihr Anwalt Jürgen Kasek einen Vergleich mit lediglich 4000 Euro Schmerzensgeld. Das Problem: Mit Wirkung vom 19. Juli 2022 hatte der Jurist rechtskräftig seine Anwaltszulassung verloren. Der Hintergrund war ein Konflikt mit dem Rechtsanwaltsversorgungswerk um offene Beiträge.

Anwältin der Gegenseite klärte mit LVZ-Artikel auf

Später habe ihr die Anwältin der Gegenseite jenen LVZ-Artikel geschickt, durch den dies öffentlich bekannt wurde, erinnerte sich Sonja G. vor Gericht. Im August 2022 hatte die LVZ als erstes Medium über den Entzug der Anwaltszulassung berichtet. „Ich konnte das erst gar nicht richtig einordnen“, schilderte die Frau.

Danach soll ein Kollege Kaseks dessen Kanzlei und dessen Verfahren weitergeführt haben. Auch Sonja G. erhielt laut eigenen Angaben nun Schreiben dieses neuen Anwalts. „Aber mit ihm habe ich nie gesprochen“, sagte sie. „In meiner Wahrnehmung war immer noch Herr Kasek als Anwalt zuständig. Er hat mir gesagt, dass er mich weiter rechtlich beraten wird, aber das Ganze über seinen Kollegen läuft.“

Handfeste Kontroverse im Gerichtssaal

Ohnehin ist die Rolle des Kanzlei-Vertreters im Prozess gegen Kasek nach wie vor strittig. Am Mittwoch kam es zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu einer handfesten Kontroverse, nachdem der Anklagevertreter angesichts eines signierten Schriftstücks im Fall Sonja G. sogar den möglichen Tatbestand der Urkundenfälschung ins Spiel gebracht hatte.

Auch die Abrechnung der Prozesskostenhilfe in dem Zivilverfahren sorgte für hitzige Diskussionen. Man habe eine Gebühr verlangt, die man nicht hätte verlangen können, so die Staatsanwaltschaft. Kasek sei kein Anwalt mehr gewesen, und dessen Kollege hätte die Mandantin gar nicht gekannt.

Erneut trat die Verteidigung dem Betrugsvorwurf entgegen. Schon zuvor hatte Kasek Anschuldigungen zurückgewiesen, sich rechtswidrig bereichert zu haben. Das missbräuchliche Verwenden der Berufsbezeichnung räumte er indes mittlerweile ein. Angeklagt ist er wegen mehrfachen Betrugs, Untreue und Titelmissbrauch, insgesamt 42 Fälle. Der Prozess wird in zwei Wochen fortgesetzt.